Zusammenfassung
Das Öffentlichkeitsdefizit der Europäischen Union gilt als Kern des europäischen Demokratiedefizits.315 Die Beantwortung der Frage nach der Konstitution einer europäischen Öffentlichkeit ist deshalb essentiell für die Beantwortung der Frage nach der Demokratisierbarkeit europäischen Regierens. Seit Beginn der 90er Jahre dominierten allerdings pessimistische Einschätzungen der Aussichten für eine Herausbildung einer europäischen Öffentlichkeit. Auf der Ebene der empirischen Analyse europäischer politischer Kommunikation scheint sich inzwischen jedoch eine Trendwende anzukündigen. Die Studien von Marianne van de Steeg, Juan Diéz Medrano, Stefan Tobler und einige größere empirische Forschungsprojekte sind Indizien dafür.316 Dennoch ist bisher auf der theoretischen Ebene die seit Beginn der Neunziger Jahre leitende hermeneutisch fundierte These nicht entkräftet worden, die besagt, die Europäer redeten aufgrund ihrer verschiedenen Mediensysteme und ihrer unterschiedlichen Muttersprachen in bezug auf europäische Themen notorisch „aneinander vorbei“.
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Literatur
Vgl. auch Sloterdijk (1995: 7–11).
Vgl. auch Gerhards (2000: 291) und Kielmansegg (1996: 55).
Vgl. Greven (1998: 262 f).
Meine Argumentation stützt sich im Folgenden auf die Arbeiten von Tietz (1999; 2001a, 2001b) in Auseinandersetzung mit verschiedenen verstehensskeptischen Positionen.
Vgl. die Seiten 48 ff. dieser Arbeit.
Auch Abromeit/Schmidt (1998: 307) weisen Inkommensurabilitätsthesen in der Diskussion um das Sprachenproblem der Europäischen Union mit dem Argument zurück, dass „die Grenzen unserer Sprache nicht die Grenzen unserer Welt “sind.
Das Pfingstwunder steht als mystisches Verschmelzungserlebnis am Anfang der Apostelgeschichte des Lukas, die mit dem Missionsbefehl zur Bekehrung der Heiden und der Ablösung des Christentums vom jüdischen Volk endet. „Und als der Tag der Pfingsten erfüllt war, waren sie alle beieinander an einem Ort. Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie eines gewaltigen Windes und erfüllte das ganze Haus, da sie saßen. Und es erschienen ihnen Zungen, zerteilt, wie von Feuer; und er setzte sich auf einen jeglichen unter ihnen, und,sie wurden alle voll des heiligen Geistes4 und fingen an zu predigen in andern Zungen, wie der Geist ihnen gab auszusprechen.… Da nun diese Stimme geschah, kam die Menge zusammen und wurde bestürzt; denn ein jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden. Sie entsetzten sich aber, verwunderten sich und sprachen:… Wie hören wir denn ein jeglicher seine Sprache, darin wir geboren sind?… wir hören sie in unseren Zungen die großen Taten Gottes reden….“(Die Bibel, Apostelgeschichte 2: 1–4)
Vgl. Gadamer (1990: 281–290; 1993: 60); Tietz (1999: 42–47).
Vgl. Davidson (1990: 183).
Ebd.
Ebd.: 184.
Ebd.: 189.
Ebd.: 199, Fußnote 16.
Zur Definition des principle of charity vgl. Fußnote 128.
Siehe Rortys Kritik an der Diskursethik: Es geht nicht darum, dass tatsächlich Konsens erzielt wird, sondern nur darum, dass sich die Kommunikationsteilnehmer auf der Grundlage kontrafaktischer Unterstellungen wechselseitig klare Vorstellungen über ihre jeweiligen Überzeugungen bilden können. Die jeweils eigenen Überzeugungen werden dadurch noch gar nicht in Frage gestellt (Rorty 1988: 22 f.; Tietz 2001a). Vgl. auch Fußnote 139.
Gerhards (1993) hat dies für den Bereich der Massenkommunikation beschrieben, Kielmansegg (1996) für die durch unterschiedliche demokratische Traditionen bedingten Schwierigkeiten bei der Einigung auf ein Institutionendesip für Europa
Vgl. Dewey (1996 [Orig. 1927]); Greven (1998: 254–257).
Vgl. Tietz (1999, 2000).
Vgl. Gadamer (1990 [Orig. 1960]: 177–188).
Ebd. 189.
Vgl. van de Steeg (2002).
Davidson (1990) entwickelte das anti-skeptische Argument, dass bei der Interpretation von menschlichen Sprechakten das Nachsichtigkeitsprinzip immer- und nicht nur in Ausnahmefällen -Anwendung findet (ebd. 199, Fußnote 16).
Vgl. Greven (1998: 262 f).
Vgl. Rorty (1988: 36 f., Fußnote 13).
Ebd.: 36.
Ebd.: 37.
Ebd.
Tietz (2001a: 102). Rorty (2001: 110 ff) bezeichnete die dargestellte Argumentation in einer Entgegnung auf Tietz als berechtigt und folgenreich für seine Konzeption.
Sellars (1991 [Orig. 1963]: 169) verwendet den Ausdruck „logical space of reason“für den Raum des Gebens und Nehmens von Gründen. Er benutzte ihn im Singular. Der Raum, innerhalb dessen Überzeugungen begründet werden können, wo Dissens somit sinnvoll ist, ist immer auch ein sozialer Raum. Strittig ist nur, welcher.
