Auszug
In Deutschland und Österreich wurden und werden Fragen der Patientenselbstbestimmung gleichermaßen intensiv diskutiert. Während es in Deutschland einige höchstrichterliche Entscheidungen gibt, existiert in Österreich eine gesetzliche Regelung zu Patientenverfügungen. Damit ist Österreich Deutschland einen wichtigen Meilenstein voraus. In Deutschland steht die parlamentarische Diskussion zu einem Gesetz zu Patientenverfügungen nach einzelnen Anläufen im Embryonalstadium. Die Absicht der Veränderung mit der klaren Zielvereinbarung einer gesetzlichen Regelung findet sich im Koalitionsvertrag der Regierungspartner mit dem Titel: „Gemeinsam für Deutschland. Mit Mut und Menschlichkeit“ vom 18. 11. 2005. Dort wird ausgeführt: „Patientenrechte. Den begonnenen Weg zu einer stärkeren Patientenpartizipation setzen wir mit dem Ziel fort, die Informations- und Beteiligungsrechte der Patientinnen und Patienten auszubauen und die Transparenz zu erhöhen. Die Rechtssicherheit von Patientenverfügungen wird gestärkt.“1 Unter dem Abschnitt „Unsere Gesellschaft ist toleranter geworden“ wird die politische Absicht konkreter gefasst: „Sie nimmt auf Minderheiten Rücksicht. Sie akzeptiert unterschiedliche Lebensentwürfe. Unsere Rechtspolitik wird diese Entwicklung weiter begleiten und fördern. Die Koalitionspartner schlagen vor, in der neuen Legislaturperiode die Diskussion über eine gesetzliche Absicherung der Patientenverfügung fortzuführen und abzuschließen“.2
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CDU, CSU und SPD, Mit Mut und Menschlichkeit. Gemeinsam für Deutschland; Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 16. Wahlperiode des Deutschen Bundestages (2005) 43.
Vgl die Übersicht bei A. T. May/R. Charbonnier (Hrsg), Sterbehilfe zwischen Selbstbestimmung und Fürsorge (2005).
Nationaler Ethikrat, Stellungnahme Selbstbestimmung und Fürsorge am Lebensende (2006) 8.
Bundesministerium der Justiz, Arbeitsgruppe „Patientenautonomie am Lebensende“, Bericht „Patientenautonomie am Lebensende: ethische, rechtliche und medizinische Aspekte zur Bewertung von Patientenverfügungen“ (2004) 6, http://www.bmj.bund.de/media/archive/695.pdf.
Vgl I. Kant, Kritik der praktischen Vernunft, AA Bd V 44.
J. P. Beckmann, Patientenverfügungen: Autonomie und Selbstbestimmung vor dem Hintergrund eines im Wandel begriffenen Arzt-Patient-Verhältnisses, Zeitschrift für Medizinische Ethik 1998, 149.
J. F. Fries, Philosophische Rechtslehre, in G. König/L. Geldsetzer (Hrsg), Jakob Friedrich Fries. Sämtliche Schriften Band 9 (1971) 27.
I. Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, AA Bd IV 440.
V. Gerhardt, Selbstbestimmung in der Biopolitik, Vorgänge 2006/3, 38.
G. Schweizer, Moralische Taschenrechner, Die Zeit 2000/47.
Vgl C. Gilligan, In a Different Voice: Psychological Theory and Woman’s Development (1982); C. Gilligan, Die andere Stimme. Lebenskonflikte und Moral der Frau (1984).
Vgl R. Tong, The Ethics of Care: A Feminist Virtue Ethics of Care for Healthcare Practioners Journal of Medicine and Philosophy (1998) 131–152. Tong unterscheidet feministische Tugendethik von narrativer Ethik, Careethik und Tugendethik.
Vgl M. O. Little/R. M. Veatch (Hrsg), Themenheft The Chaos of Care and Care Theory, Journal of Medicine and Philosophy 1998.
Einen ausführlichen Überblick dazu vermittelt: W. T. Reich, Art. Care, I. History of the Notion of Care, in W. T. Reich (Hrsg), Encyclopedia of Bioethics 1995, 319–331.
Vgl Cura Sage, in W. T. Reich (Hrsg), Art. Care, I. History of the Notion of Care, in W. T. Reich (Hrsg), Encyclopedia of Bioethics 1995, 320.
Ausführlich bei R. Tong, The Ethics of Care: A Feminist Virtue Ethics of Care for Healthcare Practioners, Journal of Medicine and Philosophy 1998, 131–152.
J. W. Goethe, Faust. Der Tragödie zweiter Teil, in E. Trunz (Hrsg), Goethe. Faust (1989) 344 Zeile 11432.
Vgl R. Flöhl, Gegen den Hochverrat an der Fürsorge, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 18. 10. 1997.
