Zusammenfassung
Folgt man der Theorie von Niklas Luhmann, muß auch demjenigen ein „besonderes Talent“für die Belange der Politik zugesprochen werden, der die Fähigkeit besitzt, „Probleme zu erfinden, um Problemlösungen zu vermeiden und andere damit zu beschäftigen“(Luhmann 2000, S. 247). Denn auch mit einer Präferenz für unlösbare Probleme, „über die man folgenlos reden kann, weil ohnehin nichts Effektives geschehen kann“(ebd.), läßt sich die Autopoiesis eines ausdifferenzierten politischen Systems sichern. Demgegenüber mache sich jeder Versuch, mit politischen Mitteln steuernd auf die gesellschaftliche Umwelt einzuwirken, blind für die grundlegenden Strukturerfordernisse einer modernen, funktional differenzierten Gesellschaft (vgl. Luhmann 1993, S. 59 f.). Vor diesem Hintergrund erscheinen die Bemühungen des Soziologen Anthony Giddens, jenseits von altlinken und neoliberalen Positionen die integrierte Agenda eines neuen „dritten Weges“für die Politik sozialdemokratischer Regierungen zu entwerfen, ausgesprochen naiv. Unterstellt dieser Ansatz doch Gestaltungskapazitäten und gesamtgesellschaftliche Verantwortlichkeiten der Politik, wonach staatliche Regierungen u.a. Märkte regulieren, Bildungs- und Erziehungsprozesse aktiv fordern und in eine zivilisierende Richtung lenken sowie ein effektives Rechtssystem aufrechterhalten können (vgl. Giddens 1998, S. 47 f.).
Für kritische Anmerkungen und Hinweise danke ich Michael Beetz, Thorsten Bonacker, André Brodocz und Rainer Treptow.
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Lamla, J. (2003). Kopplung versus Dualität Ein Vergleich der Strukturbegriffe von Niklas Luhmann und Anthony Giddens. In: Hellmann, KU., Fischer, K., Bluhm, H. (eds) Das System der Politik. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80403-7_17
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