Zusammenfassung
Bei der Erklärung der an irdischen Gasen beobachtbaren Erscheinungen spielt die Betrachtung der Wirkungen, die von den zwischen einzelnen Gasmolekeln außerordentlich häufig stattfindenden Zusammenstößen ausgehen, bekanntlich eine sehr große Rolle. Dabei wird unter einem Zusammenstoße eine solche Annäherung zweier Gasmolekeln aneinander verstanden, bei der gewisse, in größeren Entfernungen nicht wirkende Kräfte besonderer Art, die man als Molekularkräfte zu bezeichnen pflegt, in Erscheinung treten und die Geschwindigkeiten der beiden zusammenstoßenden Teilchen sowohl ihrer Größe als auch ihrer Richtung nach verändern. Dagegen werden die zwischen diesen winzigen Körperchen, wie zwischen allen materiellen Partikeln wirkenden Gravitationskräfte, wegen ihrer verschwindenden Kleinheit nicht in Erwägung gezogen und ein Gravitationspotential nur in den Fällen zur Erklärung des dynamischen Verhaltens einer Gasmasse herangezogen, wenn letztere die Größenordnung eines Weltkörpers (z. B. der Sonne) erreicht oder sich das betrachtete Gas an der Oberfläche eines solchen, also in einem «äußeren», nicht von ihm selbst herrührenden Gravitationsfelde befindet, wie das z. B. für die Erdatmosphäre der Fall ist. Wenn wir uns nun in diesem Kapitel der Betrachtung eines «Sterngases», also einer isoliert im Raume schwebenden Ansammlung von Sternen, wie sie uns in unserem Galaktischen System und in anderen Sternsystemen entgegentreten, zuwenden, so müssen wir natürlich in erster Linie die Frage erörtern, inwiefern die Berücksichtigung oder Vernachlässigung der beiden oben erwähnten Faktoren unter den hier vorliegenden Verhältnissen berechtigt erscheint. Wie wir gleich sehen werden, unterscheidet sich ein «Sterngas» in wesentlichen Beziehungen von einem «gewöhnlichen» Gase, wenn auch seine Theorie weitgehende Analogien zu der klassischen Gastheorie aufweisen wird.
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Literatur
Die nachfolgenden Überlegungen sind zuerst von J. H. Jeans in seinen Büchern: Problems of Cosmogony and Stellar Dynamics (1919) S. 224 ff. und Astronomy and Cosmogony (1928) S. 308 ff. mitgeteilt worden. Vgl. auch W. M. Smart, Stellar Dynamics (1938) S. 315, woher auch die hier benutzte Figur stammt.
Die Berechnung der bei Begegnungen von Sternen stattfindenden Energieumsätze und, im Anschlusse daran, die Bestimmung der sog. «Relaxationszeitn eines Sternsystems ist von C. V. L. Charlier in einer Reihe von Arbeiten (Lund Medd. Ser. I, Nr. 69, 70 undinsbesondere 79, und Lund Medd. Ser. II, Nr. 16, 1917), sowie von K. Schwarzschild in einer aus seinem Nachlasse in der Seeliger-Festschrift (Probleme der Astronomie, S. 94 ff., 1924) abgedruckten Abhandlung durchgeführt worden. Leider enthält letztere Arbeit einen Fehler, der auch von anderen Autoren (S. Chandrasekhar, Strömgren-Festschrift, 1940, L. Spitzer, Jr. M. N. 100, 396,1940) übernommen worden ist. Da die allgemeine, völlig richtige Ableitung von CHARLIER ziemlich umständlich ist, während die ihr von S. Rosseland (Monthly Notices R. A. S. Bd. 88, S. 208, 1928) gegebene einfachere Form umgekehrt von etwas zu speziellen Voraussetzungen ausgeht, schließt sich die hier gegebene Darstellung einer Arbeit von W. Fricke (Zeitschrift f. Astrophysik, Bd. 20, S. 268 ff., 1941) an, die den Schwarzschild’schen Gedanken unter Vermeidung des obenerwähnten Fehlers zu Ende führt.
Heckmann und H. Siedentopf, Zeitschrift f. Astrophysik, Bd. 1, S. 67 (1930) = Veröffentlichungen Göttingen 13.
Da dE sowohl positiv als negativ sein kann (Energiegewinne und -verluste) muß man, um den mittleren Energieumsatz zu erhalten, den quadratischen Mittelwert, also den Mittelwert der Grölen (4E) 2 bilden. Siehe S. Rosseland, M.N. 88, S. 208 ff. (1928).
M. N. 76, 70 (1915), Problems of Cosmogony, S. 229 ff (1919). Astronomy and Cosmogony, S. 355 ff. (1929).
Lund Medd. Ser. I, Nr. 69/70 (1913), Ser. II, Nr. 16 (1917).
Boltzmann, Vorlesungen über Gastheorie, I, S. 132. J. H. Jeans, Dynamical Theory of Gases, S. 228 (1919).
C.V. L. Charmer, Statistical Mechanics based on the Laws of Newton, Lund Medd. Ser. II, Nr. 16 (1917); s. auch W. Fricke, ZS. für Astrophys. Bd. 19, S. 325 (1940).
C. F. Lundahl, Lund Medd. Ser. II, Nr. 45 (1926) hat die Untersuchungen CHARLIERS auch auf die «Kollisionen-Funktion» D (f) für ein Sternsystem ausgedehnt.
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von der Pahlen, E. (1947). Das Sterngas. In: Einführung in die Dynamik von Sternsystemen. Lehrbücher und Monographien aus dem Gebiete der Exakten Wissenschaften, vol 1. Birkhäuser, Basel. https://doi.org/10.1007/978-3-0348-6883-9_2
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