Zusammenfassung
Einem Staatsmann des 19. Jahrhunderts zufolge hat selbst die Liebe „nicht mehr Menschen zu Narren gemacht als das Grübeln über das Wesen des Geldes.„ (zit. bei Marx 196lb: 49) Mit der Herausbildung größerer nationaler Währungsräume (z. B. Deutsches Reich und Reichsmark) und einer weit darüber hinausgreifenden faktischen Konvertibilität des Geldes als Gold hat sich die monetäre Sphäre für einige Jahrzehnte vereinfacht. Damals „hätte nicht viel gefehlt, und der Franc wäre zur internationalen Währung geworden, denn ohne ,Geld zu wechseln‘ und unabhängig von dem jeweiligen Münzbild konnte man ein und dasselbe Goldstück sowohl in Zürich als auch in Athen, Sankt Petersburg, Rom, Brüssel, Bukarest, Budapest oder Paris als Zahlungsmittel verwenden.„ (Sedillot 1992: 144ff.) Das Geheimnis dieser supranationalen Währungsgemeinschaft bestand darin, daß die Münzen zwar unterschiedliche Namen trugen, aber als Ausprägung einer identischen Menge von Edelmetall gleich und damit gleichwertig waren. Im 20. Jahrhundert setzt dann eine Komplexitätssteigerung der Geldwelt ein, die als erster der säkularen Trends gesehen werden kann, die eingangs skizziert werden sollen. Zwei Ereignisse sind epochal und viele andere säkular. Epochal ist zunächst der historische (Ver-)Fall des Goldstandards, der dem Papiergeld zum Durchbruch verhilft und, über die Plazierung der Druckmaschine auf der Bühne der Weltgeschichte, eine der notwendigen Voraussetzungen jener Währungskrisen ist, die im Zentrum der vorliegenden Abhandlung stehen. Epochal ist weiter der (real-)sozialistische Versuch, das Geld als aktive Kraft hei der Begründung und Erhaltung der Ungleichheit unter den Menschen zu neutralisieren. Säkular sind zahllose Einzeltendenzen, von denen einige in impressionistischer Absicht angetippt werden: Anschwellen der Geldmenge; Auffächerung der Institutionen des monetären Systems; Herausbildung eines breiten Spektrums von Zahlungsformen; ein immer differenzierteres Spektrum von Möglichkeiten zur Geldanlage; usw. Die „geborenen„ Agenten monetärer Sozialisation werden hierdurch im Lauf des Jahrhunderts zunehmend überfordert: das Reich der Optionen, Derivate und Futures ist — wenn überhaupt — den Jüngeren eher geläufig als ihren Erziehern.
„Im Deutschen reimt sich Geld auf Welt; es ist kaum möglich, daß es einen vernünftigern Reim gebe; ich biete allen Sprachen Trotz!„ (Lichtenberg)
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Heisterhagen, T., Hoffmann, RW. (2003). Sozialwissenschaftliche Dimensionen von Geld. In: Lehrmeister Währungskrise?!. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80438-9_3
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-80438-9_3
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-13871-8
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