Zusammenfassung
Dieses Kapitel — das auf einen 1991 verfassten Beitrag für einen nie erschienenen Sammelband über die „impliziten Anthropologien“verschiedener Sozialtheorien zurückgeht — rekonstruiert die allgemeinen sozialtheoretischen Prämissen von Luhmanns systemtheoretischer Herangehensweise an Sozialität schlechthin und gesellschaftliche Differenzierung im Besonderen.
Die Überlegungen sind in intensiven Diskussionen mit Rainer Thielemann entstanden — ohne dass er meine Schlussfolgerungen teilt. Dank für weitere Hinweise gebührt Fritz Scharpf, Andreas Stucke und Konrad Thomas.
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Literatur
Ausführlich wird diese strukturalistische Marx-Deutung vor allem in Althusser/ Balibar (1968) entwickelt.
Das erkennt auch Habermas (1985: 427–428), wenn er Luhmanns „neuer“Theorie eine „… Begriffssubstitution, die bewußtseinsphilosophische Denkfiguren in der Form struktureller Analogien beibehält…“, attestiert.
So insbesondere der Duktus von Luhmanns (1980a) Nachzeichnung der frühneuzeitlichen Anthropologie.
Ohne dass dieser Beurteilungsstandpunkt hier näher begründet oder erläutert werden könnte — siehe dazu Näheres in den Kapiteln 5 und 6 sowie in Schimank (1992c).
Oder von ihnen als etwas analytisch höchst Unpraktischem und Verzichtbarem spricht (Luhmann 1988b: 132, Fn. 9).
Siehe dazu Coleman (1974; 1990: 421–450) und Vanberg (1982).
Auf Arnold Gehlen (1940) und Helmuth Plessner (1928) wird namentlich hingewiesen; Max Scheler (1928; 1961) hätte ebenfalls erwähnt werden können. Umso unverständlicher — und undankbarer — dann die Aussage in einem Interview aus dem Jahr 1985, wo es lapidar heißt: „Die deutsche philosophische Anthropologie hingegen habe ich nie gemocht.“(Luhmann 1987a: 132)
Dabei reformuliert er im Wesentlichen organisationstheoretische Überlegungen, wie sie insbesondere von Chester Barnard (1938: 167–171) und Herbert Simon (1945: 110–112) entwickelt worden waren — siehe ferner March/Simon (1958: 84–93).
Freilich, wie nicht erst der junge Marx sah, um den Preis der „Entfremdung“des Organisationsmitglieds von der Organisation. Das je individuelle Coping mit dieser Identitätsbedrohung hat wiederum soziale Folgen — siehe dazu Schimank (1981).
Diese beiden Richtungen, in denen Kommunikationsmedien als Selektivitätsverstärker dienen können, werden von Luhmann nicht genügend auseinander gehalten.
In Parsons’ (1961: 171/172) “cybernetic hierarchy of control” der vier analytischen Subsysteme des Handlungssystems stehen “personality” und “social system” — lässt man die anderen beiden Subsysteme einmal außer Acht — in einem sehr ähnlichen Verhältnis zueinander. Das personale System steuert zur Handlungskonstitution eher frei flottierende Energie, das soziale Systeme eher Information, also Regelung dieser Handlungsenergie bei.
Zum biologischen Konzept der Autopoiesis siehe nur Maturana/Varela (1975). Luhmanns Verwendungsweise wird insbesondere in Luhmann (1984b) darlegt.
Zu diesem Verständnis von Kausalität siehe Luhmann (1962; 1968c: 24–33).
Dazu siehe die detailgenauen Analysen von Schneider (1991) und Fuchs (1991).
Siehe dazu bereits Stichweh (1987b).
Im Sinne von Schelling (1960: 54–58), hier für die soziale Koordination von Wirklichkeitsdeutungen.
Siehe auch Luhmann (1985a: 36), wo die Person als „Erwartungskollage“charakterisiert wird.
Der Unterschied zur Theorieperspektive von Parsons ist hier interessant. Dieser hegt eine “over-socialized conception of man” (Wrong 1961). Für ihn werden menschliche Akteure insbesondere durch Sozialisation dazu gebracht, ihr eigenes „Wollen“dem sozial etablierten „Sollen“anzugleichen. Luhmann verficht keine derartige Identitätsvorstellung von psychischem „Wollen“und sozialem „Sollen”. Für ihn kann das „Wollen” so ziemlich sein, wie es will, weil es sozial gegenüber dem Zwang autopoetischer Kommunikationszusammenhänge einfach nicht durchsetzungsfähig ist.
Zur Unterscheidung von direkter und indirekter Kommunikation siehe Thielemann (1991: 12–32).
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Schimank, U. (2005). Luhmanns analytischer Anti-Humanismus: Eine halbierte Theorie der modernen Gesellschaft. In: Differenzierung und Integration der modernen Gesellschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80766-3_5
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-80766-3_5
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-14683-6
Online ISBN: 978-3-322-80766-3
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