Auszug
Das Problem der intellektuellen Kritik fällt nicht mit der Kritik (von was auch immer) durch Intellektuelle zusammen. Das ist eine prinzipielle, keine situative Frage. Als Maximen im aufgenötigten Umgang damit empfiehlt sich einiges Wenige: Man bestehe auf der Plausibilität von Kritik (also Erörterbarkeit ihrer Genauigkeit und Schärfe) bezogen auf einen Gegenstand und mißtraue jedem darüber hinausgehenden Gestus, der behauptet, daß es in einer Gesellschaft eine bestimmte für Kritik qualifizierte Spezies (oder auch nur Gruppe gleichbleibender Individuen) gebe: Früher Pfaffen, dann Klassenkämpfer, Apologeten und Demagogen aller möglichen Einfärbung, heute Literaten, >Denker< und >Intellektuelle<. Sodann: Man akzeptiere keine Renegaten, mißtraue ihnen, weil deren späte Erleuchtungen doch nichts anderes sein können als die zu verwerfenden, peinigenden und beschämenden Irrtümer der Zukunft. Und zwar aus logischen Gründen. Weiter rechne man damit, daß das Fatum des Menschlichen und die Tatsache, Mensch zu sein, nicht erlaubt, die Mängel der intellektuellen Kritik bis zur Verdammung der Figur oder des Objektes irgendeines Kritikers zu radikalisieren. Es sind — zuweilen und nicht selten leider — exekutorische Exempel, aber es sind nicht darin dingfest zu machende verworfene Individuen, die sich als ganze oder wahre darin enthüllen oder entpuppen. Das würde gegen eine verfehlte Kritik nur praktizieren, >vollstrecken<, was an ihnen verworfen wird: eben daß sie exterminative Interessen pflegen.
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Literatur
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Reck, H.U. (2007). Ästhetik als Kritik. In: Huber, J., Stoellger, P., Ziemer, G., Zumsteg, S. (eds) Ästhetik der Kritik oder Verdeckte Ermittlung. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-211-70899-6_18
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