Zusammenfassung
Das krebsartige Auswuchern des kreativen Individuums, das sich auf Kosten des Betrachters und /oder Konsumenten egozentrisch Ausdruck verschaOt, hat von der Kunst her den Großteil des Kunsthandwerks erfasst und greift nun auf das Design über. Künstler, Kunsthandwerker und in manchen Fällen auch Designer denken bei der Arbeit nicht mehr an das Wohl des Konsumenten; vielmehr sind ihre zahlreichen kreativen Aussagen höchst individualistische, autotherapeutische kleine Kommentare des Künstlers an die eigene Adresse. Schon Mitte der zwanziger Jahre kamen Stühle, Tische und Schemel auf den Markt, die von Wijdeveldt in Holland in Anlehnung an De Stijl entworfen wurden: kantige, in grellen Primärfarben bemalte Abstraktionen, auf denen man kaum sitzen konnte; sie waren äußerst unbequem. An den spitzen Ecken zerriss man sich die Kleidung und die ganze verrückte Konstruktion stand in keinem Verhältnis zu den menschlichen Körpermaßen. Diese fehlgeleiteten Versuche, die zweidimensionale Malerei Piet Mondrians und Theo van Doesburgs in «Wohnmöbel» umzusetzen, ?nden heute Parallelen. Gewinnbringende kleine Unternehmen in Italien und Japan stellen unglaublich teure Neuau?agen einiger der schlimmsten Quälgeister an Tischen und Stühlen aus den zwanziger und dreißiger Jahren her und werfen sie auf den Markt.
Guter Geschmack ist die erste Adresse für die Unsicheren. Menschen mit gutem Geschmack kaufen eifrig des Kaisers alte Kleider. Guter Geschmack ist die wichtigste Zuflucht des Unkreativen. Er ist der Tod des Künstlers. Guter Geschmack betäubt die Öffentlichkeit. Harley Parker
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Rights and permissions
Copyright information
© 2009 Springer-Verlag/Wien
About this chapter
Cite this chapter
Papanek, V. (2009). Der Mythos vom edlen Banausen: Design, ‚Kunst‘ und Kunsthandwerk. In: Design für die reale Welt. Edition Angewandte. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-211-78893-6_3
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-211-78893-6_3
Publisher Name: Springer, Vienna
Print ISBN: 978-3-211-78892-9
Online ISBN: 978-3-211-78893-6