Zusammenfassung
Das Ballett ‹Der grüne Tisch› von Kurt Jooss ist ein derart dramatischer Ausdruck des verzweifelten prophetischen Aufschreis, wie er sich nur denken läßt. In der Ballettgeschichte ist es wichtig als bedeutendstes Beispiel einer Bewegung, die Jooss anführte, um vor allem männlichen Tänzern Neues in Form, Aussehen, Zweckbestimmung und Funktion zu verleihen. Aber es ist auch einer der großartigsten Kommentare zum Krieg im Repertoire der darstellenden Künste. Es erfaßt praktisch jedes Thema, das zeichnende Künstler moderner Zeit in ihrem Werk verwendet haben. Es besitzt die Schönheit eines schrecklichen Alptraums und erinnert an viele mittelalterliche Visionen vom Triumph der Dunkelheit — wie in John Gowers erschreckendem lateinischen Gedicht aus dem 14. Jahrhundert, in dem der Träumende wunderschöne Blumen betrachtet, die sich vor seinen Augen in rachsüchtige und mörderische Gesichter verwandeln. Er wird geweckt durch Lärm auf den Straßen. Als er aufsteht und ans Fenster eilt, stellt sich heraus, daß es die Schreie eines rebellischen Pöbels von mörderischen Gesichtern sind, die London niederbrennen und plündern. In diesem Sinn spricht das Jooss-Ballett Empfindungen an, die zutiefst in Geschichten und Märchen gründen, wie jedes Kind sie kennt; dort liegt seine Ausdruckskraft ebenso wie in der stilisierten Choreographie und den dissonanten Klängen des Jazzpianos, das die Musik dazu liefert.
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Bruckner, D.J.R., Chwast, S., Heller, S. (1984). Friede, Friede! Und doch kein Friede. In: Kunst Gegen den Krieg. Birkhäuser, Basel. https://doi.org/10.1007/978-3-0348-6746-7_25
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