Zusammenfassung
Viele allein erziehende Frauen in den neuen Bundesländern befinden sich in prekären Lebenslagen,18 welche häufig ein „Risiko“ für sie darstellen. Dieses „Risiko“ ist zunächst ungewiss und diffus. Im Grunde genommen lässt es sich aber auf einen einfachen Nenner bringen: Es ist das „Risiko“ der Exklusion, der sozialen Ausgrenzung, des „Draußenseins“ aus gemeinschaftlichen und gesellschaftlichen Zusammenhängen. Dieses „Risiko“ der Exklusion wiederum entsteht durch das Zusammentreffen und Kreuzen verschiedener „Risikoanteile“, wie z.B. wenn die Alleinerziehende kein sicheres Erwerbsarbeitsverhältnis findet, wenn sie keine Freunde hat oder wenn sie kaum mehr Kraft hat, um ihre Existenzsorgen zu bewältigen. Das Einsetzen einer sozialen „Abwärtsspirale“ ist dann häufig die Folge. Das „Risiko“ der Exklusion, des Ausgegrenztseins aus der Erwerbsarbeit, aus bestimmten Lebensstilgruppen, aus dem städtischen und/oder dörflichen Leben, aus dem Verwandtschafts- und Freundeskreis etc. nimmt seinen Lauf.19
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Literatur
Beispielsweise deuten sich bei 64,7% aller befragten Alleinerziehenden einer Repräsentativstichprobe in Thüringen solche prekären Lebenslagen an. Dieses Ergebnis konnte anhand der Durchführung einer Clusterzentrenanalyse ermittelt werden. (Brand/Hammer 2002, S. 64ff.).
Mit multidimensionalen Ausgrenzungserfahrungen und mit weiteren bedeutenden Aspekten von Exklusion beschäftigen sich die Studien von Martin Kronauer (2002).
Beispielsweise gelten für die Lele in Zaire drei Bedrohungen als zentrale Risiken: Blitzschlag, Unfruchtbarkeit und Bronchitis (s.a. Mary Douglas und Aaron Wildavsky 1982: 6f., Mary Douglas 1992). Diese Risikodefinitionen basieren auf deutlich anderen sozialen, kulturellen und ökonomischen Hintergründen als für Mitglieder okzidental rationalisierter Gesellschaften. Auch Wolfgang Krohn und Georg Krücken (1993: 5) weisen auf die kulturspezifischen Formen der Risikowahrnehmung und -bewertung hin.
Menschen haben in der heutigen Zeit als Einzelne mehr Freiheiten, Optionen und Gestaltungsmöglichkeiten als früher. Dies meint Ulrich Beck mit dem Positivzirkel der Individualisierung. Somit können Individuen ihre Biographien selbständiger gestalten als dies noch vor Jahrzehnten der Fall war. Für die Menschen in prekären Lebenslagen räumt Ulrich Beck allerdings auch das verstärkte Risiko einer „Abwärtsspirale“ ein (Erläuterungen dazu s.o.).
Ergebnisse aus explorativ geführten qualitativen Interviews zur Vorbereitung der Repräsentativerhebung in Thüringen (Brand/Hammer 2002) verweisen auf diese Tatbestände.
2-seitige, exakte Signifikanz beim Wert 0.025
1 -seitige, exakte Signifikanz bei den Werten 0.013, 0.029 und 0.042 in dieser Spalte
n = 649, davon 606 Frauen und 39 Männer, 4 Personen haben bei der Frage nach dem Geschlecht keine Angaben gemacht
Für das ggf. vergleichende Lesen der Tabellen 2 und 3 sei Folgendes angemerkt. Die Basis für die Prozentanteile bei Arbeitslosigkeit, Sozialhilfe und Elternzeit liegt in Tabelle 3 beim Ge-samtstichprobenumfang von n = 649. Bei der Tabelle 2 war eine geschlechtsspezifische Basis von n = 606 Frauen und n = 39 Männern gewählt, so dass die prozentualen Anteile bei den 3 Risikofeldern etwas voneinander abweichen.
Rangkorrelationen nach Spearman. **-Korrelation ist auf dem Niveau von 0.01 signifikant (2seitig), *-Korrelation ist auf dem Niveau von 0.05 signifikant (2seitig).
Die Formulierung „Beitrag zur Theoriebildung“ ist deshalb mit Bedacht so gewählt, weil m.E. durch das vorhandene Vorwissen, durch die Forschungsleitfragen und wegen des Realitäts- und Problembezugs hier keine allgemeine soziologische Theorie in Gänze abgeleitet werden kann. Wohl aber können die späteren Strukturhypothesen und die weiteren Befunde als Beitrag zur Theoriebildung und Theorieprüfung verstanden werden. Im Empirie-Hauptseminar „Forschung und Soziologische Theorie II“ bei Prof. Dr. Gerhard Schulze, Universität Bamberg, im Wintersemester 1998/1999 wurde der Anspruch der „grounded theory“, theoriebildend zu sein, äußerst kontrovers diskutiert.
Anm. d. Verf.: Die Umschulungsmaßnahmen bzw. die sogenannten „Anpassungsmaßnahmen“, welche kurz nach der „Wende“ angeboten wurden, waren häufig entsprechend der Qualifikation der Träger dieser Maßnahmen gut oder schlecht. Dementsprechend waren auch die Informationen über die Abschlüsse und deren Verwertbarkeit klar oder unklar. Mit Unterschieden für die jeweiligen Bundesländer gab es auch sehr leichte Kurse, in denen innerhalb von 350 Stunden irgendein Zertifikat erworben werden konnte. Bei der von Frau Streisand besuchten Umschulung könnte es sich aber um eine durchaus solide Maßnahme gehandelt haben, bei der der Abschluss „Staatlich qualifizierte Sozialarbeiterin (Fachschule)“ vergeben wurde, der allerdings in der Tat ein Fachhochschulstudium nicht ersetzen kann. Ob nun ein Informationsdefizit ihrerseits vorlag oder ob sie schlecht beraten wurde, kann an dieser Stelle nicht geklärt werden.
Gerade wenn sich allein erziehende Frauen der Risikogruppen zu einer beruflichen Weiterqualifizierungsmaßnahme angemeldet haben, sollte der Partizipationsaspekt gezielt gestützt werden. Denn zeitraubende partizipative Mitwirkung ist auf Dauer eher dann möglich, wenn die Alleinerziehenden in ihrer Lebenslage erreicht werden, wenn sie sich angesprochen fühlen mit einem Konzept, das sie fördert und befähigt. Wenn die berufliche Weiterbildung hingegen als sinnlos empfunden wird, kann es sein, dass die Alleinerziehenden aussteigen und ihre Teilnahme an der Maßnahme beenden (s.a. Bolder/Hendrich 2000: 261).
Volks-/Hauptschulabsehluss bzw. Polytechnische Oberschule mit Abschluss 8. oder 9. Klasse
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Hammer, V. (2004). Risikokonstellationen bei allein erziehenden Frauen in den neuen Bundesländern. In: Die Transformation kulturellen Kapitals. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80620-8_5
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