Zusammenfassung
Im folgenden Kapitel wird die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit Menschen aus fremden Kulturen thematisiert. Dabei teilt sich das Kapitel in fünf Teile. Prinzipielle Strukturen werden in Kapitel 2.1. aufgezeigt, das biosoziale Grundlagen des menschlichen Zusammenlebens in Gruppen und des Umgangs von Gruppen miteinander behandelt.
„Seit ich höre, hat man mir gesagt, ich sei anders, und ich habe geachtet darauf, ob es so ist nie sie sagen. Und es ist so: ich bin anders. “
(Andri in Andorra, Max Frisch)
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References
Vgl.: Somit, Albert / Slagter, Robert: Biopolitics: Heutiger Stand und weitere Entwicklung. In: Flohr, Heiner / Tönnesmann, Wolfgang (Hrsg.): Politik und Biologie. Beiträge zur Life-Sciences-Orienüerung der Sozialwissenschaften. Berlin / Hamburg 1983, S. 31–38, hier: S. 31–32.
Vgl. ebd. Im sogenannten Heidelberger Manifest, das vom 17.Juni 1981 stammt, prangerten 15 Professoren u.a. die „Unterwanderung des deutschen Volkes“ sowie die „Überfremdung unserer Sprache, unserer Kultur und unseres Volkstums“ durch „Ausländer“ an. Dazu: Mecklenburg, Jens (Hrsg.): Handbuch deutscher Rechtsextremismus, Berlin 1996, S. 167–168.
Vgl.: Sommer, Volker: Soziobiologie: Wissenschaftliche Innovation oder ideologischer Anachronismus? In: Voland, Eckart (Hrsg.): Fortpflanzung: Natur und Kultur im Wechselspiel. Versuch eines Dialogs zwischen Biologen und Sozialwissenschafdern. Frankfurt am Main 1992, S. 51–73, hier: S. 66.
Zur Rolle der deutschen Wissenschafder in der Zeit des Nationalsozialismus, gesehen von einem amerikanischen Blickwinkel aus: Stein, George J.: The Biological Bases of Ethnocentrism, Racism and Nationalism in National Socialism. In: Reynolds, Vernon et al.(Ed.): The Sociobiology Of Ethnocentrism. London / Sydney 1987.
Vgl.: Flohr, Anne Kathrin: Fremdenfeindlichkeit. Biosoziale Grundlagen von Ethnozentrismus. Opladen 1994, S. 90.
Vgl. Darwin, Charles: Rückblick auf den Weg zur Evolutionstheorie. In: Altner, Günter (Hrsg.): Der Darwinismus. Die Geschichte einer Theorie. Darmstadt 1981, S. 9–16, hier: S. 12.
Wilson, Edward O.: Biologie als Schicksal. Die soziobiologischen Grundlagen menschlichen Verhaltens. Frankfurt / Berlin / Wien 1980.
Dawkins, Richard: Das egoistische Gen. Reinbek bei Hamburg 1998. Die Wortwahl des Titels ist hier sehr unglücklich gewählt: natürlich kann ein Gen nicht egoistisch sein. Maximal die Anlage zu egoistischem Verhalten kann vererbt werden.
Auch der Ansatz, menschliches Verhalten mit mathematischer Wahrscheinlichkeit berechnen zu können greift zu kurz. Ob diese Attraktivität mathematischer Ansätze auf eine Schwäche sozialwissenschaftlicher Erklärungsansätze zurückzuführen ist, dazu: Drubig, Roland / Herrmann, Henning: Die soziobiologische Weltanschauung als Auslöser für eine neue Ethikdiskussion in den Menschenwissenschaften. In: Amborn, Hermann: Unbequeme Ethik. Überlegungen zu einer verantwortlichen Ethnologie. Berlin 1993, S. 51–62.
Hawkes, Kristin: Kin Selection and Culture. American Ethnologist, 1983, H. 10, S. 345–363. Zitiert nach Voland, a.a.O., S. 84–86.
Axelrod, R. / Hamilton, W.D.: The Evolution of Cooperation. In: Science, H. 211, 1981, S. 1390–1396. zitiert nach: Harbach, Heinz: Altruismus und Moral. Opladen 1992, S. 167–170.
Vgl.: Mohr, Hans: Natur und Moral. Ethik und Biologie. Darmstadt 1987, S. 77.
Vgl. Vowinckel, Gerhard: Verwandtschaft, Freundschaft und die Gesellschaft der Fremden. Grundlagen menschlichen Zusammenlebens. Darmstadt 1994, S. 108 ff.