U. Körtner, Grundkurs Pflegethik (2004) 92.
Vgl T. L. Beauchamp/J. F. Childress, Principles of Biomedical Ethics (2001) 12 f.
Übersetzung des Verfassers: „subject to revision“; vgl T. L. Beauchamp/J. F. Childress, Principles of Biomedical Ethics (1994) 105.
Vgl H. T. Engelhardt, The Foundations of Bioethics (1996) 58.
Kammer für Öffentliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Deutschland, Sterben hat seine Zeit. Überlegungen zum Umgang mit Patientenverfügungen aus evangelischer Sicht (2005) 6.
Nationaler Ethikrat, Stellungnahme Patientenverfügung. Ein Instrument der Selbstbestimmung (2005) 10.
Vgl A. T. May, Verfügungsliste. Liste vorsorglicher Verfügungen wie Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung, Stand: 6. 10. 2006, http://www.medizinethik.de/verfuegungen.htm (8. 10. 2006).
Vgl J. G. Meran/S. Geißendörfer/A. T. May/A. Simon, Möglichkeiten einer standardisierten Patientenverfügung. Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums der Gesundheit (2002) 109.
Kammer für Öffentliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Deutschland, Sterben hat seine Zeit. Überlegungen zum Umgang mit Patientenverfügungen aus evangelischer Sicht (2005) 13.
Nationaler Ethikrat, Stellungnahme Patientenverfügung. Ein Instrument der Selbstbestimmung (2005) 9.
Nationaler Ethikrat, Stellungnahme Patientenverfügung. Ein Instrument der Selbstbestimmung (2005) 10.
Bundesärztekammer, Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung, Deutsches Ärzteblatt 2004/101, 1298 f.
K. Kutzer, Der Bericht der Arbeitsgruppe „Patientenautonomie am Lebensende“ des Bundesjustizministeriums vom 10. 6. 2004, in A. T. May/R. Charbonnier (Hrsg), Sterbehilfe zwischen Selbstbestimmung und Fürsorge (2005) 62.
Kammer für Öffentliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Deutschland, Sterben hat seine Zeit. Überlegungen zum Umgang mit Patientenverfügungen aus evangelischer Sicht (2005) 19.
Zentralkomitee der deutschen Katholiken, Zur rechtlichen Verbindlichkeit von Patientenverfügungen. Kernforderungen zur anstehenden Neuregelung der Patientenverfügung im deutschen Betreuungsrecht (2006) 4.
Kammer für Öffentliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Deutschland, Sterben hat seine Zeit. Überlegungen zum Umgang mit Patientenverfügungen aus evangelischer Sicht (2005) 23.
Nationaler Ethikrat, Stellungnahme Patientenverfügung. Ein Instrument der Selbstbestimmung (2005) 19.
M. Quante, Personales Leben und menschlicher Tod (2002) 286.
Die Bindung des Personenstatus an kognitive Fähigkeiten wird für das Lebensende konstituiert und Engelhardt liefert in den „Foundations of Bioethics“ eine Definition von Personen (vgl C. Holzem, Patientenautonomie. Bioethische Erkundigungen über einen funktionalen Begriff der Autonomie im medizinischen Kontext [1999] 81–84) im engeren Sinne: Solche Wesen sind moralische Subjekte, rational und fähig in Übereinstimmung mit einem rationalen Plan des Lebens auszuwählen. Personen im engeren Sinne werden durch die Sittlichkeit gegenseitigen Respekts und Wohltätigkeit geschützt. Sie sollen nicht ohne ihre Einwilligung behandelt werden oder an Experimenten teilnehmen, wenn sie dieses Recht nicht abgetreten haben („Persons strictly. Such entities are moral agents, rational, able to choose freely according to a rational plan of life, and are possessed of a notion of blameworthiness and praiseworthiness. Persons strictly are protected by the moralities of mutual respect and of beneficence. They may not be treated or experimented on without their consent [unless they have ceded that right])“ (vgl H. T. Engelhardt, The Foundations of Bioethics [1986] 145, Übersetzung des Verfassers). Diese Definition stellt hohe Anforderungen an eine Person, und es bleibt fraglich, welcher Grad an Rationalität des Planes des Lebens hier gemeint ist. Engelhardt unterscheidet zwischen striktem Personsein und sozialem Personsein.
Enquete-Kommission „Ethik und Recht der modernen Medizin“ des Bundestages, Zwischenbericht Patientenverfügungen (2004), Bundestagsdrucksache 15/3700, 39.
Enquete-Kommission „Ethik und Recht der modernen Medizin“ des Bundestages, Zwischenbericht Patientenverfügungen (2004), Bundestagsdrucksache 15/3700, 39.
