Zusammenfassung
Ohne behaupten zu wollen, daß die makrosoziologische Betrachtungsweise durch Mikroanalyse überflüssig gemacht oder jemals verdrängt werden könnte, muß doch zugestanden werden, daß sich die Notwendigkeit eines systematischen und methodischen Ausbaus der Mikrosoziologie in den letzten zwanzig Jahren1 auch in Europa zunehmend bemerkbar gemacht und durchgesetzt hat. Hierbei verstehen wir unter Mikrosoziologie die empirische Untersuchung bestimmter sozialer Grundprozesse, gewissermaßen der elementaren Formen zwischenmenschlichen Geschehens, die in ihrer infinitesimalen Wiederholung den wesentlichen Gehalt des sozialen Geschehens ausmachen. Leider kann jedoch nicht gesagt werden, daß dies in allen Teildisziplinen der Soziologie gleichmäßig der Fall gewesen wäre. So stehen, insbesondere in Deutschland, einer einigermaßen befriedigenden Situation in der Familiensoziologie noch immer völlig unbefriedigende Verhältnisse in der Industrie- und Betriebssoziologie gegenüber. Selbstverständlich ist die gesamtgesellschaftliche Verflechtung des Betriebes, die eine makrosoziologische Betrachtung geradezu herausfordert, ein Tatbestand, den keiner übersehen kann und an dem auch keiner vorbeikommt (nicht einmal der Betrieb selber oder - besser - das Management, das mit der wachsenden Pflege der “Public Relations” ein unbewußtes Eingeständnis der Existenz dieser Verflechtung gegeben hat). Aber alle damit verbundenen Probleme müssen doch in der Luft hängen bleiben, solange wir noch über keine betriebssoziologische Mikroanalyse verfugen, die uns in konkreter Forschung über die zahllosen Probleme des tatsächlichen menschlichsozialen Verhaltens im Betrieb greifbare und zuverlässige Auskünfte gibt.
Beitrag von René König zum Artikel „Betriebssoziologische Mikroanalyse“ unter der Gesamtautorenschaft von René König, Peter Atteslander, Heiner Treinen und Hans- Wolfgang Stieber, in: Kölner Zeitschrift fur Soziologie und Sozialpsychologie, Bd. Vili, 1956, S. 48–91. Der Beitrag von René König umfaßt die Seiten 48–64.
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Notes
Mason Haire, Industrial Social Psychology, in: Gardner Lindzey, Hrsg.: Handbook of Social Psychology, Vol. II, Cambridge (Mass.) 1954, S. 1107 und 1111.
Vgl. Ad. Geck, Die sozialen Arbeitsverhältnisse im Wandel der Zeit. Eine geschichtliche Einfuhrung in die Betriebssoziologie, Berlin 1931, S. 114.
Ad. Geck: Artikel “Betrieb”, in: W. Bernsdorf und Fr. Bülow, Hrsg.: Wörterbuch der Soziologie, Stuttgart 1955, S. 59.
Erich Gutenberg, Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, Bd. 1, Berlin 1950, S. 177–178. Dementsprechend weiß auch Gutenberg die Entwicklung von einer mehr persönlichen zu einer generellen Betriebslenkung in einer Weise auszudrükken, die jegliche Einmischung quasisoziologischer Kategorien vermeidet und rein betriebswissenschaftlich bleibt, indem er vom “Substitutionsprinzip der Organisation” spricht, das jeweils dann in Erscheinung tritt, “wo betriebliche Vorgänge ein verhältnismäßig hohes Maß an Gleichartigkeit und Periodizität aufweisen” (S. 179 )
Georges Friedmann: La crise du progrès, Paris 1936; Probèmes humains du machinisme industriel, zuerst Paris 1946; Où va le travail humain? Zuerst Paris 1950. Die beiden letzten Werke heute auch in deutscher Übersetzung ( 1952, 1953 ).
Werner Ziegenfuß: Der Mensch als Gesellschaftswesen im Betriebe, Berlin 1953, S. 60.
Franz H. Mueller, Soziale Theorie des Betriebes, Berlin 1952, S. 118–119.