Vgl. Eder (2000: 177).
Zu Gegenständen politischer Kommunikation werden ausgewählte politische Probleme, die im europäischen Kontext entstehen. Ich werde darauf im 5. Kapitel zurückkommen.
Vgl. Neidhardt (1994).
Auf die prinzipielle Kompatibilität dieses Ansatzes mit den hier entwickelten theoretischen Thesen hatte ich bereits an früherer Stelle verwiesen. Siehe auch Fußnote 138.
Neidhardt (1994: 7).
Ebd.: 10. Zu den Ebenen öffentlicher politischer Kommunikation Gerhards/Neidhardt (1991: 50–55). Dort findet sich auch die vielzitierte kybernetisch-funktionale Definition von Öffentlichkeit, die für unsere Zwecke jedoch der nicht-normativen und hermeneutisch unsensiblen Luhmannschen Bestimmung unnötig weit entgegen kommt: „Öffentlichkeit bildet ein intermediäres System, dessen politische Funktion in der Aufnahme (Input) und Verarbeitung (Throughput) bestimmter Themen und Meinungen sowie in der Vermittlung der aus dieser Verarbeitung entstehenden öffentlichen Meinungen (Output) einerseits an die Bürger, andererseits an das politische System besteht“(Ebd.: 34–35)
Natürlich kann man auch aus nationalen Bevölkerungsumfragen einiges über die Bevölkerungsmeinung zur Europäischen Union und zu konkreten Konflikten der eigenen Nation mit der Union erfahren. In Deutschland ist die Verankerung europäischer Fragen in der institutionalisierten Umfrageforschung bereits ausgeprägt. Vgl. Noelle-Neumann (1993, 1995, 1999) und die jährlichen Reports im Jahrbuch der Europäischen Integration: Noelle-Neumann/Petersen (2000, 2001).
Im Standard-Eurobarometer werden die Bürger auch aufgefordert, Selbstauskünfte darüber zu geben, welche Medien sie für gewöhnlich nutzen und welche sie in Anspruch nehmen, um sich über Europapolitik zu informieren. Das Eurobarometer ist somit auch für rezipientenbezogene Fragestellungen im Moment die einzige zuverlässige Informationsquelle.
Zu Zielsetzung und Methodik des Eurobarometers vgl. Reif (1991) und Melich (2000).
Das gilt auch, wenn man am eventuell zu geringen Umfang dieses Samples Kritik üben könnte. In jedem Land werden für das Standard-Eurobarometer ca. 1 000 Personen befragt. Ausnahmen stellen Luxemburg (600) und Großbritannien dar. Dort werden zusätzlich 300 Bürger in Nordirland interviewt. In Deutschland werden seit 1990 je 1 000 Personen in Ost und West befragt (Niedermayer 1998: 423; Melich 2000).
Diese Studien zum Teil über das Internet öffentlich zugänglich. Vgl. die Liste der EB-Specials: http://europa.eu.int/comm/public_opinion/archives/special.htm (17.5.2004).
Vgl. Niedermayer (1998: 423).
Von 1994 bis 1998 wurden neben dem Eurobarometer mehrere weitere Surveys in der Reihe „Europinion“durchgeführt. Diese waren ebenfalls an einem politischen Erkenntnisinteresse ausgerichtet, aber weniger einstellungs- als vielmehr issue-orientiert. Sie legten zwar eine relativ kleine Stichprobe von Befragten zugrunde und stellten auch nicht immer die gleichen Fragen zu den gleichen Issues, hätten aber eventuell langfristig ein europäisches Äquivalent zu den amerikanischen Gallup-Umfragen werden können. Europinion ist jedoch offenbar abgebrochen worden.
Allerdings werden bei der Auswertung des Eurobarometers nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft.
Eurobarometer Report Nr. 55 und Nr. 56.
Eine bei der Nationalstaatsbildung maßgebliche Gruppe von Sprechern wurde in bezug auf die aktuelle europäische Politik bislang noch nicht gebührend untersucht: die Intellektuellen. Zum intellektuellen Europadiskurs in den Zeitschriften Lettre International und Transit vgl. Moltmann (1998). Vgl. auch Giesen (1993, 1999); Trebitsch (1998); Charle (1999).
Zu den PR-Konzeptionen der Europäischen Kommission bis in die neunziger Jahre vgl. Gramber-ger (1997) und Trenz (2001a: 1–12).
Zusammenfassend hierzu Gramberger (1997: 272).
Ebd.: 270.
Vgl. Meyer (1999).
Vgl. Gramberger/Lehmann (1995), die die Informationspolitik von UN und EU vergleichen. Für die Schwierigkeiten eines Dialogs zwischen UN beziehungsweise EU und ihren Öffentlichkeiten werden der institutionelle Zwang beider Organisationen, ihre Kommunikationsanstrengungen auf die Regierungen ihrer Mitgliedstaaten zu konzentrieren, die Tendenz nationaler Regierungen beide Organisationen in die Rolle des Sündenbocks zu drängen und die komplexe Kommunikationssituation internationaler Organisationen verantwortlich gemacht.
Ebd.: 212 ff; Trenz (2001a: 12 ff).
Vgl. den programmatischen Maßnahmenkatalog zur Verbesserung der Informationsarbeit der Kommission (Kommission der Europäischen Gemeinschaften 2001a, 2001b, 2001c).