E. Bernat, Planungssicherheit am Lebensende, EF-Z 2006, 45.
Enquete-Kommission „Ethik und Recht der modernen Medizin“ des Bundestages, Zwischenbericht Patientenverfügungen (2004), Bundestagsdrucksache 15/3700, 39.
G. D. Borasio, Selbstbestimmung im Dialog. Die Beratung über Patientenverfügungen als Ausdruck ärztlicher Fürsorge, in C. Meier/G. D. Borasio/K. Kutzer (Hrsg), Patientenverfügung: Ausdruck der Selbstbestimmung — Auftrag zu Fürsorge (2005) 44 f.
Nationaler Ethikrat: Stellungnahme Patientenverfügung. Ein Instrument der Selbstbestimmung (2005) 21.
Kammer für Öffentliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Deutschland, Sterben hat seine Zeit. Überlegungen zum Umgang mit Patientenverfügungen aus evangelischer Sicht (2005) 17.
Nationaler Ethikrat, Stellungnahme Patientenverfügung. Ein Instrument der Selbstbestimmung (2005) 34 (Empfehlung 13).
Enquete-Kommission „Ethik und Recht der modernen Medizin“ des Bundestages, Zwischenbericht Patientenverfügungen (2004), Bundestagsdrucksache 15/3700, 43.
Bundesministerium der Justiz, Arbeitsgruppe „Patientenautonomie am Lebensende“: Bericht „Patientenautonomie am Lebensende: ethische, rechtliche und medizinische Aspekte zur Bewertung von Patientenverfügungen“ (2004) 12, http://www.bmj.bund.de/media/archive/695.pdf.
Nationaler Ethikrat, Stellungnahme Patientenverfügung. Ein Instrument der Selbstbestimmung (2005) 19.
E. Gillen, Wie Ethik Moral voranbringt (2006) 174.
Nationaler Ethikrat, Stellungnahme Patientenverfügung. Ein Instrument der Selbstbestimmung (2005) 24 f.
Bundesministerium der Justiz, Arbeitsgruppe „Patientenautonomie am Lebensende“, Bericht „Patientenautonomie am Lebensende: ethische, rechtliche und medizinische Aspekte zur Bewertung von Patientenverfügungen“ (2004), http://www.bmj.bund.de/media/archive/695.pdf.
Nationaler Ethikrat, Stellungnahme Patientenverfügung. Ein Instrument der Selbstbestimmung (2005) 18.
Enquete-Kommission „Ethik und Recht der modernen Medizin“ des Bundestages, Zwischenbericht Patientenverfügungen (2004), Bundestagsdrucksache 15/3700, 39.
M. Peintinger, Therapeutische Partnerschaft. Aufklärung zwischen patientenautonomie und ärztlicher Selbstbestimmung (2003) 98.
A. May/S. Niewohner/J. Bickhardt/H. Kreß/S. Rothärmel, Standards für die Beratung zu Patientenverfügungen, Ethik in der Medizin (2005) 332–336.
Bundesministerium der Justiz, Arbeitsgruppe „Patientenautonomie am Lebensende“, Bericht „Patientenautonomie am Lebensende: ethische, rechtliche und medizinische Aspekte zur Bewertung von Patientenverfügungen“ (2004) 12, http://www.bmj.bund.de/media/archive/695.pdf.
V. Gerhardt, in Nationaler Ethikrat, Veranstaltung am 24. 11. 2004 in Münster zu „Selbstbestimmung am Lebensende“ (2004) http://www.ethikrat.org/veranstaltungen/pdf/Wortprotokoll_Muenster_2004-11-24.pdf.
S. Schardien, Menschenwürde und Sterbehilfe — wider einfache Vorgaben, in P. Dabrock/L. Klinnert/S. Schardien (Hrsg), Menschenwürde und Lebensschutz. Herausforderungen theologischer Bioethik (2004) 314 f.
Die deutschen Bischöfe, Das Lebensrecht des Menschen und die Euthanasie, Nr 4, 1. 6. 1975, abgedruckt in Evangelische Kirche in Deutschland und Deutsche Bischofskonferenz (Hrsg), Sterbebegleitung statt aktiver Sterbehilfe. Eine Textsammlung kirchlicher Erklärungen, Gemeinsame Texte 17 (2003) 10.
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May, A.T. (2007). Patientenverfügungen — Rivalität oder Verbindungslinien zwischen den medizinethischen Prinzipien Patientenautonomie und Fürsorge. In: Körtner, U.H.J., Kopetzki, C., Kletečka-Pulker, M. (eds) Das österreichische Patientenverfügungsgesetz. Schriftenreihe Ethik und Recht in der Medizin, vol 1. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-211-70877-4_1
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