E. Michel: Sozialgeschichte der industriellen Arbeit, 3. Aufl., Frankfurt 1953.
Theo Pirker, Siegfried Braun, Burkhart Lutz und Fro Hammelrath: Arbeiter, Management, Mitbestimmung, Düsseldorf 1955.
Anneliese Mausolff: Gewerkschaft und Betriebsrecht im Urteil der Arbeitnehmer, Darmstadt 1952.
Friedrich Lütge., Lepsius, M. Rainer: Die soziale Stellung des Meisters im Industriebetrieb, München 1954.
Schelsky, H.: Industrie- und Betriebssoziologie, in: A. Gehlen und H. Schelsky, Hrsg.: Soziologie. 2. Aufl., Düsseldorf 1955, S. 182.
Schelsky, H.: Aufgaben und Grenzen der Betriebssoziologie, in: H. D. Ortlieb und H. Schelsky: Wege zum sozialen Frieden, Düsseldorf 1954, S. 221, wo auch die gleichen Gedankengänge wie in voriger Anmerkung wiederkehren.
Karl Bednarik: Der junge Arbeiter von heute. Ein neuer Typ, Stuttgart 1953, S. 67.
Carl Jantke: Bergmann und Zeche, Tübingen 1953.
Moreno, J.L.: Who Shall Survive? 1934, neue Aufl. Beacon, N.Y., 1953. Deutsche Übersetzung Köln 1954. Über die Anwendungen auf die Industriesoziologie vgl. John N. Jakobs: Application of Sociometry to Industry, in: Sociometry, vol. 8 (1945). Über andere Untersuchungen orientiert J. Nehnevajsa: Soziometrische Analysen von Gruppen, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsycholo-gie, Bd. VII, 1, z.B. S. 128.
Eliot D. Chapple (with C. M. Arensberg): Measuring Human Relations, Genetic Psychology Monographs, Provincetown, Mass., 1940.
Heute dazu K. Lewin: Resolving Social Conflicts, New York 1948, u. a. Werke desselben Autors wie seiner zahlreichen Schüler. Jüngstens Dorwin Cartwright: Group Dynamics, Theory and Research, Evanston, III., 1953.
Bales, R.F.: Interaction Process Analysis, Cambridge, Mass., 1950.
Homans, G.C.: The Human Group, London 1951; heute noch die ganz ausgezeichnete Darstellung der ganzen Problematik bei Henri W. Riecken and George C. Homans, Psychological Aspects of Social Structure, in: Gardner Lindzey, Hrsg.: Handbook of Social Psychology, Vol. II, Cambridge, Mass., 1954.
Whyte, W.F.: Street Corner Society, zuerst Chicago 1943; vorher schon: Corner Boys: A Study of Clique Behavior, in: American Journal of Sociology, Bd. XLVI, 1941; Industry and Society, New York 1946; Human Relations in the Restaurant Industry, New York 1948; Small Groups and Large Organizations, in: J. H. Rohrer and M. Sherif, Hrsg.: Social Psychology at the Crossroads, New York 1951; ders. Hrsg.: Money and Motivation, New York 1955, u. a.
Whyte, W.F.: Observational Field Work Methods, in: Marie Jahoda, Morton Deutsch and Stuart W. Cook, Hrsg.: Research Methods in Social Relations, part. II, New York 1951. - Anmerkung der Herausgeber: Der im Text anschließende Satz, der sich auf einen anderen Teil des Sammelartikels bezieht, wurde ausgelassen.
Fürstenberg, F.: Empirische Sozialforschung im Industriebetrieb, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Bd. V I, 1954.
Fürstenberg, F.: Die soziale Funktion der Leistungsanreize (incentives) im Indutriebetrieb, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Bd. VII, 4, 1955.
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König, R. (2002). Einige grundsätzliche Bemerkungen über die Mikroanalyse in der Betriebssoziologie*. In: Daheim, H., Fröhlich, D. (eds) Arbeit und Beruf in der modernen Gesellschaft. René König · Schriften · Ausgabe letzter Hand, vol 16. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80879-0_20
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