Zusammenfassung
Der deutsche Rechtsstaat beinhaltet mehr als die reine Staatsabwehr (Schmidt-Aßmann 1995: 988). Zwar ist vor dem Hintergrund der katastrophalen Erfahrungen in der NS-Zeit gut verständlich, daß der wichtige Aspekt der Staatseingrenzung zeitweilig in den Vordergrund rückte. Galt doch während der Nazidiktatur die individuelle Freiheit wenig. Tatsächlich hatte der Rechtsstaat jedoch schon früh einen zweifachen Auftrag: Es ging um die Begrenzung des Staates und um einen Gerechtigkeit sichernden Auftrag des Staates, der auch für das Verhältnis der Bürger untereinander galt. Der letztgenannte Aspekt kam bereits mit dem auf dem Wormser Reichstag von 1495 vereinbarten Reformwerk zum Tragen: Die Fehde wurde mit dem Ewigen Landfrieden verboten, und Streitigkeiten sollten mit dem neu gefestigten Reichskammergericht in rechtliche Bahnen gelenkt werden. Der Staat machte sich daran, Sicherheit zu gewähren, indem er Frieden verlangte und gewährte. Mit den Naturrechtslehren des 17. und 18. Jahrhunderts bekam im deutschen Rechtsdenken neben der Gewährung von Rechtsfrieden der Gedanke der Staatsabwehr immer stärkere Bedeutung (Schmidt-Aßmann 1995: 993 f.). Diese Entwicklung setzte sich fort: Trotz der auch sozialgestalterischen Kraft, die vom Allgemeinen Landrecht der Preußischen Staaten als der großen Kodifikation der Zeit ausging, trat die staatseingrenzende Bedeutung der sich ausbildenden Idee vom Rechtsstaat allmählich in den Vordergrund.
Ich danke Rüdiger Voigt für die kritische Durchsicht des Manuskriptes und den sich daraus ergebenden wertvollen Hinweisen.
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Dose, N. (1999). Der deutsche Rechtsstaat. In: Ellwein, T., Holtmann, E. (eds) 50 Jahre Bundesrepublik Deutschland. Politische Vierteljahresschrift Sonderheft, vol 30. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80357-3_8
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