Zusammenfassung
Strenggenommen reicht die Kenntnis der Zustandsvariablen (dies sind — neben Temperatur, Druck etc. — Art und Zahl der involvierten Teilchen) aus, um mit Hilfe der Schrödingergleichung (oder genauer ihrer relativistischen Verallgemeinerung, der Dirac-Gleichung) die Gleichgewichtszusammensetzungen, Strukturen, ja sogar die äußere Gleichgewichtsform, d.h. die Gestalt des Festkörpers, zu errechnen. Dies ist jedoch in Anbetracht der Vielteilchenproblematik in aller Regel eine rein akademische Aussage. Erst recht gilt dies für instationäre Systeme. Selbst bei Separation der Elektron- von der Kernbewegung, selbst bei Behandlung der Systeme in der zeitunabhängigen Einelektronennäherung unter Vernachlässigung relativistischer Effekte sind Berechnungen dieser Art auf die einfachsten Beispiele beschränkt und noch dort sind Unsicherheiten in der numerischen Lösung häufig in der Größenordnung der interessanten Unterschiede, etwa wenn es um die Betrachtung der relevanten kristallographischen Struktur geht. So ist die gängige Vorgehensweise in der Regel eine Kombination von chemischem a-priori-Wissen in bezug auf die atomaren und molekularen Eigenschaften und a-posteriori-Wissen in bezug auf die krist allographische Struktur.
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Literatur
Dieser Ansatz stammt von L. Pauling [15] und entspricht einer Linearkombination von Atomorbitalen (LCAO) [16], wie er in der Molekülorbitaltheorie [17] populär wurde.
In Einklang mit der üblichen Literatur wird hierbei die Diracsche Klammer-Schreibweise benutzt, die die Funktionen als Vektoren gebildet aus dem unendlichen Satz ihrer Funktionswerte auffasst (Vektoren im Hilbert-Raum): <c| bezeichnet das komplex Konjugierte zu |c>, das Ska-larprodukt <c|d> ist dann die Summe über die Produkte der einzelnen Funktionswerte, also das Integral über das entsprechende Produkt der Funktionen. Das Amplitudenquadrat <c|c> ist ein Maß für die Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons in dem durch c bezeichneten Orbital. Die Linearkombination ist natürlich eine Näherung. Diejenige, die der geringsten Energie entspricht, ist somit nicht identisch mit der “wahren Funktion”, aber immerhin stellt das leicht zu beweisende Variationstheorem sicher, dass sie ihr von allen alternativen Linearkombinationen am nächsten kommt. Die Variationsrechnung führt im Falle einer Linearkombination auf ein gewöhnliches Minimaxproblem in den Koeffizienten und zu den oben angegebenen Lösungen, wie in allen Lehrbüchern der Quantenchemie (z.B. [18–21]) ausgeführt. Eine klare Behandlung der physikalischen Grundlagen gibt Ref. [22]
In bezug auf das diffizile Zusammenspiel zwischen kinetischer und potentieller Energie als Funktion des Kernabstandes und ihre Bedeutung für die chemische Bindung, vgl. Ref. [23].
Ein Dipolmoment tritt auch auf, wenn im Molekül XY sowohl X wie auch Y die gleiche Ladung zugeordnet wird. Dieser “homöopolare Dipolanteil” beruht auf einer Unsymmetrie der zwischen den Kernen angehäuften Elektronendichte (Überlappung “verschieden großer Orbitale”).
Beim LiH wechselwirken nicht nur die beiden s-Orbitale, sondern auch ls(H) und 2p(Li). Diese tragen allerdings nicht merklich zur Bindung bei.
Beim AgCl beträgt die zur Bildung getrennter gasförmiger Ionen Ag+ und Cl- aus den neutralen gasförmigen Komponenten Ag und Cl (bezogen auf 300K) ca. 3.8eV (IAg ≃ 7.55eV, ACl = 3.76eV). Das Zusammenbringen zum gasförmigen “Salzmolekül” (Gewinn von |Δz∈| = 6.9eV) erst führt zur Freisetzung von Energie (3.1eV).
Vgl. auch Gl. (2.12c) mit X- ≡ e-.
Zur Schwierigkeit und Abgrenzung der Begriffe “lokalisiert” und “delokalisiert” sowie zur Korrespondenz von lokalen Bindungen und Gesamtmolekülorbitalen in Riesenmolekülen vgl. Ref. [19, 30,31]. Insbesondere zeigt sich, dass das lokale Bindungsmodell für den Grenzfall des Kovalenzkri-stalles mit gefüllten Bändern und signifikanter Lücke auch im Vielteilchensystem eine äquivalente Beschreibung bietet (“äquivalente Orbitale”). Ähnliches gilt für den Ionenkristall. Hier ist das lokale Bild sogar vorzuziehen, weil die Anionen- und Kationenzustände kaum überlappen. Jedoch versagt es naturgemäß bei der metallischen Bindung und den in Abschnitt 2.1.5 diskutierten Übergangsformen.