Vgl. hierzu insbesondere Trenz (2001a: 12 ff). Zur Öffentlichkeitsarbeit des Europäischen Parlaments auch Kotier (1983) und Morgan (1999).
Eine sehr kritische Beurteilung der Reform der PR-Arbeit der Europäischen Kommission als top-down „Pronunciamentismus“findet sich bei Schlesinger/Kevin (2000: 218–220).
Vgl. Bender (1997), der die Öffentlichkeitsarbeit von Kommission und Europäischem Parlament in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien vergleicht.
Ebd. Eine andere Position vertritt Ludes (2000), der sich für eine europäische Informationsunion ausspricht
Vgl. Schmitz-Rixen (1996).
Zu Europa-Kampagnen in Dänemark, Frankreich und der Schweiz vgl. die Beiträge in Rust (Ed.) (1993). Zu den Maastricht-Kampagnen vgl. Tumber (1995) und Schmitz-Rixen (1996).
Zum Vergleich der Beitrittskampagnen und der involvierten Akteure in Norwegen, wo der Beitritt am Referendum scheiterte, in Finnland und Schweden, wo die Beitrittsreferenden schließlich positiv ausgingen vgl. Jahn/Personen/Slaatta/Åberg (1998). Zu den Ängsten der Norweger vor einem Beitritt vgl. Hille (1999, 2002).
Vgl. Longchamp (1993) zum gescheiterten EU-Referendum in der Schweiz.
Vgl. Saxer (1996, 1997). Für die vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung 1992 durchgeführte Presse- und Öffentlichkeitskampagne zum Maastrichter Vertrag wurde ein ähnlicher Befund festgestellt: die Befürwortung einer weiteren europäischen Einigung seitens der Probanden (Lehrer) lag vor der Öffentlichkeitskampagne etwas höher als danach (wobei allerdings 88% eine weitere europäische Einigung auch noch nach der Kampagne befürworteten). Der Erfolg der Maastricht-Kampagne lag in einer hohen Aufmerksamkeit für die Kampagne und ihre Inhalte sowie in einer Verbesserung des Informationsgrades der Probanden (Schmitz-Rixen 1996).
Vgl. Kocks, der sich skeptisch mit der Erwartung auseinandersetzt, dass der Euro oder die Euro-Kampagnen eine europäische Identität befördern könnten. Kocks (2000: 348) plädiert dafür, die Ängste vor einer simulierten „synthetischen kulturellen Identität“nicht als anti-europäisch zu denunzieren, da dies dem Einigungsprozess eher schaden als nützen würde.
Vgl. Löffler (2000). Das Europinion-Special zur Einführung der gemeinsamen Währung zeigt, das sich die Ängste der Bevölkerung im Zusammenhang mit dem Euro leicht zwischen den Nationen unterscheiden (European Commission 1999: 37 ff).
Vgl. Große Rüschkamp (2000: 178–181).
Dies war möglich, weil die Kampagne dem französischen Europaministerium übertragen wurde, das zusätzliche Finanzmittel bereitstellte und unter dessen Regide beträchtliche Preisnachlässe beim Kauf von Anzeigen- und Werberaum in Anspruch genommen werden konnten (ebd.: 182 f)-Daneben stellte die Förderung von Vereinen, Stiftungen und NGO’s im Rahmen von Projektpartnerschaften einen weiteren Zweig der Aktivitäten dar.
Ebd.: 181 f.
Kooperationspartner waren das Bundespresseamt, die Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland und das Informationsbüro des Europäischen Parlaments für Deutschland (Löffler 2000: 33).
Ebd.: 34.
Ebd.
Die Anzahl der in Brüssel akkreditierten Journalisten betrug 1987 480, stieg dann zunächst moderat an und nahm von 1991 bis 1993 (645 bis über 700) stark zu. Nach 1993 war eine moderate Zunahme zu beobachten und 1999 noch einmal ein kräftiger Anstieg auf 820 (Meyer 2000: 122).
Methodisch stützt sich diese Untersuchung auf Erfahrungen des „Euroreporter-Projekts” von 1996 zum Thema Journalism in Europe“am Institut für Journalistik der Universität Dortmund, in dessen Rahmen Journalismusstudenten aus verschiedenen europäischen Ländern gemeinsame Medienmagazine realisierten sowie die Regionalpresse in zwei Grenzregionen beobachteten.
Vgl.Blöbaum(1999: 43).
Ebd. Vgl. auch die anregenden Beiträge zur deutsch-französischen Zusammenarbeit von Journalisten in Koch/Schröter/Albert (Eds.) (1993).
Vgl. Morgan (1995) für den britischen Fall.
Vgl. Hauser (1990); Gerhards (1993: 99).
Vgl. Hauser (1990: 43, 45 f).
Ebd.: 48.
Die Möglichkeiten eines offenen Austauschs unter den Brüsseler Journalisten verschiedener und gleicher Nationalität wurden von einigen wenigen Autoren bereits vor dem Korruptionsskandal gut eingeschätzt (Hauser 1990: 46–48).
Vgl. Meyer (2000, 2001).
Vgl. Meyer (2000: 124).
