Zusammenfassung
Bekanntlich ist die erste rot-grüne Bundesregierung 1998 mit dem Anspruch angetreten, die Arbeitslosenzahlen auf mindestens 3, 5 Mio. zu senken, sonst verdiene sie nicht, so Gerhard Schröder im damaligen Wahlkampf, wiedergewählt zu werden. Gerhard Schröder hatte ferner betont, dass ein wirtschaftspolitischer Paradigmenwechsel weder notwendig noch wünschenswert wäre. Das viel zitierte Wort, dass eine zukünftige rot-grüne Regierung keineswegs alles anders, sondern nur vieles besser machen werde, verweist eher auf programmatische Kontinuität denn auf einen wie auch immer gearteten Politikwechsel in diesem Bereich. Doch konnte die neue Regierung nicht umstandslos die neoliberale Politik der Vorgängerregierung fortsetzen, ohne den Anspruch zu verlieren, für soziale Gerechtigkeit einzutreten. Mangels eines überzeugenden wirtschaftspolitischen Konzeptes musste dieses programmatische und inhaltliche Vakuum institutionell gefüllt werden. Das größte und strategisch durchaus gut platzierte Reformprojekt lag folglich in der Ankündigung, das frühere Bündnis für Arbeit und Standortsicherung in restrukturierter Form wieder zu beleben. Das Bündnis für Arbeit wurde dann auch schnell zur zentralen Reforminstitution der rot-grünen Regierung stilisiert und die herausragende Bedeutung, die dem neuen Bündnis für Arbeit zukommen sollte, schlug sich in der Koalitionsvereinbarung, der Regierungserklärung sowie darin nieder, dass die neue Regierung kurz nach Amtsantritt zu einem ersten Treffen einlud, das bereits am 7. Dezember 1998 stattfand (SPD und Bündnis’90/Die Grünen 1998: 5–6; G. Schröder 1998: 22–23; Bundesregierung 1999: 6–8).
Der Beitrag wurde im März 2003 auf dem Workshop „Sozial- und Wirtschaftspolitik unter Rot-Grün“ am Zentrum für Sozialpolitik an der Universität Bremen zur Diskussion gestellt. Ich danke allen Teilnehmern/innnen des Workshops und insbesondere Antonia Gohr und Martin Seeleib-Kaiser für Hinweise und Kritik.
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Reutter, W. (2003). Das Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit. In: Gohr, A., Seeleib-Kaiser, M. (eds) Sozial- und Wirtschaftspolitik unter Rot-Grün. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80476-1_16
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