Die Bedeutung des Akademiestreites von 1830 für die vergleichende Biologie

Zusammenfassung

Am 15. Februar 1830 kam es in der Pariser Académie Royale des Sciences zum Eklat: zwei ehemalige Freunde standen sich in aller Öffentlichkeit feindlich gegenüber. Insgesamt zog sich der Streit über mehrere Monate hin und wurde trotz der politischen Unruhen auf dem Pariser Pflaster selbst vom Ausland her mit großem Interesse verfolgt, so beispielsweise von Johann Wolfgang Goethe. Man hat im Nachhinein vielfach davon gesprochen, daß sich der Streit um die Frage der Evolution, besser ausgedrückt um die Frage der Transformation der Arten gedreht habe. Georges Cuvier, Altmeister der vergleichenden Anatomie und Begründer der modernen Paläontologie hätte sich gegen diesen Transformismus ausgesprochen, der von Geoffroy Saint-Hilaire, ehemaliger Begleiter Napoleons bei dessen ägyptischem Abenteuer, unterstützt worden wäre. Die Akademie hätte sich zugunsten des einflußreichen und angesehenen Cuviers entschieden, womit der Evolutionismus für den Rest des 19. Jahrhunderts aus Frankreich verbannt gewesen wäre und England so die Möglichkeit gehabt hätte, mit Charles Darwin die führende Rolle in den biologischen Wissenschaften zu übernehmen. Tatsächlich hat aber nach P. Flourens (1865), dem selbsternannten Advokaten Cuviers (Coleman, 1964), die Akademie keinerlei Stellung bezogen außer jener, daß die anstehende Frage nicht mit einer verbalen Auseinandersetzung gelöst werden könne.