Vgl. Meyer (2001). Allerdings beurteilt der Autor die Fortschritte einer Synchronisierung der europapolitischen Debatten in den nationalen Medienöffentlichkeiten im Vergleich zum Tempo der Europäisierung politischen Entscheidens weiterhin skeptisch und fordert daher Medienorganisationen und Journalisten auf, größere Anstrengungen zu unternehmen, um mit der Europäisierung des politischen Handelns Schritt zu halten.
Exémplarisch hierzu: Sievert (1998: insbes. Kapitel 5), der die innereuropäischen Differenzen journalistischer Kultur anhand von Nachrichtenmagazinen herausarbeitet. Vgl. Machill (1997c) zu methodischen Fragen und den politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Rahmenbedingungen des Journalismus in Europa Vgl. auch Weischenberg/Sievert (1998) zum deutsch-französischen und Esser (1998) zum deutsch-britischen Vergleich.
Zur Illustration unterschiedlicher journalistischer Kulturen in Europa und der daraus folgenden Schwierigkeiten redaktioneller Zusammenarbeit am Beispiel des transnationalen Euroreporter-Projektes von 1996 vgl. Blöbaum (1999: 36). Machill (1997d) betrachtet das Projekt des europäischen TV-Nachrichtenkanals Euronews (gemessen an dem Ziel, eine europäische politische Identität zu stiften) als gescheitert und zwar aufgrund der Unvereinbarkeit unterschiedlicher journalistischer Arbeitsweisen. Vgl. auch Ruß-Mohl (2000).
Vgl. Neveu (1999) für das französische Femsehen seit 1988.
Vgl. Ruß-Mohl (2000: 130).
Vgl. für die berufsethischen Standards im deutsch-französischen Vergleich Weischenberg/Sievert (1998) und Laitila (1995), die auch die berufsethischen Codes der Journalisten in den mittel- und osteuropäischen Demokratien in ihrer Untersuchung berücksichtigt. Hinsichtlich der proeuropäischen Voreingenommenheit soll Helmut Schmidt 1975 den deutschen Brüsseler Journalisten sogar einmal vorgeworfen haben, sie seien ja wohl alle von der Kommission bestochen, weil sie die EG zu wichtig nehmen und zu positiv sehen würden (Hauser 1990: 41).
Vgl. Weischenberg/Sievert (1998); Lange (2000). Zur Förderung der Qualität des europäischen Journalismus beziehungsweise zur Verbesserung der Qualität der Europaberichterstattung in den nationalen Medien wird eine europäisierte Journalistenausbildung empfohlen. Vgl. exemplarisch Fröhlich/Holtz-Bacha (1997) und Golding (1997).
Vgl. Sievert (1998: 348 f).
Von den klassischen Nationalismen bis hin zu gegenwärtigen regionalistischen Bewegungen in einigen europäischen Staaten lassen sich viele Beispiele für anti-europäische Mobilisierungen angeben. Andererseits gibt es auch eine Geschichte pro-europäischer Mobilisierung, die derzeit wiederentdeckt wird. Vgl. Niess (2001) und die Beiträge in Loth (Ed.) (2001). Zur Geschichte transnationalen Protests im 19. und 20. Jahrhundert vgl. Rucht (2001) und zur Vorgeschichte einer europäischen Öffentlichkeit vgl. Kaelble (1999).
Vgl. Kriesi/Koopmans/Duyvendak/Giugni (1992); Rucht (1995); Imig/Tarrow (1999, 2000); Tarrow (2000) sowie die Beiträge in Klein/Koopmans/Geiling (Eds.) (2001). Zu den spezifischen Auswirkungen dieser veränderten Opportunitätsstrukturen — in Anbetracht spezifischer ideologischer und institutioneller Traditionen vgl. Marks/McAdam (1996).
Vgl, Rucht (1995, 2000, 2001); Eder/Hellmann/Trenz (1998); Eder (2000, 2001). Kritisch gegenüber den arkanpolitischen Implikationen des „Netzwerkregierens“exemplarisch: Abromeit/Schmidt (1998) und Bornschier (1999).
Vgl. Eder/Hellmann/Trenz (1998: 340).
Rucht bezieht sich auf die Daten des am Wissenschaftszentrum Berlin im Forschungsschwerpunkt „Sozialer Wandel, Institutionen und Vermittlungsprozesse“von der Abteilung „Öffentlichkeit und soziale Bewegungen“durchgeführten Prodat-Projekts. Allerdings sind die bisher vorliegenden Langzeitdaten nicht für europäische Forschungsfragen gesammelt worden, was die Zuverlässigkeit der getroffenen Interpretationen stark beeinträchtigt. Auf die Europäische Union bezogene Protestereignisse wurden beispielsweise in den vor dem Boom des Europa-Themas begonnen Studien als „international“kodiert. DDR-bezogener Protest wurde dagegen unter Umständen als „europäisch“kodiert, weil die DDR in (Ost-) Europa lag (Rucht 2000: 192 und 199, Fußnote 11).
Vgl. Rucht (2000: 197 f).
Ebd. (2000: 185 ff). Zur Kritik der Fokussierung der Forschung auf Mobilisierungen, die sich entweder explizit an europäische Institutionen als Adressaten richten oder aber von transnationalen Organisationen organisiert wurden vgl. auch Eder (2000: 176).
Vgl. Eder (2000: 181). Und es gibt inzwischen eine Reihe von Fallstudien zu solchen transnationalen Mobilisierungen. Vgl. exemplarisch Trenz (1999a) und Schwenken (2001).
