Zusammenfassung
Vor 40 Jahren unternahm Hans Magnus Enzensberger den Versuch, das Verbrechen als Kern und Ursprung aller Politik zu identifizieren. Auschwitz habe die Wurzeln der Politik bloßgelegt. Jürgen Habermas hielt ihm entgegen, dass die Verbrechen der bisherigen Politik, auch die bis dahin unvorstellbare Verschmelzung von Politik und Verbrechen im Nationalsozialismus, keineswegs jegliche Politik als Verbrechen entlarvten. Zum Beweis, der gleichsam zur Verteidigung der real-existierenden Bundesrepublik geriet, führte Habermas 1964 ins Felde: „Inzwischen haben wir den Krieg geächtet und die Todesstrafe abgeschafft“. Für Habermas sind dies Anzeichen dafür, dass sich hier eine „Form der politischen Herrschaft“ auflöst, „die bis zu Treitschke und Carl Schmitt auf ihren Begriff gebracht worden ist. (...) Ausdruck ihrer Souveränität war im Inneren die Todesstrafe, nach außen der Krieg“. Der damals noch jungen Bundesrepublik bescheinigte Habermas folglich das „Verenden der Politik“, genauer: „der bisherigen Form der Politik“.
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von Lucke, A. (2005). Normalität als Ausnahmezustand Die „Berliner Republik“ und die Rückkehr des Freund-Feind-Denkens. In: Ruge, U., Morat, D. (eds) Deutschland denken . VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80729-8_15
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