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Nichts als Passivitäten?

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Auszug

Effekte erzeugen Affekte. Das ist bei Kunstformen so. Das ist bei Kritiken so, zumal bei einer Kritik, die in Gestus und Stil von sich behaupten kann, selbst Kunst zu sein. Sie widerfährt ihren Lesern. Vor allem widerfährt sie den Künstlern unter ihren Lesern. Die durch kritische Effekte erzeugten Affekte sind mitunter heftig. Dann tut Kritik weh — immer wieder jedenfalls. Schmerzen sind Affekte, von denen wir spätestens seit Wittgenstein wissen, dass sie irrtumsimmun sind. Das Subjekt, das in seinem Selbstbewusstsein Schmerzen empfindet, zweifelt im Zustand der Empfindung keinen Augenblick, dass es Schmerzen hat. Schmerzen widerfahren Menschen. Kritische Wortschmerzen werden von Kritikern vor allem bei Künstlern erzeugt. Sie mögen die aktive Reaktion des Kritikers auf jenes Erleiden sein, dass ihn etwa beim Anblick eines Bildes oder dem Besuch einer performance ereilt. Diese in seinen Augen erlittenen Rezeptionsschmerzen vermag ein versierter Kritiker auf das Eleganteste in Sprache umzusetzen. Aus dem kritischen Akt der Wahrnehmung wird eine erste Ebene der Praxis der Kritik generiert. Rezeptive Passivität schlägt in aktive Schreibeffekte um. Wenn nun aber die durch die Kritik erzeugten Wortschmerzen eine gewisse Grenze erreichen, dann gerät wiederum die von der Kritik erzeugte schmerzliche Passivität in der Person des Künstlers unversehens zur höchsten Aktivität. Manchmal schlägt die Aktivität in Gestalt des verletzten Künstlers sogar handgreiflich um sich, nicht wild, sondern präzise den Kritiker als Verursachungsprinzip schmerzlicher Passivitäten treffend.

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Literatur

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© 2007 Institut für Theorie der Gestaltung und Kunst (ith), www.ith-z.ch, und Voldemeer AG, Zürich

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Schaede, S. (2007). Nichts als Passivitäten?. In: Huber, J., Stoellger, P., Ziemer, G., Zumsteg, S. (eds) Ästhetik der Kritik oder Verdeckte Ermittlung. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-211-70899-6_14

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