Vgl. Tarrow (1995: 224 f).
Ebd.: 233. Protest gegen die Implementierung supranationaler Entscheidungen, die ja auf nationaler Ebene stattfindet, muss ohnehin gegen die nationalen Regierungen mobilisiert werden. Vgl. Fußnote 172 zu den unterschiedlichen Typen von Rechtsakten der Europäischen Union. Richtlinien, Empfehlungen und Stellungnahmen binden das nationale Recht nicht unmittelbar, wirken aber rahmensetzend. In diesen Fällen obliegt es den nationalen Parlamenten, die vorgegebenen Ziele, im Rahmen nationaler Vorstellungen und Rechtsordnungen umzusetzen. In diese Aushandlungsprozesse kann also noch einmal auf nationaler Ebene parlamentarisch, korporatistisch oder außerinstitutionell eingegriffen werden. Vgl. auch Tarrow (ebd.: 242 und 243 ff).
Zur Spannung von „global denken — lokal handeln“vgl. Rucht (1995: 76); Smith (2001: 98); Trenz (2001b).
Vgl. Rucht (2000: 198).
Sprecher der Zivilgesellschaft werden hier ähnlichen Schwierigkeiten wie im nationalen Rahmen begegnen, wenn sie ein neues Thema institutionalisieren wollen. Zudem bereitet es Mühen und Kosten, transnational zu kooperieren (sofern das gewünscht wird). Diesen stehen aber auch Erfolge gegenüber, die sich durch wirksame Interessenvertretung auf europäischer Ebene (ggf. unter Umgehung nationaler Hürden) erzielen lassen.
Wie im nationalen Rahmen sind diese Öffentlichkeiten als Teilöffentlichkeiten zu konzipieren, weil unterschiedliche Personengruppen unterschiedlich stark betroffen sind.
Manchmal sind die Relevanzgesichtspunkte selbst umstritten. Dann entwickelt sich ein Metadis-kurs über die Hinsichten, unter denen das Problem angemessen zu diskutieren ist.
Vgl. Habermas (1981, 1990, 1996: 288).
Vgl. Bourdieu/Debons/Hensche (1997) und Bourdieu (2002) aus der Perspektive der Organisatoren und Bode (1998) aus der sozialwissenschaftlichen Beobachterperspektive mit Blick auf Organisationsstrukturen und Öffentlichkeitsarbeit der Aktivisten.
Vgl.Schwenkelen(2001);Trenz(1999a, 1999b, 2001b, 200lc); Eder/Trenz (2001).
Vgl. Rucht (1994); Trenz (2002a, 2002b).
Vgl. Imig/Tarrow (2000).
Vgl. das Green Paper der Europäischen Kommission „Fernsehen ohne Grenzen“von 1984, das maßgeblichen Einfluss auf die Ausgestaltung der Etablierung des Privatfemsehens in den Mitgliedstaaten hatte (Commission of the European Communities 1984).
Einen Überblick über die verschiedenen nationalen Mediensysteme, nationales und europäisches Medienrecht gibt Gellner (1992). Zur Medienpolitik insbesondere im Bereich des Fernsehens vgl. Zimmer (1990); Kleinsteuber (1991); Hillenbrand (1992); Kleinsteuber/Rossmann (1994); Meckel (1994); Kleinsteuber/Thomaß (1994); Paraschos/Paraschos (1997); Farda (2000) sowie die Beiträge in Schwarze/Berg (Eds.) (1985); Hufen (Ed.) (1989) und Kleinsteuber (Ed.) (1990). Zur Rolle nationaler und europäischer Medienpolitik im Multimedia-Sektor vgl. Klotz (1999).
Schlesinger (1997) kritisiert eine rein an ökonomischen und ggf. technischen Fragen ausgerichtete Herangehensweise und fordert eine Würdigung des Beitrags der Medien zur politischen Kultur.
Vgl. Blumler/Hofrmann-Riem (1992). So mache die Deregulierung und Kommerzialisierung der Medienlandschaft das europäische (in allen Staaten, wenn auch mit unterschiedlichen institutionellen Vorkehrungen, historisch aus Angst vor totalitären Bewegungen politisch abgeschirmte) Mediensystem dem Amerikanischen ähnlicher (Humphreys 1996: Kap. 8, 256 ff). Im Unterschied zurh amerikanischen Medienmarkt, sei der europäische jedoch immer noch sehr fragmentiert und der innereuropäische Austausch von Medienprodukten werde dadurch behindert (ebd.: 313). Vgl. auch Kleinsteuber/Rosenbach (1998). Zur europäisch induzierten Transformation des relativ ungeregelten englischen Medien-Systems vgl. Michael (1990).
Vgl. Frey (1999); Lange (2000). Für den Bereich einer europäischen Telekommunikationspolitik vgl. Sandholtz (1998) und Paulweber (2000).
Vgl. Schöndube (1989; 1990); Sepstrup (1990), Gerhards (1993); Zimmer (1996) und Gerhards (2000) sowie die Beiträge in Erbring (Ed.) (1995).
Vgl. die auf den Seiten 88 ff. der vorliegenden Arbeit referierten Studien und Argumente.
Kommerzielle Unternehmen, die sich zu großen Teilen über Werbeeinnahmen finanzieren und spezifische Zielgruppen haben, sind indifferent gegenüber den Auswirkungen ihres Tuns für die Entstehung einer europäischen Öffentlichkeit (Tonnemacher 1995).
