Zusammenfassung
In der theoretischen Literatur wird das Wort Kultur entweder allumfassend (= die maximalistische Variante) oder innerhalb eines Sets von Abgrenzungen (= die minimalistische Variante) gebraucht. Beide Begriffsbestimmungen sind problematisch: Innerhalb der maximalistischen Variante — „alles ist Kultur“ — gibt es keine andere Instanz, die vor oder hinter der Kultur wirkt und diese in irgendeiner Weise mitgestaltet. Was Kultur überhaupt möglich macht, wird höchstens als ein anthropologisches Vermögen angeführt, nämlich die Fähigkeit des Menschen zur Symbolbildung — man denke zum Beispiel an Ernst Cassirers Charakterisierung des Menschen als „animal symbolicum“1. In dieser maximalistischen Variante wird folglich kein signifikanter Unterschied zwischen Kultur und Gesellschaft gemacht. Nicht, dass beide Begriffe völlig identisch wären, aber es kann keine klare Trennungslinie zwischen ihnen gezogen werden. Das Postulat „Alles ist Kultur“ besagt folglich, dass alles kulturell konstruiert und zugleich kulturell determiniert ist und das gilt freilich selbstreflexiv auch für den Kulturbegriff: „’Kultur’ ist eine kulturelle Konstruktion“ stellt Joel Kahn fest.2 Die Kulturwissenschaft macht sich somit zur Künigin aller Wissenschaften, denn sie erhebt den Anspruch, die Grundlagen aller anderen Wissenschaften zu erforschen. Angesichts der allumfassenden Definition des Kulturbegriffs stellt sich die schwierige Frage „Was ist Nicht-Kultur?„, die eigentlich eine Grundfrage der Ontologie bzw. der Metaphysik ist. Hier wird der weitere Weg der maximalistischen Variante dornig und unbequem.
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© 2004 VS Verlag für Sozialwissenschaften/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden
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Zembylas, T. (2004). Zur Vieldeutigkeit des Kulturbegriffs. In: Kulturbetriebslehre. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80598-0_2
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-80598-0_2
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-14314-9
Online ISBN: 978-3-322-80598-0
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