Vogel, Christian: Vom Töten zum Mord. Das wirkliche Böse in der Evolutionsgeschichte. München / Wien 1989, S. 34.
Singer, Peter. The Expanding Circle. Ethics and Sociobiology. Oxford 1983, S. 60. Zitiert nach Vogel, a.a.O., S. 34.
Goodall, Jane: The chimpanzees of Gombe: Patterns of Behavior. Cambridge 1986. Zitiert nach: Voland, a.a.O., S. 97–103.
Vgl. auch Eibl-Eibesfeld, Irenäus: Die Biologie menschlichen Verhaltens. Grundriß der Humanethologie. München 1984, S. 515 ff.
Vgl. Beck, Ulrich: Wie aus Nachbarn Juden werden. Zur politischen Konstruktion des Fremden in der reflexiven Moderne. In: Miller, Max / Soeffner, Hans-Georg (Hrsg.): Modernität und Barbarei. Soziologische Zeitdiagnose am Ende des 20.Jahrhunderts. Frankfurt am Main 1996, S. 318–340, hier: S. 326.
Simmel, Georg: Exkurs über den Fremden. In: Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung. Berlin 1968, S. 509–512, hier: S. 509.
Der Exkurs über den Fremden kann beispielhaft für Simmels Leben gelten. Simmel stammte aus einer Familie, die vom jüdischen zum christlichen Glauben konvertiert war. Der Antisemitismus erschwerte seine Universitätslaufbahn erheblich. Seine Vorlesungen an der Berliner Universität zogen zwar immer viele Zuhörer an: Martin Buber, Ernst Cassirer, Georg Lukács, Ernst Bloch und Albert Schweitzer gehörten zu Simmels Studenten, von dem sie entscheidende Impulse bekamen. Eine Professur aber erhielt Simmel lange Zeit nicht, aufgrund antisemitischer Ressentiments deutscher Professoren. Erst vier Jahre vor seinem Tod bekam er einen Ruf in das damals sehr provinzielle Straßburg. Simmels Sohn starb später an den Folgen seiner Internierung im KZ Dachau. Die Übersetzung von „The Stranger“ wurde in den USA zur epistemologischen Grundlage zahlreicher Studien zur Problematik des Fremden, der Einwanderer und der Ethnizität. Vgl.: Loycke, Almuth: Der Gast, der bleibt. Dimensionen von Georg Simmels Analyse des Fremdseins. In: Loycke, Almuth (Hrsg.): Der Gast, der bleibt. Dimensionen von Georg Simmels Analyse des Fremdseins. Frankfurt am Main 1992, S. 103–123.
Vgl.: Elias, Norbert / Scotson, John L: Etablierte und Außenseiter. Frankfurt am Main 1993, S. 23 ff.
Für eine Zusammenstellung verschiedener Beispiele vgl.: Fögen, Marie Theres (Hrsg.): Fremde der Gesellschaft. Historische und sozialwissenschaftliche Untersuchungen zur Differenzierung von Normalität und Fremdheit. Frankfurt am Main 1991.
Wiese, Leopold von: System der Allgemeinen Soziologie, als Lehre von den sozialen Prozessen und den sozialen Gebilden der Menschen (Beziehungslehre). Berlin 1955, S. 242.
Der Begriff der „Nostrifizierung“ stammt von Justin Stagl. Es ist ursprünglich ein Begriff der österreichischen Verwaltungssprache. Laut Stagl ist damit eine qualifizierte Aneignung von fremden Werten gemeint, die aber nicht auf der individuellen sondern auf der kollektiven Ebene erfolgt. Das so Angeeignete wird in den gemeinsamen Wissensschatz der Ursprungsgruppe aufgenommen. Vgl.: Stagl, Justin: Die Beschreibung des Fremden in der Wissenschaft. In: Duerr, Hans-Peter (Hrsg.): Der Wissenschaftler und das Irrationale. Bd. 1. Beiträge aus Ethnologie und Anthropologie. Frankfurt am Main 1981, S. 273–295.
Aus: Asterix. Das Geschenk Cäsars. Stuttgart 1974, S. 16. Zitiert nach Münkler / Ladwig, a.a.O., S. 16.
Vgl.: Schmid, Jeannette: Die Wahrnehmung des Anderen. Sozialpsychologische Anmerkungen zu Ethnozentrismus und Marginalisierung. In: Fögen, Marie Theres (Hrsg.): Fremde der Gesellschaft. Historische und sozialwissenschaftliche Untersuchungen zur Differenzierung von Normalität und Fremdheit. Frankfurt am Main 1991, S. 147–167.