Neben den spezifisch europäischen Themen gibt es eine Reihe von gruppenspezifischen, regionalen, nationalen und internationalen Themen, die in einem europäischen Kontext wahrgenommen und interpretiert werden. An diesem Phänomen zeigt sich eine Horizontverschiebung in der alltäglichen politischen Kommunikation. Koopmans (2000: 9–12) unterscheidet vier Formen der Europäisierung im Sinne einer solchen Horizontverschiebung von der eigentlichen „Supranationali-sierung“der Öffentlichkeit (mit supranationalen Medien und einer auf europäischer Ebene organisierten Zivilgesellschaft).
Vgl. Scharpf (1999a: 674 f).
Ich schlage vor, die Frage der Identität, also ob die Bürger ein den Nationalstaat transzendierendes kollektives staatsbürgerliches Selbstverständnis teilen, auszuklammern, da vieles gegen ein identitätspolitisches Verständnis von Öffentlichkeit spricht (vgl. Seite 33 ff. und 43 ff).
Die einfachste Möglichkeit, eine europäische Agenda zu rekonstruieren, bestünde darin, regelmäßig Umfragedaten über die für die Befragten derzeit wichtigsten politischen Themen zu sammeln. Wir könnten an solchen — auf Europapolitik bezogenen — Daten sehen, welche gemeinsamen Themen den Bürgern wichtig sind und wie sich die Rangordnung dieser Themen im Zeitverlauf ändert. Im Ländervergleich könnten wir beobachten, ob die Top-Themen die gleichen sind oder nicht sowie ob die Präferenzen der Bürger für bestimmte Top-Themen nach Ländern oder Ländergruppen differieren und wie sich diese Differenzen im Zeitverlauf entwickeln. Solche Daten gibt es derzeit nicht, mit Ausnahme einiger Eurobarometer-Fragen nach den Ängsten der Bevölkerung und den Themen, um die sich das Europäische Parlament kümmern solle.
Vgl. Tobler (2001, 2002).
So konstatiert Gerhards auf der Basis einer Analyse der deutschen Presse, die Kepplinger für den Zeitraum von 1951 bis 1995 durchgeführte: „Die europäischen Themen sind von allen… Themengebieten diejenigen, die die geringste Medienaufrnerksamkeit erhalten. Ihr durchschnittlicher Anteilswert über die Jahre liegt bei 6,9 Prozent. Die mediale Beschäftigung mit Europa ist im Zeitraum 1961 bis 1990 kontinuierlich, wenn auch leicht zurückgegangen, um dann in der letzten Zeitphase wieder auf das Niveau von 1961/1965 zurückzukehren.“(Gerhards 2000: 294 f)
Meyer (2000: 122) belegt, dass die britische und deutsche Berichterstattung über intergouvemementale Regierungskonferenzen von 1985 (Einheitliche Europäische Akte) bis 1990/91 (Maastrichter Vertrag) um 267% anstieg. Die jährlichen Fundesco-Reports erheben für ihre Analyse der nationalen Presse der Mitgliedstaaten seit 1996 aufgrund der zunehmenden Anzahl von Texten nicht mehr jeden Artikel, in dem die EU Erwähnung findet, sondern nur noch die Artikel, in denen die EU entweder direkt oder in Relation zum Herkunftsland der Zeitung der zentrale Protagonist war (Diaz Nosty 1997: 22).
Vgl. Hodess (1998: 458), der die Europäische Union noch als ein Issue betrachtete. Ereignisse, Streitthemen und europäisch gerahmte nationale Themen werden so teilweise als Subthemen erfasst, teilweise in gemeinsamen Kategorien verbucht, was die Ergebnisse schwer interpretierbar macht (ebd.: 457, 460). Sowohl ökonomische als auch politisch-institutionelle Themen wurden anlässlich der untersuchten Regierungskonferenzen mit gleicher Häufigkeit in der deutschen und britischen Presse thematisiert. Unterschiede zeigten sich hinsichtlich der inhaltlichen Europäisierung des nationalen Diskurses: Die britische Presse thematisierte mehr als doppelt so oft die Rolle der nationalen politischen Institutionen im Kontext der EU, während die deutsche Presse beispielsweise die Außenpolitik ohne Mühe durch eine europäische Linse betrachtete (ebd.: 459).
Nur in Spanien lagen außenpolitische Themen in diesem Zeitraum an zweiter Stelle.
Vgl. Diaz Nosty (1997: 102 f).
Leider sind die Fundesco-Reports, wenn sie überhaupt noch erstellt werden, weder im Buchhandel noch im Internet erhältlich, so dass keine Vergleiche über einen längeren Zeitraum möglich sind.
Ebd.: 103.
Vgl. Sievert (1998: 322 f).
Ebd.: 324.
Ebd.: 327 f. Wenn nur die Artikel ausgewertet werden, in denen die zuständigen Generaldirektionen explizit genannt werden, verschiebt sich das Bild (ebd.: 328 ff). Das soll uns hier jedoch nicht beunruhigen, weil im Rahmen der hier entwickelten Argumentation die Themen und nicht die Spiegelung bestimmter Institutionen das entscheidende Kriterium sind.
Vgl. Diez Medrano (2001: 32, 34).