Ein Band ist fast voll, das überlappte höhere fast leer (s. Abschnitt 2.2)
Dass die Elektronegativität hier nicht der entscheidende Parameter ist, zeigt die Tatsache, dass das typische Metall Kupfer eine ähnliche Elektronegativität wie das Halbmetall Bi besitzt.
Da die Elektronen sehr schnell sind und sich quasi stets auch bei variierendem Kernabstand (r) das elektronische Gleichgewicht bzgl. r einstellt, können Elektronen- und Kernproblem entkoppelt werden. In der für die Kernbewegung zuständigen effektiven Schrödingergleichung spielt die elektronische Energie die Rolle einer potentiellen Energie. Aus diesem Grund rechtfertigt sich der Name “Potentialfunktion” für ∈(r).
Molekular-Dynamik-Simulation oder kurz MD-Simulation.
Der Ausdruck “Computerexperiment” ist nicht allzu ernstzunehmen. Es handelt sich um numerische Mathematik mit künstlichem Input und nicht um ein Experiment, bei dem ja “Fragen an die Natur” gestellt werden. Allerdings lässt sich ähnlich wie beim Experiment die Antwort auf variable “äußere” Bedingungen studieren.
Ein Gegenstand intensiver Untersuchung sind die Bindungsverhältnisse als Funktion der Teilchenzahl. Dies ist insbesondere beim oligomeren Clusterzustand von Interesse.
Die folgende Betrachtung zeigt, dass im Falle von NaCl-Clustern sich in energetischer Hinsicht das Festkörperverhalten sehr schnell einpendelt: Es sei a(N) die mittlere Energie pro Teilchen an der Oberfläche, b(N) die entsprechende mittlere Energie im Innern, so gilt näherungsweise für die Gesamtenergie eines Kubus E = 6aN2/3 + b (N — 6N2/3) bzw. für die Energie pro Teilchen E/N ≃ 6(a-b)N-1/3 + b. (Der Cluster sei allerdings doch so groß, dass Kanten- und Eckeneffekte vernachlässigbar sind.) Nach Ref. [38] ist diese Beziehung mit konstanten a- und b-Werten schon für extrem kleine NaCl-Cluster erfüllt (N≥10).
Im realen Na-Kristall ist die defizitäre Situation wegen der höheren Koordinationszahl (8) noch ausgeprägter.
Vgl. hierzu Ref. [24]. Auf die Ähnlichkeit zur Situation des bei der sp2-Hybridisierung verbleibenden p-Elektrons in konjugierten Kohlenwasserstoffen wurde bereits im Abschnitt 2.1.4 hingewiesen, wenngleich auch keine Elektronenmangelsituation in strengem Sinne vorherrscht.
Dies darf aber nicht als Beleg für die Dominanz der kinetischen Energie bei der Molekülbildung gewertet werden, da im genäherten Bild die Aufteilung in Ekin und Epot nicht die korrekte ist.
Zusätzlich zum Problem des Elektrons im Kasten ist zu berücksichtigen, dass die Amplitudenfunktion der Bloch-Welle die Periodizität erfüllt sowie an den Sprungstellen des Potentials stetig und differenzierbar bleibt [40–42].
Die Lösungen des Kronig-Penney-Problems sind gegenüber Abb. 2.9 geringfügig verändert [41].
An diesen Stellen kommt die Periodizität als “Bindung der Elementarzellen” zum Ausdruck. Man vgl. die Aufspaltungen in Abb. 2.9 mit Abb. 2.2.
LCAO-MO-Theorie in Hückel-Näherung (“tight binding”).
Auch hier ist nur in grober Vereinfachung das Überlappungsintegral vernachlässigt. Die Berücksichtigung desselben führt analog zum X2-Problem (s. Abb. 2.2) dazu, dass der Antibin-dungseffekt verglichen mit dem Bindungseffekt stärker ausgeprägt ist. (Der Ausdruck auf der rechten Seite von Gl. (2.32) ist dann noch durch 1 + 2S cos ka zu dividieren.)
Im Dreidimensionalen ist Gl. (2.32) entsprechend zu modifizieren. Die entsprechende Behandlung für das kubisch primitive Gitter liefert eine analoge Beziehung, allerdings mit einer Summe von drei Cosinusfunktionen. Dadurch werden im Band Energien zwischen α + 6β und α — 6β möglich, und Gl. (2.33) ist entsprechend zu modifizieren.
Eine ausführliche Diskussion gibt Ref. [30].
Im Modell des fast freien Elektrons im eindimensionalen periodischen Kasten in Abb. 2.9 liegen Maxima und Minima übereinander, da ja die unterbrochene Parabel resultieren muss. Betrachtet man die ε(k)-Funktionen reiner s-Bänder (H-, He-Kette) liegen die Maxima übereinander. In diesem Falle ist schließlich für k=0 der am meisten bindende Zustand realisiert (alle Atomfunktionen haben gleiches Vorzeichen), während im Zustand höchster Oszillation alternierend entgegengesetztes Vorzeichen auftritt, dies entspricht dem am meisten antibindenden Zustand. Bei der Überlappung von p-Zuständen zu σ-Bindungen liegt umgekehrt das Maximum bei k=0 (s. z.B. [44]).
Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass unter Normalbedingungen die angenommene äquidistante H-Kette in höchstem Maße künstlich ist. Eine Kette aus H2-Paaren hat natürlich eine sehr viel geringere Energie. Solch eine Störung der Translationssymmetrie infolge der Absenkung der Energie durch lokales Aneinander- und Auseinanderrücken bezeichnet man als Peierls-Verzerrung. Sie tritt auch bei solchen eindimensionalen Systemen auf, bei denen man dies vom molekularen Standpunkt her nicht unbedingt erwarten würde (vgl. Polyacetylen, Abb. 6.15 S. 289).
Dies ist nicht unbedingt richtig bei schmalen Bändern. (Wegen zu geringer Überlappung ist hier u.U. keine Bandleitung möglich.) (Abschnitt 2.2.5) Man beachte, dass ein durch das Mott-Hubbard-Kriterium [45] gegebener Teilchenabstand nicht überschritten werden darf, damit Delokalisierung möglich ist (s. Abschnitt 2.2.5)
Solche Überlappungen sind in Anbetracht der Bandbreite im Kristall und der Abstände der scharfen Energiezustände im isolierten Atom ja nicht überraschend.
Beim Si befindet sich beim Gleichgewichtsabstand das oberste antibindende s-Orbital oberhalb des p-Pendants. Dies entspricht nicht der Abb. 2.13. Die dort angegebenen Verhältnisse entsprechen eher dem des Germaniums [47]. Allerdings kommt es auf solche Feinheiten hier nicht an.
Man beachte, dass Kovalenz und Ionizität nicht unabhängig voneinander sind.
Bismut hat 5 Außenelektronen, weist aber 2 Atome pro Gitterzelle auf und bildet sozusagen Paare (Bi2 als kleinste strukturelle Einheit).
Bei Metallen ist in der Leitfähigkeit eine effektive Elektronenkonzentration in Rechnung zu stellen, die (d∈/dk) am Ferminiveau proportional ist.
vgl. hierzu etwa Ref. [41,47]
Das Kronig-Penney-Modell ist natürlich für genauere Rechnungen unbrauchbar. Heutzutage ist es für die Behandlung von Halbleiterübergittern [48] wieder aktuell geworden.
Das Pseudopotential wirkt als — vergleichsweise schwache — effektive Störung des freien Elektrons.
Sehr hilfreich ist der Sachverhalt, dass — wie die Gesamtenergie — die Korrelationsenergie ein Funktional der Elektronendichte darstellt. Nicht zuletzt für den Beweis diese Theorems wurde W. Kohn [50] mit dem Chemie-Nobelpreis des Jahres 1998 ausgezeichnet.
Aufgrund dieser schlechten Konvergenz wird die Reichweite der elektrostatischen Wechselwirkung in bezug auf die Chemie der Ionenkristalle häufig falsch eingeschätzt. Es kann gezeigt werden, dass eine Summation über geeignet zusammengefasste NaCl-Einheiten zu einer schnellen Konvergenz führt (das effektive Coulomb-Potential verfällt dann mit der fünften Potenz des Abstandes) [51]. Ein direkter Beleg der Dominanz der unmittelbaren Nachbarschaft gibt auch die Information, dass sich selbst bei ausgeprägten Ionenkristallen Sublimations- und Verdampfungsenergie nur sehr wenig unterscheiden [52]. Vgl. hierzu Bild 2.4 sowie Fußnote 20 auf S. 36.
Man vergewissere sich stets, ob die M adelungskonstante (so wie hier) auf den kürzesten Kation-Anion-Abstand, auf die Gitterkonstante, auf die Kantenlänge eines gerade die Formeleinheit enthaltenden Würfels bezogen ist, ob der größte gemeinschaftliche Teiler der Ladungen in f einbezogen ist oder nicht etc. Vgl. hierzu [53,54,25]
Vgl. hierzu Ref. [53].
Eine sehr gute Behandlung bietet Ref. [31].
Die van-der-Waals-Bindung zwischen nächsten Nachbarn ist in Ec-c einbezogen. Siehe hierzu auch Ref. [24].
s. etwa Ref. [24,65,67,68]
Letzteres an der Schwelle zum Metall.
Die Entsprechnung zu diesen “Grundstrukturen” bildet die Diskussion “(atomar) angeregter Strukturen” in Abschnitt 5.2.
Sozusagen dazwischen anzusiedeln ist die Rolle der Gitterschwingungen der Teilchen im perfekten Zustand. Sie werden in Kap. 3 behandelt.
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Maier, J. (2000). Bindungsaspekte: Vom Atom zum Festkörper. In: Festkörper — Fehler und Funktion. Teubner Studienbücher Chemie. Vieweg+Teubner Verlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80120-3_2
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