Skip to main content

Recht und Tabu — ein Problemaufriß

  • Chapter
Recht und Tabu
  • 313 Accesses

Zusammenfassung

Die Frage nach dem Verhältnis von Tabu und Recht provoziert, repräsentieren doch beide Begriffe diametral gegenläufige, einander widersprechende Lebenswelten: das Tabu steht für archaische Denkstrukturen, irrationale und tribale Verhaltensweisen, Recht hingegen für rationale Gestaltung der Welt aus dem Geiste aufgeklärter Vernunft. Das Tabu steht gleichsam quer zum neuzeitlichen Prozeß der Aufklärung und Rationalisierung aller Lebensbereiche. Anders als der Mensch des Mittelalters hat der Mensch der Neuzeit gegenüber der ihn umgebenden Lebenswelt „das Gefühl eigener Souveränität“.1 Er erforscht und entdeckt mit unbändiger und unbegrenzter Neugier die Welt, macht sie sich Untertan und schwingt sich im Zuge des technologischen Fortschritts gar zum Herren über Leben und Tod auf. Der moderne Mensch duldet weder Tabus noch Geheimnisse, die ihm nur Herausforderung sowie Ansporn zu noch mehr Aufklärung, andernfalls ein Ärgernis sind.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 49.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 44.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Literatur

  1. Jakob Burckhardt, Die Kultur der Renaissance in Italien [1859], 1976, S. 123 ff., 128 ff.

    Google Scholar 

  2. Zu Begriff und Ideengeschichte Winfried Trusen, Gutes altes Recht und consuetudo — Aus den Anfängen der Rechtsquellenlehre im Mittelalter, in: Festschrift für Günther Küchenhoff, 1972, S. 190 ff.; weitere Nachweise bei Helmut Quaritsch, Staat und Souveränität, Bd. 1, 1970, S. 120.

    Google Scholar 

  3. Vgl. nur Gunnar Folke Schuppert (Hg.), Das Gesetz als Steuerungsinstrument des Rechtsstaates, 1998; ders., Grenzen und Alternativen von Steuerung durch Recht, in:

    Google Scholar 

  4. Dieter Grimm (Hg.), Wachsende Staatsaufgaben — sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, 1990, S. 217 ff.

    Google Scholar 

  5. Otto Depenheuer, Zufall als Rechtsprinzip? — Der Losentscheid im Rechtsstaat, JZ 1993, S. 171 ff.;

    Google Scholar 

  6. Andreas v. Amauld (Hg.), Recht und Spielregeln, 2003.

    Google Scholar 

  7. Vgl. Otto Depenheuer, „Der Staat ist um des Menschen willen da“. Kölner Humor als Quelle staatsphilosophischer Erkenntnis, Kölner Antrittsvorlesung vom 31. Januar 2001, herausgegeben vom Verein zur Förderung der Rechtswissenschaft, 2001, zugleich Weihnachtsgabe 2001 des Verlages Duncker & Humblot, Berlin.

    Google Scholar 

  8. So etwa Matthias Kaufmann, Gefahr und Chance durch Grenzüberschreitung. Tabus und Tabuverletzungen im Recht, in: Winfried Brugger/Görg Haverkate (Hg.), Grenzen als Thema der Rechts- und Sozialphilosophie, ARSP-Beiheft 84, 2002, S. 23, 33.

    Google Scholar 

  9. Vgl. Zygmunt Baumann, Moderne und Ambivalenz. Das Ende der Eindeutigkeit, 1992, insbes. S. 35 ff.

    Google Scholar 

  10. Vgl. gleichsinnig Friedrich Schiller, Über die ästhetische Erziehung des Menschen [1793], 4. Brief (S. 348): „Einheit fordert die Vernunft, die Natur aber Mannigfaltigkeit, und von beiden Legislationen wird der Mensch in Anspruch genommen. Das Gesetz der ersten ist ihm durch ein unbestechliches Bewußtsein, das Gesetz der andern durch ein unvertilgbares Gefühl eingeprägt.“

    Google Scholar 

  11. Immanuel Kant, Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, Sechster Satz, in: Werkausgabe (hg. v. Wilhelm Weischedel), 1968, Bd. XI, S. 41.

