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Ein Erstes Paradigma? Knotentheorie Nach 1930

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Die Entstehung der Knotentheorie
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Zusammenfassung

Nachdem Reidemeisters, Artins und Schreiers gruppentheoretische Beiträge einerseits und die homologischen Methoden von Alexander und Briggs andererseits gezeigt hatten, wie berechenbare und erstaunlich aussagekräftige Invarianten von Knoten und Verkettungen konstruiert werden konnten, schienen die Aussichten für den Aufbau einer selbständigen Knotentheorie vielversprechend. Dies galt umso mehr, als Reidemeisters und Alexanders Untersuchungen beide nahelegten, Knoten in jener elementaren, kombinatorisch orientierten epistemischen Konfiguration zu studieren, deren Entstehung in den letzten beiden Kapiteln beschrieben wurde. Das neue Gebiet war dadurch für junge Mathematiker leicht zugänglich, viele einfach zu formulierende Probleme schienen mit modernen, strengen Methoden angreifbar, ohne daß umständlich Vorkenntnisse in anderen Gebieten erworben werden mußten. Andererseits boten für die tiefer Eingeweihten die Untersuchungen Dehns und Alexanders über den Zusammenhang von Knoten und dreidimensionalen Mannigfaltigkeiten sowie die auf Wirtinger zurückgehende Verknüpfung der Knotentheorie mit der Untersuchung der Singularitäten algebraischer Funktionen attraktive Zusammenhänge, welche die Knotentheorie auch in einer umfassenderen mathematischen Perspektive zu einem interessanten Gebiet machten.

For a connected account of modem knot theory the reader is referred to Reidemeister’s genial monograph.

James W. Alexander, 1932

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Literatur

  1. Dazu gehörten unter anderem noch Pawel Urysohn, Lasar A. Ljusternik und der jüngere Andrej A. Markoff, von dem in § 108 noch die Rede sein wird. Etliche der Genannten waren Schüler des Analytikers Nikolaj N. Lusin.

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  2. Die Dissertation wurde in Halle eingereicht und angenommen, wo Threlfall sich zwischen 1935 und 1938 aufhielt.

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  3. In (Bankwitz 1930a) hatte auch dieser darauf hingewiesen, daß die Torsionszahlen der zweifachen Überlagerung aus der nachfolgend beschriebenen Matrix gewonnen werden können, ohne allerdings das unten angedeutete Invarianzargument zu geben.

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  4. Das war bereits seit (Bankwitz 1930a) klar, da die Determinante von A ja das Produkt aller Torsionszahlen der zweiblättrigen Überlagerung des Knotenkomplements war.

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  5. (Ebd., 652); Hervorhebung im Original.

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  6. Goeritz zeigte allgemein, daß ein Knoten nicht amphichiral sein kann, wenn in seiner Determinante eine Primzahl von der Form 4l + 3 in ungerader höchster Potenz aufgeht (ebd., 654).

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  7. Auch der Funktionentheoretiker Erich Kahler (1929 in Königsberg Assistent geworden und auf dem Sprung nach Hamburg, wo er sich 1930 habilitierte), der Brauners Resultate überarbeitete und auf einem etwas anderen Weg noch einmal bewies (Kahler 1929), beantwortete diese Frage nicht.

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  8. Als Zariski sein Resultat auf einem Treffen der American Mathematical Society im März 1932 ankündigte, teilte ihm Lefschetz mit, daß Burau diese Resultate ebenfalls erhalten hatte und eine entsprechende Publikation vorbereitete (Zariski 1932, 453, Anm. §). Lefschetz’ Kenntnis der Burauschen Ergebnisse bereits vor ihrer Publikation ist ein Zeichen der Anerkennung, die Reidemeisters Kreis inzwischen genoß.

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  9. Eine ausführliche moderne Darstellung findet der Leser in (Brieskorn und Knörrer 1981/1986).

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  10. Zur Biographie von Erika Pannwitz, die später bei der Preußischen Akademie der Wissenschaften angestellt war, um für das „Jahrbuch über die Fortschritte der Mathematik“Referate über topologische Arbeiten zu schreiben, und nach dem Krieg schließlich Leiterin der Abteilung „Zentralblatt für Mathematik“bei der Deutschen Akademie der Wissenschaften in Berlin wurde, vgl. (Vogt 1999). Dort finden sich auch Auszüge aus Hopfs Gutachten.

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  11. Zu Frankfurt vgl. (Weil 1980, 460), zu Hamburg (Behnke 1978,48).

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  12. (Reidemeister 1932, 55). ♠ Entweder kannte Reidemeister die Beziehung der unendlich zyklischen Überlagerung zu der gerade erwähnten algebraischen Beschreibung des Alexander-Polynoms und wollte sie nicht erwähnen, oder er kannte sie nicht. Beide Möglichkeiten wären gleichermaßen aufschlußreiche Zeichen für die Orientierung des Autors der Knotentheorie. ♠

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  13. Diese Verkettungsklasse war zuerst von Reidemeister selbst unter dem Namen „2-Geflechte“eingeführt worden (Reidemeister 1929).

