König der Handschellen

Zusammenfassung

Den Zuschauern war aufgetragen worden, den Atem anzuhalten. Nach einer halben Minute schnappten die meisten nach Luft, während sich der Mann hinter dem Vorhang nach wie vor in einem engen wassergefüllten Stahltank befand, in dem er kopfüber und an den Füßen gefesselt versenkt worden war. Nach zwei Minuten betrat Franz Kokol, einer der Assistenten Houdinis, mit einer Axt in der Hand die Bühne, offenkundig beunruhigt und bereit, den Tank zu zerstören. Kokol zögerte, Sekunden später öffnete sich der Vorhang, Houdini trat auf die Bühne, erschöpft, lässig triumphierend und vor allem lebendig. In seinen Händen mehrere offene Handschellen und Vorhangschlösser. Berlin hatte, darüber waren sich die Medien wie zuvor in London und New York einig, die aufregendste Show des Jahres 1912 erlebt.

Der vorliegende Text zu Houdini wurde 2000 in Der Standard veröffentlicht. Die Erweiterungen verdanken sich zum größten Teil der langjährigen engen Zusammenarbeit zum Thema mit Brigitte Felderer und folgendem gemeinsamen Text: Am Spielplatz rarer Künste. Zu den Geschichten der Zauberkunst. In: Brigitte Felderer, Ernst Strouhal (Hrsg.): Rare Künste. Zur Kultur- und Mediengeschichte der Zauberkunst. Wien 2007, S. 11–31.