Zusammenfassung
Die Theorien von Niklas Luhmann und Jürgen Habermas waren und sind für die sozialwissenschaftliche und politikwissenschaftliche Diskussion weit über Deutschland hinaus prägend. Beide Autoren haben die Ansprüche an Gesellschaftstheorie in einer enormen Zahl von Veröffentlichungen auf ein beeindruckend hohes begriffliches, theoriesystematisches und sachliches Niveau gehoben. Vor allem haben sie nachhaltig zwei Aspekte ins Zentrum der Theoriebildung gerückt. Das ist zum einen das Problem der Komplexität, also die Vielfalt nicht aufeinander reduzierbarer eigensinniger Erlebens- und Handlungsbereiche der Gesellschaft. Komplexität meint, daß Gesellschaft aus mehr Elementen besteht als sie jeweils relationieren kann; mithin kann sie sich verändern und gleichzeitig mit sich identisch bleiben. Gesellschaft ist weniger als die Summe ihrer Teile. Eine radikale Konsequenz dieser Dezentrierung ist, daß Gesellschaft keine auf letzte Gründe gestützte, theologisch-metaphyische Selbstberuhigung findet. Auch Aufklärung kann dies nicht leisten: Am Ende aller Erkenntnis steht nicht die sich selbst transparente und als eine umfassende Einheit zugängliche Gesellschaft, sondern jede Erkenntnis treibt in der Folge immer noch mehr Komplexität aus sich heraus. Zum anderen ist es die Herausforderung, die die Komplexität für eine demokratische Selbstbestimmung der Gesellschaft darstellt.
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© 2003 Westdeutscher Verlag GmbH, Wiesbaden
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Demirovic, A. (2003). Demokratie, Politik und Staat in der transformistischen Gesellschaft. Vergleichende Anmerkungen zu den Gesellschaftstheorien Niklas Luhmanns und Jürgen Habermas’. In: Hellmann, KU., Fischer, K., Bluhm, H. (eds) Das System der Politik. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80403-7_22
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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Online ISBN: 978-3-322-80403-7
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