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  14. ♠ Noch eine weitere, 1934 erschienene Arbeit zog Interesse auf die Zopfgruppe: Wilhelm Magnus’ Beschreibung des Zusammenhangs zwischen derselben und der Gruppe der Abbildungsklassen der mehrfach punktierten Ebene bzw. 2-Sphäre. ♠

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  15. (Ebd., § 3). Das hatte bereits Bankwitz vermutet, vgl. (Bankwitz 1935).

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  16. Auch ein vollständiger Beweis wurde erst 1954 in einem Seminar von R. H. Fox in Princeton ausgearbeitet und noch einmal zwanzig Jahre später in Joan Birmans Buch (Birman 1974) in überarbeiteter Form mitgeteilt, vgl. (ebd., 49). Mittlerweile war das Konjugationsproblem der Zopfgruppe durch Garside gelöst worden und es schien Birman sinnvoll, Artins Plan in Verbindung mit dem Markoffschen Resultat wieder aufzugreifen.

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  17. Vgl. (Kneser 1925, 12). Knesers Charakterisierung ist treffend: „Man arbeitet nicht rein kombinatorisch, sondern hat immer die topologisch [d.h. punktmengentheoretisch] definierte Mannigfaltigkeit im Auge […]. Das kombinatorische Schema dient wesentlich nur dazu, die topologisch definierten Invarianten auszuwerten. Man kann dieser Behandlungsweise höchstens den ästhetischen Vorwurf der Methodenunreinheit machen; aber das will wenig sagen gegenüber der schwerwiegenden Tatsache, daß für vier und mehr Dimensionen bis jetzt nur auf diesem Wege gesicherte topologische Ergebnisse zu gewinnen sind.“Auch Seiferts Betreuer in Leipzig, van der Waerden, hatte sich zum Befürworter der „méthode mixte“erklärt. In ihrem Vorwort bestätigten Seifert und Threlfall ausdrücklich seinen Einfluß auf „die Anlage des Buches“.

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  18. Ältestes historisches Modell dieser Idee war Cliffords Schar von „Parallelen“im dreidimensionalen elliptischen Raum und analoge Faserungen, die im Kontext des Clifford-Kleinserien Raumformenproblems entstanden, das Threlfall und Seifert ebenfalls beschäftigte. Vgl. hierzu (Volkert 1994, Kap. 5.2).

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  19. Ein anderes solches Verfahren hatten ja schon (Frankl und Pontrjagin 1930) angegeben, vgl. § 106.

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  20. Vgl. z.B. (Dehn und Heegaard 1907, 196 ff.).

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  21. (Ebd., 577 f.) In dieser Arbeit wird der Zusammenhang zwischen V und Γ noch elementweise beschrieben (ebd., 586 f.). Die obige Matrixgleichung findet sich erst in (Seifert 1935) und (Seifert 1936). ♠ Heute wird aus systematischen Gründen statt V meist eine etwas anders definierte Matrix als „Seifert-Matrix“bezeichnet, nämlich jene, die entsteht, wenn zwei Kopien der Seifertschen Fläche ein Stückchen voneinander abgehoben werden und υ ik als Gaußsche Verschlingungszahl der „obenliegenden“Kurve a + i mit der „untenliegenden“Kurve a k definiert wird. Da dabei die Kreuzungen auf der Zentralscheibe mitberücksichtigt werden, ändern sich die nachfolgenden Formeln in heutigen Darstellungen, vgl. z.B. (Lickorish 1997, ch. 6). ♠

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  22. ♠ Die „Verschlmgungsmatrix“einer dreidimensionalen Mannigfaltigkeit M erweiterte eine Idee Alexanders, die am Ende von § 101 beschrieben wurde. Je zwei Repräsentanten a und b von Torsionselementen in der ersten Homologiegruppe von M wurde auf folgende Weise eine rationale Zahl zugeordnet: Da ein ganzzahliges Vielfaches αa von a eine 2-Kette A berandete, konnte eine Schnittzahl β von A mit b berechnet werden. Der Quotient α/β (mod 1) war dann die gesuchte „Verschlingungszahl“. Es zeigte sich, daß dadurch eine symmetrische Form auf der Torsions-Untergruppe der ersten Homologiegruppe von M definiert war, deren Auswertung auf einer Basis die genannte Matrix lieferte (Seifert 1933). ♠

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  23. Seiferts Vermutung wurde später von Martin Kneser und dem Schüler Seiferts, Dieter Puppe, bestätigt (Kneser und Puppe 1953).

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  24. Vgl. (Seifert 1934, 579, Anm. 5) und (Wendt 1937, 690, Anm. 8).

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  25. Aus heutiger Sicht aber doch nicht ganz, denn immerhin ist Tietzes Frage inzwischen für Knoten positiv beantwortet, vgl. Anm. 58 in Kapitel 8.

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  26. (Ebd., 159); dabei habe ich, auf den Fall von Knotenprojektionen eingeschränkt, die abgekürzte Dehn-sche Terminologie expliziert.

