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Das Geheimnis der Tabus

Kulturell bedingte Orientierungen in Grenzsituationen

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Recht und Tabu
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Zusammenfassung

„Der Ausdruck Tabu“, schreibt Alois Hahn1, „stammt aus dem Polynesischen, wo er ganz allgemein jede Art von Verbot meint. Die ersten europäischen Besucher Polynesiens verwandten das Wort aber bereits in einem spezielleren Sinn. Es bezeichnete nämlich besondere Meidungsvorschtiften, Berührungs- oder Speiseverbote, deren Übertretung oft gravierende magische Konsequenzen nach sich zogen. So galten etwa Neugeborene, Leichen oder Häuptlinge bei den Polynesiem als tabu. Wer sie anfaßt, wird selbst tabu. Das zwingt ihn einerseits, bestimmte Verhaltensbeschränkungen auf sich zu nehmen, er darf z. B. nicht mehr seine Hände zum Essen benutzen. Verstößt er gegen diese Regeln, kann er krank werden oder gar sterben. Aber außerdem wird er selbst unberührbar, und zwar im gleichen Sinne wie die Gegenstände, die er berührt hat“. Diese Beschreibung entspricht der allgemeinen Meinung2, obwohl sie das Geheimnisvolle, Numinose, Heilige des Tabus nicht ausdrücklich, sondern nur mit Beispielen benennt. Aber daß man Neugeborene, Leichen oder Könige nicht einfach anfassen darf, leuchtet heute noch unmittelbar ein. Auch die grausame, weil distanzlose, im Verbot bereits enthaltene Gerechtigkeit leuchtet auf: „Wer sie anfaßt, wird selbst tabu“.

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Otto Depenheuer

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© 2003 Westdeutscher Verlag/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden

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Roellecke, G. (2003). Das Geheimnis der Tabus. In: Depenheuer, O. (eds) Recht und Tabu. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80477-8_3

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-80477-8_3

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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