Zusammenfassung
Bei den Analysen der vorangegangenen Kapitel stellte sich heraus, dass Männer deutlich häufiger eine weitere (höher qualifizierende) Ausbildung beginnen als Frauen. Diese Beobachtung wird hier aufgenommen und ins Zentrum der Betrachtung gestellt, um den bisherigen theoretischen Überlegungen und Ergebnissen eine geschlechterbezogene Perspektive hinzuzufügen.
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Literatur
Die Begriffe werden in der sozialwissenschaftlichen Forschung nicht einheitlich verwendet, und die genauen Grenzen (d.h. die prozentualen Anteile, ab wann ein Beruf als Männer- bzw. als Frauenberuf gilt) variieren: Zum Beispiel ist bei Heintz, Nadai, Fischer und Ummel (1997) dann von einem Frauenberuf die Rede, wenn der Frauenanteil über 70 Prozent beträgt; Trappe und Rosenfeld (2001) legen die Grenze für einen frauendominierten Beruf auf mindestens 80 Prozent Frauen fest.
Trappe und Rosenfeld (2001, S. 169) berichten ähnliche Zahlen für die Tätigkeit beim Berufseinstieg, wobei hier allerdings alle Berufe berücksichtigt werden (und nicht nur die anerkannten Ausbildungsberufe wie oben): 5,2 Prozent der Frauen der Geburtskohorten 1954–56 und 1959–61 sind in einer männerdominierten Tätigkeit beschäftigt, und 8,7 Prozent der Männer üben eine frauendominierte Tätigkeit aus.
Insgesamt beträgt im Jahr 2001 die Teilzeitquote der Männer 2,3 Prozent, während 43,1 Prozent der Frauen in einem Teilzeitarbeitsverhältnis arbeiten (Statistisches Bundesamt, 2002, S. 115).
Im Vergleich dazu: Zwischen 1991 und 2001 ist der Anteil von Frauen in den von der amtlichen Statistik erfassten Fortbildungs- und Meisterprüfungen von 30 auf 35 Prozent leicht gestiegen (Statistisches Bundesamt, 1991, 2001, Fachserie 11, Reihe 3).
Emeut stehen damit die Akteure im Mittelpunkt. Inwiefern die Institutionen des Wohlfahrtsstaats und hier vor allem die staatliche Arbeits- und Sozialpolitik zur Entstehung und Aufrechterhaltung geschlechtsspezifischer Erwerbsformen und Erwerbsverläufe beitragen (z.B. Mosley, O’Reilly, & Schömann, 2002; Kurz, 1998; Lauterbach, Huinink, & Becker, 1994) oder institutionelle Ausgrenzungen von Frauen durch soziale Schließungsprozesse stattfinden, wird daher nur als Rahmenbedingung in den Interpretationen der empirischen Ergebnisse berücksichtigt.
Das Konzept des doing gender geht zurück auf Garfinkel (1967). Daran knüpft Goffman (1977) an, indem er die interaktive Herstellung von Geschlechtszugehörigkeit einerseits und die „institutionelle Reflexivität“der Geschlechtszuordnung andererseits aufzeigt. Doing gender ist jedoch keine Alltagskategorie der Gesellschaftsmitglieder, sondern es ist ausdrücklich eine wissenschaftliche Konstruktion (siehe dazu auch Berger & Luckmann, 1966).
In Erweiterungen des zunächst rein konstruktivistischen Ansatzes wird darauf hingewiesen, dass Geschlecht nicht in allen Kontexten und Situationen gleichermaßen relevant, sondern „kontextuell kontingent“ist (Heintz & Nadai, 1998, S. 88). Heintz und Nadai zeigen, dass strukturelle Segregationsprozesse die interaktive Herstellung vorwegnehmen können: Männer unterscheiden sich von Frauen durch kontinuierliche Vollzeitarbeit und intensive Weiterbildungen, durch stärkere Inklusion in informellen Netzwerken und Förderbeziehungen oder geografische und zeitliche Flexibilität. Diese strukturellen Bedingungen werden in eigene Präferenzen übersetzt, und Frauen interpretieren dann beispielsweise den Verzicht auf weitere Ausbildungen als individuelle Entscheidung, wenn ihr Zugang dazu ohnehin erschwert ist. Erneut erscheint die Geschlechterdifferenz als berechtigt und als logische Folge, da im Handeln von Männern und Frauen „offensichtlich“unterschiedliche Karrierestrategien verfolgt werden.
Die Auswahl erfolgte auf Grundlage der Angaben zum Ausbildungsberuf, die nach der Berufsklassifikation des Statistischen Bundesamts vercodet wurden (Statistisches Bundesamt, 1988; Berufsordnung 6910). Dabei werden Bank- und Sparkassenfachleute zusammengefasst. Die Ausbildung zum Sparkassenkaufmann/zur Sparkassenkauffrau wurde 1995 aufgehoben.
Die Anzahl der anerkannten oder als anerkannt geltenden Ausbildungsberufe schwankt, da im Zeitverlauf Ausbildungen neu geordnet werden, neue Berufe hinzukommen usw. (vgl. BIBB, 2000).
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Jacob, M. (2004). Männliche und weibliche Bildungskarrieren? Höherqualifizierungen von Bankfachleuten. In: Mehrfachausbildungen in Deutschland. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80553-9_10
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-80553-9_10
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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