Schlussbetrachtungen und Zusammenfassungen

Zusammenfassung

Man kann sich fragen, ob die in dieser Arbeit gesammelten Hinweise auf die tardi- und postglazialen Gletscheroszillationen in den südrätischen Alpen im Rahmen bisheriger Studien stehen (vgl. Vorbemerkungen) oder ob darüber hinaus auch neue Erkenntnisse über das Verhalten des späteiszeitlichen Eisstromnetzes gewonnen werden konnten. Bis zu einem gewissen Grade kann letztere Frage bejaht werden, denn dank dem grösseren Untersuchungsgebiet zeichnet sich ein für die Südalpen allgemein gültiges Schema im Verhalten der einzelnen Eisströme ab: Im älteren Tardiglazial, d.h. im Poschiavo-, Pozzulasc- bzw. Zernez-, Livigno- bzw. Bormio-, Premadio/ Isolaccia-Stadium bestanden noch weitgehend intakte Eisstromnetze der Haupt- und Seitentäler, wobei noch fast alle hochwürmeiszeitlichen Eistransfluenzen aktiv waren (Bernina- pass, Forcola di Livigno, La Stretta, Passo d’Eira, Foscagno- pass, Trelinapass, Valle di Fraele; Verva-, Dosdè- und Viola- pass). Im jüngeren Tardiglazial, d.h. seit der Zeit des Daun- Stadiums, welches sicher älter als das Alleröd- und wohl auch älter als das Bölling-Interstadial ist, also um 13 000 bis 14 000 BP, beginnen die Eisstromnetze im La Rösa- bzw. Tre- palle- bzw. A. Campo-Stadium sich in einzelne grössere Karoder Seitengletscher aufzulösen. Alle diese weitgehend selbständig gewordenen Gletscher stiessen aber nochmals kräftig oft bis zur Seitentalmündung vor. Erst gegen Ende des Spät- glazials, also etwa zur Zeit der Jüngeren Dryas im Egesen- Stadium, waren alle Eisstromnetze vollständig zu kleinen bis mittleren Kargletschern aufgelöst, die im Cavaglia- bzw. Fos- cagno- bzw. Dosde I-Stadium letztmals kräftig vorstiessen. In den meisten Fällen erreichten damals die Gletscher letztmals über neuzeitliche Grössenordnungen hinausreichende Ausdehnungen.