Grundmann/Smith/Wright (2000) führten eine quantitative Auswertung der Berichterstattung zur Kosovo-Krise in der FAZ, der Le Monde and der Financial Times für den Zeitraum vom 23. März bis zum 10. Juni 1999 durch. Peaks finden sich in allen drei Zeitungen im April und im Juni. Dies schloss eine Co-Zitationsanalyse ein (,Kosovo‘und andere Begriffe, andere Nationen, Namen von Spitzenpolitikern). Insbesondere die Anzahl der Nennung von Premierministem, Außen- und Verteidigungsministem sollte zeigen, ob auch Politiker der beiden anderen Nationen in der Berichterstattung eine Rolle spielen, was als Indikator für Transnationalität des Diskurses diente. Dabei stellte sich heraus, dass deutsche Spitzenpolitiker (Fischer und Schröder, weniger Scharping) in der Le Monde und der Financial Times häufig erwähnt wurden (jeweils zwischen 17 und 29% der Nennungen der Spitzenpolitiker der drei Nationen insgesamt), während französische und britische Spitzenpolitiker (außer Tony Blair in der Le Monde) keinesfalls solche Werte in der ausländischen Presse erreichten (ebd.: 304). „These findings do not conform with the straightforward expectation, that, in foreign coverage, the national media in every country would focus attention on their own representatives. The fact that in France and the UK, both Fischer and Schröder are much more salient than any of the other domestic leaders… suggests that there is some degree of trans-nationalization of discourses about the Kosovo crisis.“(Ebd.: 305)
Ebd.: 302.
Vgl. den DFG-Projekt Antrag von Giesen/Risse (2000).
Anschaulich zeigt dies die graphische Darstellung der absoluten Artikel-Anzahl in der nationalen Presse der vier Untersuchungsländer in Rauer/Rivet/van des Steeg (2002: 12). Einzige Ausnahme: in Italien gab es neben dem Peak im Februar 2000, der in allen vier Ländern zu beobachten war, noch einen kleineren Höhepunkt der Debatte im Juli 2000, der Ausdruck einer starken Domestizierung des Haider-Themas in der nationalen Debatte um Silvio Berlusconi ist (ebd.).
Vgl.Tobler(2001: 61, 94, 2002: 73).
Vgl. Tobler (2001: 54–61).
Auf solche Unterschiede stießen wir auch in unserem DFG-Forschungsprojekt an der Humboldt-Universität zu Berlin (Eder/Kantner/Trenz 2000).
Ruß-Mohl (2000: 132–133).
Eine Ausnahme stellt hier Sievert (1998: 282) dar, der den prozentualen Anteil aller „europäischen“Artikel an der Gesamtzahl aller mindestens einseitigen Artikel in den ausgewählten Print-Nachrichtenmagazinen berechnet. Dieser bewegt sich zwischen 2,1 und 2,9% (der Durchschnittswert ist 2,4%). So werden Differenzen im Verhältnis zueinander beurteilbar: die niederländische Elsevier (3,5%) und besonders das österreichische profil (5,3%) fallen durch eine extrem intensive Europaberichterstattung auf. Die niederländische HP/De Tijd (0,9%) sowie die spanischen Cambio 16 (0,8%) und Tiempo (1,1%) gehen im Verhältnis zur relevanten Gesamtartikelzahl unterdurchschnittlich auf Europa ein.
Exemplarisch vgl. Stimberg (1998); Hachten/Hachten (1999).
Zum BSE-Konflikt würden nach dieser Definition beispielsweise „gleiche Relevanzgesichtspunkte“im Sinne eines gemeinsamen Frames vorliegen, wenn in zwei untersuchten Ländern BSE gleichermaßen als Gesundheits- und Konsumentenschutz-Issue debattiert wird, selbst wenn man unterschiedliche Meinungen bezüglich der Frage vertritt, wem wie viel von den anfallenden Kosten zuzumuten sei.
Die zahlreichen, allgemein gehaltenen, zusammenfassenden Darstellungen zum Europa-Diskurs in einzelnen Mitgliedstaaten stellen wertvolle Hintergrundinformationen auch für die Vorbereitung von Medienanalysen zur Verfügung, als methodisch etwas zu „impressionistisch“lasse ich sie in der folgenden Betrachtung jedoch außen vor.
In einigen Pionierstudien wurde die in einigen Staaten eher positive und in anderen eher negative Berichterstattung über die EU, deren Institutionen und Maßnahmen bereits als Indiz für scheiternde transnationale Kommunikation oder divergentes Framing gewertet. Diese Gepflogenheit wirkt auch noch in einer Reihe neuerer Studien nach.
Vgl. Schmitz/Geserick (1996).
Ebd.: 157–160.
Neyer (2000b: 7, 11) gibt einen Überblick über die Deutung des BSE-Konflikt in der britischen, deutschen und französischen Presse sowie über den durch nationale Interessengruppen, Experten und Zeitungen ausgeübten Druck auf die nationalen Regierungen.
Vgl.Löffler(2000: 32).
Vgl. Grundmann/Smith/Wright (2000: 315 f).
Vgl. van de Steeg (2002).
Vgl. Diez Medrano (2001: 34).
Ebd.
Ebd.: 35.
Ebd.: 40.
Vgl. Rauer/Rivet/van des Steeg (2002); Giesen/Risse (2000); Risse (2002).
Vgl. Rauer/Rivet/van des Steeg (2002: 11, 23).
Ebd.: 24.