Sherif, Muzafer et al: Intergroup Conflict and Cooperation: The Robbers Cave Experiment. Norman 1961
Sherif, Muzafer: Group Conflict and Co-Operation. Their Social Psychology. London 1967.
Vgl. Dollard, J. / Doob, L. u.a.: Frustration und Aggression. New Haven 1939. Zitiert nach Schmid, a.a.O., S. 151.
Adorno, T.W. / Frenkel-Brunswik, E. u.a.: The Authoritarian Personality. New York 1950.
Adorno, Theodor W. u.a.: Der autoritäre Charakter. Studien über Autorität und Vorurteil. Band 1. Amsterdam 1968.
Ackermann, Nathan W. / Adorno, Theodor W. u.a.: Der autoritäre Charakter. Studien über Autorität und Vorurteil. Band 2. Amsterdam 1969.
Vgl. Bohleber, Werner: Fremdenangst und Fremdenhaß. Psychoanalytische Anmerkungen. In: Winkler, Beate (Hrsg.).: Was heißt denn hier fremd? München 1994, S. 36–44. Und: ders.: Nationalismus, Fremdenhaß und Antisemitismus. Psychoanalytische Überlegungen. In: Psyche, H. 8/1992, S. 689–709. Dazu auch: Heim, Robert: Fremdenhaß und Reinheit - die Aktualität einer Illusion. Sozialpsychologische und psychoanalytische Überlegungen. In: Psyche, H. 8/1992, S. 710–729.
Vgl. Rommelspacher, Birgit: Das Fremde in uns? Psychologische Erklärungsansätze zum Rassismus. In: dies.: Dominanzkultur. Texte zu Fremdheit und Macht. Berlin 1995, S. 144–154.
Vgl.: Kleinsteuber, Hans J.: Stereotype, Images und Vorurteile. Bilder und Feindbilder in den Köpfen der Menschen. In: Wissenschaft und Fortschritt, Jg. 42, Nr. 2, 1992, S. 50–53.
Vgl. ebd., S. 52. Und: Estel, Bernd: Soziale Vorurteile und soziale Urteile. Kritik und wissenssoziologische Grundlegung der Vorurteilsforschung. Opladen 1983.
Tajfel, Henri: Gruppenkonflikt und Vorurteil. Entstehung und Funktion sozialer Stereotypen. Bern 1982.
Auch im Bereich der interkulturellen Kommunikation weiß man heute, dass nur unter bestimmten Umständen ein Kontakt mit fremden Gruppen vorherrschende Vorurteile beseitigt. Dazu: Maletzke, Gerhard: Interkulturelle Kommunikation. Opladen 1996, S. 117ff.
Neckel, Sighart: Politische Ethnizität. Manuskript, Berlin 1994, S. 47f. Zitiert nach Beck, a.a.O., S. 331–332.
Hitzler, Ronald: Mobilisierte Bürger. In: Ästhetik und Kommunikation, H. 85/86, Mai 1994, S. 58. Zitiert nach Beck, a.a.O., S. 333.
Vgl.: Jahraus, Oliver: Reduktion der Komplexität des Fremden. Systemtheoretische Überlegungen zur Funktion der Fremdenfeindlichkeit und der Medien. In: Scheffer, Bernd (Hrsg.): Medien und Fremdenfeindlichkeit. Alltägliche Paradoxien, Dilemmata, Absurditäten und Zynismen. Opladen 1997, S. 99–122.
Vgl. Luhmann, Niklas: Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie. Frankfurt am Main 1991, S. 49. Oliver Jahraus erklärt dies am Beispiel des Kleidercodes: „Hier gilt: Je freier, desto komplexer, je restriktiver, desto simpler. Restriktion provoziert Freiheitsbestrebungen, also neue Mode, Komplexität evoziert Reduktionsmechanismen, also Kleidercodes, bzw. die Codierung von Mode nach dem Schema ‚modisch‘ vs. ‚altmodisch‘.“ Wenn also das Fehlen restriktiver Kleidercodes die Vielfalt der Mode erst ermöglicht, so bildet sich automatisch auch das Programm zur Reduktion, zur Übersichtlichkeit, das seine extreme Form im „Marken-Terror“ findet, a.a.O., S. 116.
Vgl. Rommelspacher, Birgit: Die Erfindung des Fremden. die tageszeitung, 27.11.1997.
Vgl. Said, Edward W.: Rivalität der Definitionen. Identitätswechsel — vom Trauma zur Sehnsucht. Edward Said im Gespräch mit Christoph Burgmer. In: Lettre International, H. 42, III. Vj, 1998, S. 84–87.
