Auszug
Das Kontokorrent — auch laufende Rechnung genannt1 — ist zwar eine vom kaufmännischen Verkehr entwickelte Einrichtung2; sie hat aber in den §§ 355ff HGB und seit dem 1. 1. 2007 in den §§ 355ff UGB ihre gesetzliche Regelung gefunden3. Der praktisch wichtigste Anwendungsfall des Kontokorrents ist das Bankkonto (zB Girokonto; revolvierender Kontokorrentkredit). An sich handelt es sich beim Kontokorrent aber um einen bürgerlich-rechtlichen Vertrag4, doch hat man dessen Regelung im Zuge der Handelsrechtsreform5 trotzdem nicht ins ABGB transferiert. Der Gesetzgeber ist nämlich davon ausgegangen, dass Kontokorrentverhältnisse, an denen nicht mindestens ein Unternehmer beteiligt ist, nahezu ausgeschlossen sein dürften6. Sollte einmal eine Kontokorrentvereinbarung zwischen zwei Verbrauchern geschlossen werden, so ist ohnedies die analoge Anwendung der §§ 355ff UGB auf das uneigentliche7 Kontokorrent geboten8.
Allerdings ist eine laufende Rechnung auch ohne diese speziellen Wirkungen der kontokorrentmäßigen Verrechnung möglich. Dazu Rz 2/1 aE.
W. Jud, Der Stand der Handelswissenschaft zur Zeit Keplers und die Entstehung des Kontokorrents, Kepler-GedS (1975) 615; Dullinger in Jabornegg, HGB § 355 Rz 1; Krejci, HR1 252; Schuhmacher in Straube, HGB I § 355 Rz 1.
In dem vor 1939 in Geltung gestandenen AHGB war das Kontokorrent nicht definiert und die gesetzliche Regelung beschränkte sich auf die Zinseszinsen und die Zeit des Rechnungsabschlusses (Art 291). — Zur Rechtslage in der Schweiz siehe Art 117 OR; dazu Bucher, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil ohne Deliktsrecht2 (1988) 412 ff; Kleiner, Bankkonto — Giro- und Kontokorrentvertrag, Schluep-FS (1988) 273, 275.
EBzRV 1058 BlgNR 22. GP 56; Schauer, ÖJZ 2006, 75.
BGBl I 2005/120.
EBzRV 1058 BlgNR 22. GP 56f; Schauer in Krejci, RK § 355 UGB Rz 1.
Dullinger in Jabornegg, HGB § 355 Rz 3; Krejci, HR1 254.
EBzRV 1058 BlgNR 22. GP 57. Zum Erfordernis der ausdrücklichen Vereinbarung von Zinseszinsen siehe OGH 1 Ob 83/01i in SZ 74/137; Dullinger in Jabornegg, HGB § 355 Rz 3; Schuhmacher in Straube, HGB I § 355 Rz 4. — Demgegenüber wird in Deutschland wegen des Zinseszinsverbots nach § 248 Abs 1 BGB eine analoge Anwendung der §§ 355 HGB auf das Kontokorrent unter Nichtkaufleuten abgelehnt: K. Schmidt, Handelsrecht5 618 mwN in FN 24.
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Literatur
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P. Bydlinski, Die Bürgschaft im österreichischen und deutschen Handels-, Gesellschafts-und Wertpapierrecht (1991)
derselbe, Bürgenhaftung für Kontokorrentkredite, ÖBA 1992, 879
Canaris, Funktionen und Rechtsnatur des Kontokorrents, Hämmerle-FS (1972) 55
derselbe; Handelsrecht23 (2000)
Dullinger, Handbuch der Aufrechnung (1995)
G. Graf, Bankgeschäfte und HGB-Reform, in Harrer/ Mader (Hrsg), Die HGB-Reform in Österreich (2005) 71
Holzhammer, Allgemeines Handelsrecht und Wertpapierrecht8 (1998)
Krejci, Grundriß des Handelsrechts1 (1995)
Nirk, Beweislast und Prozeßökonomie bei einer Saldo-Kontokorrentklage, Merz-FS (1992) 401
Ostheim, Probleme des österreichischen Bankenrechts, JBl 1977, 352
Liebig, Kontokorrent — Aufrechnung — abgabenbehördliche Verrechnung: Gemeinsamkeiten und Unterschiede, Finanzprokuratur-FS (1995) 121
Schauer, Handelsrechtsreform: Die Neuerungen im Vierten und Fünften Buch, ÖJZ 2006, 64
K. Schmidt, Handelsrecht5 (1999)
Wessels, Die Saldoklage, WM 1997, 1509.
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Apathy, P. (2008). Das Kontokorrent. In: Österreichisches Bankvertragsrecht. Springers Handbücher der Rechtswissenschaft. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-211-77339-0_2
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