    Google Scholar 

  12. Friedrich Schiller (N 8), 15. Brief, S. 385. — Zum Spiel als Kulturerscheinung: Johan Huizinga, Homo ludens — Vom Ursprung der Kultur im Spiel [1930], 1987.

    Google Scholar 

  13. Nachweise: Otto Depenheuer, Bürgerverantwortung im demokratischen Verfassungsstaat, in: WDStRL 55 (1995), S. 90 ff., 100 f.

    Google Scholar 

  14. Zur Vertragstheorie: Alfred Voigt (Hg.), Der Herrschaftsvertrag, 1965;

    Google Scholar 

  15. Herbert Krüger, Allgemeine Staatslehre, 1964, S. 152 ff.;

    Google Scholar 

  16. Otto Depenheuer, Solidarität im Verfassungsstaat, 1991, S. 280 ff.

    Google Scholar 

  17. Depenheuer, (N 11), S. 103 f., 109.

    Google Scholar 

  18. Gerd Roellecke, Verfassungsgebende Gewalt als Ideologie, JZ 1992, S. 929 ff., 929 f.

    Google Scholar 

  19. Nachweise: Depenheuer (N 13) S. 291 ff., S. 301 ff.

    Google Scholar 

  20. Das Unbewußte [1915], in: Sigmund Freud, Das Ich und das Es (hg. von Alex Holder) 1992, S. 117 ff., 141 ff.; Das Ich und das Es [1923], in: ebda, S. 254 ff.

    Google Scholar 

  21. Vgl. Grete Henry-Hermann, Die Überwindung des Zufalls, 1985; Depenheuer, (N 4), S. 175.

    Google Scholar 

  22. Depenheuer, Solidarität (N 13), 338 ff.

    Google Scholar 

  23. Niklas Luhmann, Komplexität und Demokratie, in: ders., Politische Planung, 1971, S. 35 ff., 44.

    Google Scholar 

  24. Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft, Vorrede zur 2. Auf. [1787], Cassirer-Ausgabe, Bd. III, 1913, S. 25.

    Google Scholar 

  25. Bspe.: BVerfGE 84, 9 ff. (Namensrecht), dazu Depenheuer (N 4), S. 177 f.; BVerfGE 93, 1 ff. (Kruzifix in staatlicher Schule); BVerfGE 93, 266 ff. („Soldaten sind Mörder“); BVerfG NJW 2002, S. 2543 ff. (eingetragene Lebenspartnerschaft).

    Google Scholar 

  26. Grundsatzkritik: Charles Tayler, Negative Freiheit? [1985], dt. 1988.

    Google Scholar 

  27. Vgl. dazu auch: Otto Depenheuer, Grundrechte und Konservativismus, in: Detlef Merten/Hans-Jürgen Papier (Hg.), Handbuch der Grundrechte, Band 1, 2004, § 11 insbes. Rn. 26 ff.

    Google Scholar 

  28. Exemplarisch: Thomas Hobbes, Leviathan [1651], 17. Kap.

    Google Scholar 

  29. Vgl. nur Stephan W. Hawking, Eine kurze Geschichte der Zeit [1988], dt. 1988, S. 26 ff., 211 f.

    Google Scholar 

  30. Brian Rotman, Die Null und das Nichts [1987], dt. 2000.

    Google Scholar 

  31. Die kritisch gemeinte Bemerkung von Leo Strauss (Naturrecht und Geschichte, 1956, S. 4), daß die Wissenschaft „Vernunft im kleinen und Wahnwitz im großen“praktiziere und deswegen eines Orientierung gebenden Naturrechts bedürfe, erscheint in diesem Kontext als zutreffende Beschreibung eines unvermeidlichen und nicht hintergehbaren Dilemmas.

