Zusammenfassung
Die im Titel angedeutete Frage ist nicht eindeutig, weil die Herkunft der neuen Mode selbst nicht eindeutig ist: Juliette Greco wurde groß in den Kellern von Saint-Germain-des-Pres, in denen sich unmittelbar nach dem Kriege nicht nur eine Gegenmoral zur offiziellen Moral der sich neu etablierenden bürgerlichen Welt aufbaute, sondern auch eine Anti-Mode. Unternahm es der Lyoneser Industrielle Marcel Boussac, mit der Lancierung von Christian Dior nicht nur die französischen modischen Exportindustrien, sondern gleichzeitig mit dem »New Look« eine neu-biedermeierliche Mode aufzubauen, die die Schrecken des Krieges vergessen zu machen suchte, so reagierte die neue Jugend ganz anders. Selbst wenn sie, vom letzten Drittel des 20. Jahrhunderts aus gesehen, schließlich eine neue Jugendmode gestartet hat, so war doch das ursprüngliche Motiv die Anti-Mode. Der schwarze Pullover von Juliette Greco war ein politischer Protest, er atmete schwarzen Humor und negative Philosophie im Sinne von Jean-Paul Sartre, er war auch engstens verwandt mit der prätenziösen Verwahrlosung der Beatniks von Greenwich Village und San Francisco. Heute trägt Juliette wohl nicht einmal mehr am Wochenende schwarze Pullover, sondern ist eine ausdauernde Kundin der großen Pariser Modehäuser geworden. Was sie aber einst eng abseits der Lichtwelt in den Kellern begann, ist mittlerweile an die Öffentlichkeit gekommen und hat sich zu einer neuen Mode erweitert, mit der sich die Jugend von der Welt der Erwachsenen und des Wohlstandes abhebt.
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© 1999 Leske + Budrich, Opladen
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König, R. (1999). Ein drittes Zwischenspiel: Mode und Anti-Mode. In: Menschheit auf dem Laufsteg. René König · Schriften · Ausgabe letzter Hand, vol 6. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80861-5_28
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-80861-5_28
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-322-89972-9
Online ISBN: 978-3-322-80861-5
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