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  27. Reidemeister an H. Naumann, zitiert nach (Artzy 1972, 97).

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  28. Hakens Algorithmus fand naheliegenderweise besonderes Interesse unter Logikern. Schon kurze Zeit später erhielt Haken eine Professur in Urbana, Illinois, wo auch Boone arbeitete. Zu Hakens späterer Laufbahn, in welcher sein Beitrag zu einem computergestützten Beweis des Vierfarbensatzes einen Höhepunkt darstellte, vgl. (MacKenzie 1999).

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  29. Ausgangspunkt dieser Arbeiten war wiederum eine Untersuchung bestimmter Flächen im Knotenkomplement, mit Techniken, die zuerst H. Kneser angedeutet hatte (Kneser 1929). Historische Informationen hierzu in (Epple 1999a, § 30); eine Einführung in die Methoden des Beweises gibt (Hemion 1992).

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  30. Vgl. § 4. Eine knappe Skizze dieser Umwege gibt (Epple 1999a, § 32).

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  31. Die Zitate aus dem Flaggenerlaß nach (Schappacher und Kneser 1990, 48). Eines der auf dem Nürnberger Parteitag von 1935 beschlossenen Rassengesetze, das „Reichsflaggengesetz“, hatte das Hissen der Flagge an privaten Gebäuden an nationalen Feiertagen für „Deutsche“verpflichtend vorgeschrieben, den „Juden“dagegen verboten.

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  32. Für eine umfassende Dokumentation der Emigration von Mathematikern aus Deutschland sei nochmals auf (Siegmund-Schultze 1998) verwiesen.

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  33. Zu einer grundsätzlicheren Analyse der politischen und moralischen Beziehungen zwischen der Profession Mathematik und dem NS-Staat vgl. (Mehrtens 1994a); zu Natur- und Technikwissenschaften allgemein (Mehrtens 1994b).

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  34. Diese Informationen sind (Toepell 1991) entnommen.

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  35. Die Informationen dieses Absatzes sind dem Interview mit H. Seifert entnommen, vgl. Anm. 22. -Trefftz war Schriftleiter der Zeitschrift für angewandte Mathematik und Mechanik (ZAMM) und nahm dort (z.B. in Rezensionen) bisweilen kritisch Stellung gegen „deutsche Wissenschaftler“. — Zu Threlfalls Berufung nach Frankfurt vgl. auch Kap. 9, Anm. 46.

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  36. Diese Informationen sind (Einhorn 1983, 249) entnommen.

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  37. Vgl. (Tietze 1942a), Vorwort und S. 1.

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  38. Bei der Einführung dieser zahlentheoretischen Hilfsmittel zog es Tietze außerdem vor, statt auf Minkowskis Originalarbeiten — den Namen nannte er immerhin — auf einen Enzyklopädie-Artikel des inzwischen als Nazi wohlbekannten Vahlen zu verweisen (ebd., 20).

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  39. (Ebd., 30 f.). Vgl. Müllers spätere Rhetorik der „tiefsten Geheimnisse“etc., § 59. Tietze war die Betonung eines integrativen Rationalitätsmusters mathematischer Forschung so wichtig, daß er sie mehrfach wiederholte und im Vorwort der gedruckten Broschüre noch einmal eine „deutliche Warnung vor jeder einseitigen Vernachlässigung einzelner Gebiete“aussprach.

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  40. (Ebd., 33). Hervorhebung im Original.

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  41. Eine allgemeine Übersicht über die Beziehungen zwischen mathematischer Forschung und Kriegführung in Deutschland gibt (Mehrtens 1996).

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  42. Vgl. (Toepell 1991), Einträge zu Hantzsche, Willy Walter und Wendt, Hilmar.

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  43. Informationen dieses Absatzes wiederum aus dem Interview mit H. Seifert, vgl. Anm. 22.

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  44. Vgl. zur Operations Analysis in der amerikanischen Luftwaffe (McArthur 1990), zum Bletchley Park-Projekt (Hodges 1983/1989).

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  45. Vgl. (Epple 1999a, §§ 27–28).

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  46. Vorwort der Schriftleitung des Zentralblattes fir Mathematik zu (Reidemeister 1932). Das Stichwort der „modernen“Gebiete wurde in diesem Vorwort zu einer Reihe, die das alte Projekt der Enzyklopädie der mathematischen Wissenschaften ersetzen sollte, übrigens mehrfach betont.

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  47. Das zeigt z.B. das Motto dieses Kapitels, oder auch die vorige Anmerkung.

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  48. Vgl den Bericht von Fox auf dem Internationalen Mathematiker-Kongreß von 1950 über die ersten Resultate der Gruppe in Princeton (Fox 1950); näheres dazu in (Epple 1999a, § 27 ff.).

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© 1999 Friedr. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig/Wiesbaden

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Epple, M. (1999). Ein Erstes Paradigma? Knotentheorie Nach 1930. In: Die Entstehung der Knotentheorie. Vieweg+Teubner Verlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80295-8_12

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