    Google Scholar 

  32. Vorzügliche Analyse: Niklas Luhmann, Die Gewissensfreiheit und das Gewissen, in: ders., Ausdifferenzierung des Rechts, 1981, S. 326 ff.

    Google Scholar 

  33. Zum existenzphilosophischen Hintergrund vgl. Rüdiger Safranski, Ein Meister aus Deutschland, 1994, S. 205 ff. Exemplarisch-zeitgenössisches Beispiel einer Atheistin, die zum Islam konvertierte: „Mit dem Kopftuch kam der Seelenfrieden“, FAZ v. 2. 6. 2003, S. 40.

    Google Scholar 

  34. Hier öffnet sich das Dilemma einer jeden Glaubenslehre zwischen dem Verzicht auf Vernunft und dem Wagnis theoretischer Durchdringung, die zu Beginn der Neuzeit exemplarisch in den Antipoden Abelaerd einerseits und des hl. Bernhard von Clairvaux andererseits ausgetragen wurde, vgl. Will Durant, Kulturgeschichte der Menschheit [1950/53], Bd. 7, 1978, S. 104 ff., 117 ff.

    Google Scholar 

  35. Mit diesen Worten läßt Henrik Ibsen in seinem Schauspiel „Die Wildente“[1885], 5. Akt, Dr. Relling die wohltätige Funktion des Tabus umschreiben.

    Google Scholar 

  36. Panajotis Kondylis, Macht und Entscheidung, 1984, S. 34 f.

    Google Scholar 

  37. Überblick: Roger Shattuck, Tabu. Eine Kulturgeschichte des verbotenen Wissens, 1996.

    Google Scholar 

  38. Vgl. nur Niklas Luhmann, Positivität des Rechts als Voraussetzung einer modernen Gesellschaft, in: ders., Ausdifferenzierung des Rechts, 1981, S. 113, 125 ff.

    Google Scholar 

  39. Vgl. nur Niklas Luhmann, Grundrechte als Institution, 1965, S. 59 f.: „Das Wesen des Wesens ist unbekannt“.

    Google Scholar 

  40. Zum Problem: Peter Lerche, Grundrechtsschranken, in: Handbuch des Staatsrechts, Bd.V (1992), § 122 Rn. 29.

    Google Scholar 

  41. Zum Problem: Wolfram Höfling, in: Michael Sachs, Grundgesetz, 2. Aufl., 1999, Art. 1 Rn. 6 ff.

    Google Scholar 

  42. Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 273 am Ende, in: G. W. F. Hegel, Werke in zwanzig Bänden, Band 7, 1970, S. 439.

    Google Scholar 

  43. Vgl. Kondylis (N 32), S. 54 ff., 62 f., 119 ff.

    Google Scholar 

  44. Depenheuer, Solidarität (N 13), S. 296 ff.; Josef Isensee, Die alte Frage nach der Rechtfertigung des Staates, JZ 1999, S. 275 ff.; ders., Die vielen Staaten in der einen Welt — eine Apologie, in: ZSE 1 (2003), S. 7 ff.

    Google Scholar 

  45. Zu den machtpolitischen Implikationen jeder tabuierten Grundentscheidung vgl. Kondylis (N 32), S. 34 f.

    Google Scholar 

  46. Vgl. auch den Sammelband Otto Depenheuer (Hg.), Recht und Vertraulichkeit. Theorie und Praxis der politischen Kommunikation, 2001.

    Google Scholar 

Download references

Authors

Editor information

Otto Depenheuer

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2003 Westdeutscher Verlag/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden

About this chapter

Cite this chapter

Depenheuer, O. (2003). Recht und Tabu — ein Problemaufriß. In: Depenheuer, O. (eds) Recht und Tabu. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80477-8_1

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-80477-8_1

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

  • Print ISBN: 978-3-531-14065-0

  • Online ISBN: 978-3-322-80477-8

  • eBook Packages: Springer Book Archive

Publish with us

Policies and ethics