In Deutschland ist der Begriff des Rassismus weitgehend verpönt, da er meist mit dem Nationalsozialismus und dessen Einteilung der Menschheit in bestimmte Rassen verbunden wird. (Rommelspacher, 1995, a.a.O., S. 48–49.) Hier wird lieber mit dem Begriff „Fremdenfeindlichkeit“ gearbeitet, der aber meist euphemistisch auch für offen rassistische Handlungen benutzt wird. Gewalt gegen Menschen schwarzer Hautfarbe in Deutschland wird selbst von den Tätern meist eindeutig rassistisch begründet und nicht etwa nur allgemein fremdenfeindlich. Es ist hier nicht der Platz, um den Rassismus als solchen umfassend zu diskutieren. S. dazu: Autrata, Otger u.a. (Hrsg.): Theorien über Rassismus. Eine Tübinger Veranstaltungsreihe. Hamburg 1989
Claussen, Detlev: Was heißt Rassismus? Darmstadt 1994
Shipman, Pat: Die Evolution des Rassismus. Gebrauch und Missbrauch von Wissenschaft. Frankfurt am Main 1995
Zerger, Johannes: Was ist Rassismus? Eine Einführung. Göttingen 1997.
Vgl.: Hall, Stuart: Der Westen und der Rest: Diskurs und Macht. In: Hall, Stuart: Rassismus und kulturelle Identität. Ausgewählte Schriften 2. Hamburg 1994, S. 137–179.
Vgl. Fanon, Frantz: Schwarze Haut, weiße Masken. Frankfurt am Main 1980.
Fanon, Frantz: Die Verdammten dieser Erde. Frankfurt am Main 1981.
Habermas, Jürgen: Theorie des kommunikativen Handelns. Bd.2, Zur Kritik der funktionalistischen Vernunft. Frankfurt am Main 1988, S. 522.
Foucault, Michel: Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses. Frankfurt am Main 1979.
Vgl.: Zerger, Johannes: Was ist Rassismus? Eine Einführung. Göttingen 1997.
Wiedenroth, Ellen: Was macht mich so anders in den Augen der anderen? In: Oguntoye, Katharina.u.a. (Hrsg.): Farbe bekennen. Afro-deutsche Frauen auf den Spuren ihrer Geschichte. Frankfurt am Main 1986, S. 164–175, hier: S. 169.
Diese Entwicklung beschreibt sehr gut: Schütz, Alfred: Der Fremde. Ein sozialpsychologischer Versuch. In: Schütz, Alfred: Gesammelte Aufsätze II. Studien zur soziologischen Theorie. Herausgegeben von Arvid Brodersen. Den Haag 1972, S. 53–69.
Hall, Stuart: The Question of Cultural Identity. In: Hall, Stuart / Held, David et al. (Ed.): Modernity and its Futures. Cambridge, 1992, S. 273–316. (Text und Ergänzungstexte). Als deutsche Übersetzung: Die Frage der kulturellen Identität. In: ders.: Rassismus und kulturelle Identität, a.a.O., S. 180–222.
So auch: Benvenuto, Sergio: Sehnsucht nach Differenz. Globalisierungsprozesse und das Bedürfnis nach Unterschieden. In: Lettre International, H. 45, II. Vj. 1999, S. 16–19.
Georgiou, Myria: Negotiations and Co-Existence: Global and Local Ethnie Media and the Construction of Multiple Ethnic Identities. Konferenz-Papier, IAMCR-Konferenz, Leipzig 1999.
Das Standardwerk dazu: Camus, Albert: Der Fremde. Reinbek bei Hamburg 1999.
In Israel wurde Andorra hingegen sehr verhalten aufgenommen. Die Feststellung, dass Juden gar nicht anders sind, sondern zu ihrem Anderssein nur gezwungen werden, kann dort nicht auf Akzeptanz stoßen, wo Juden ihr Judentum als etwas durchaus Positives definieren, das ihre Gesellschaft und ihren Staat überhaupt erst ausmacht. Vgl. Frisch, Max: Andorra. Text und Kommentar. Frankfurt am Main 1999, S. 150.
Hall, Stuart: Kulturelle Identität und Diaspora. In: Hall, 1994, S. 26–43.
Dazu auch der Sammelband: Hall, Stuart / du Gay, Paul (Ed.): Questions of Cultural Identity. London 1996
Bhabha, Homi K.: The Location of Culture. London 1994.
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Kretzschmar, S. (2002). Die Gesellschaft und ihre Auseinandersetzung mit den Fremden — ein Spannungsverhältnis. In: Fremde Kulturen im europäischen Fernsehen. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80412-9_4
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