Einzige Ausnahme stellte die FAZ dar, in der die Legitimation der Sanktionen gegen Österreich auf unklarer Rechtsgrundlage massiv bezweifelt wurde. Doch auch hier wurde weder die „nationale Karte“gespielt, noch der Nationalsozialismus verharmlost (ebd.).
Vgl. Höffe (1996b: 254 f); Habermas (2001); Giesen (2002).
Vgl. Eder (2000). Wir haben solche Fälle illustrativ einer anderen theoretischen Prämissen folgenden Interpretation unterzogen (Eder/Kantner 2000: 316–322).
Diskurse sind eine Form der Kommunikation, in der die Kommunikation selbst zum Thema gemacht wird, indem die explizit oder implizit erhobenen Geltungsansprüche thematisiert und mit Gründen gerechtfertigt werden. Die drei Geltungsansprüche sind propositionale Wahrheit, normative Richtigkeit (soziale Angemessenheit) und Wahrhaftigkeit (Habermas 1981: 114).
Dabei scheinen die Kontrahenten bei aller Polemik dennoch die Sichtweisen der anderen zu respektieren. Vgl. Schmitz/Geserick (1996); Diez Medrano (2001).
Unterscheiden sich beispielsweise normative, mit dem kollektiven Selbstverständnis von Partikulargruppen verschränkte „Fragen des guten Leben“und interessenpolitische „Fragen der Gerechtigkeit“im Grade ihrer „Europäisierbarkeit“?
Vgl. insbesondere das sieben Nationen und zahlreiche in unterschiedlicher Weise europäisierte Themen umfassende EUROPUB-Projekt, das mit einer quantitativen Claim-Analyse die wohl bisher reliabelsten Ergebnisse zutage fördern wird (Koopmans 2000). Vgl. auch Kriesi (2001a) sowie die bereits erwähnten DFG-Projekte (Giesen/Risse 2000; Eder/Kantner/Trenz 2000).
Vgl Eder/Kantner (2000) und zur Kritik daran die Beiträge von van de Steeg (2000, 2001, 2002); Rauer/Rivet/yan de Steeg (2002: 25 ff) und Risse (2002), in denen zusätzliche Indikatoren für eine europäische Öffentlichkeit entwickelt werden, wie die gegenseitige Anerkennung der Sprecher als legitim, diskursive Interaktion (wechselseitige Zitation von ausländischen Sprechern und Beiträgen) sowie die wechselseitige Beobachtung der nationalen Öffentlichkeiten. Erste empirische O perationalisierungen und Forschungsergebnisse liegen vor. Auch Tobler (2001, 2002) legt „reziproke Resonanzstrukturen“und die massenmediale „Arenenreferenzialität“als zusätzliche Kriterien zugrunde. Eine Zusammenfassung dieser Diskussion findet sich in der Zeitschrift Berliner Debatte Initial (Eder/Kantner 2002; Risse 2002; Tobler 2002; van de Steeg 2002).
Exemplarisch dazu Koch/Schröter (1993); Koch (1995); Diekmannshenke (1996); Schäffner (1996) sowie Maguire/Poulton/Possamai (1999).
Vgl. Schenk/Rössler (1994).
Hier könnte die noch nicht abgeschlossene Dissertation von Ruppertz-Rausch, die mit Fokus-Gruppen arbeitet, eventuell bald erste Forschungsergebnisse bringen.
Wechselseitige Synergie-Effekte könnten auch die Meinungsforschung interessieren: „Eine systematische Analyse der Beziehungen zwischen Ereignissen und EG-Orientierungen erfordert zum einen sehr viele, kurzfristig aufeinanderfolgende Messzeitpunkte, um der Kurzfristigkeit des Einflusses dieser Kategorie von Determinanten Rechnung zu tragen, zum anderen eine unabhängige Messung der Ereignis-Variablen in Form einer Analyse der Medienberichterstattung. Diese Voraussetzungen sind nur selten gegeben…“(Niedermayer 1991: 343)
Nach Neuman (1986) gibt es immer ca. 5% politische Aktivisten, 75% „undifferenziertes“mittleres Massenpublikum und 20% Apolitische in der Bevölkerung, die selten Nachrichten rezipieren oder politisch partizipieren und folglich nichts über Politik wissen. Im Eurobarometer werden solche Differenzen bislang eher verdeckt. Vgl. auch Neidhardt/Koopmans/Pfetsch (2000).
Unter parallel publics verstehen Page/Shapiro den Effekt, dass wenn sich das Meinungsklima zu einem Issue im Zeitverlauf ändert, dieser Wandel in den Meinungen sehr unterschiedlicher Gruppen parallel vollzieht. So werden, wenn das Meinungsklima z. B. zur Frage legaler Abtreibungen liberaler wird, auch die Konservativen liberaler, wobei allerdings der Abstand zwischen den beiden Teil-Öffentlichkeiten bestehen bleibt: Konservative sind weiterhin ablehnender in dieser Frage als Liberale (Page/Shapiro 1992: 285–320).
Vgl. hierzu Koopmans (2000); Law/Middleton/Palmer (2000).
Vgl. Habermas (1992: 436); Peters (1993: 344 ff).
Vgl. Neidhardt (1994).
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Kantner, C. (2004). Verstehen und Begründen im multisprachlichen Raum. In: Kein modernes Babel. Bürgergesellschaft und Demokratie, vol 21. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80589-8_5
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