Zusammenfassung
«Wahrheiten», bemerkte Descartes, «werden eher von einem Manne entdeckt als von einer Nation.» Die Generationen, die Galilei, Vesalius, Harvey und Malpighi hervorbrachten, benötigten neue Foren der Wissenschaft, auf denen die von Einzelnen entdeckten Wahrheiten zur gegenseitigen Bereicherung und für andere Entdecker allerorten zusammengetragen wurden. Die Wissenschaftsgemeinden wurden zu Parlamenten der Wissenschaftler, in denen die Umgangssprachen gesprochen wurden. Das Angebotene mußte nicht Teil eines großen Bedeutungsschemas sein. Es genügte, daß es «interessant», ungewöhnlich oder neuartig war. Die Grenzen zwischen Wissenschaft und Technik, zwischen dem Professionellen und dem Amateur verschwammen. Aus einem neuen Mechanismus des Informationsaustauschs entwickelte sich ein neues Zuwachskonzept der Wissenschaft.
Die Wissenschaft selbst hingegen kann nur wachsen.
Galilei, Dialog (1632)
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Einige Literaturhinweise
J. M. Zimans anregende Aufsätze Public Knowledge (1968) und The Force of Knowledge (1976), denen ich viel verdanke, erschließen den Weg von der Wissenschaftsgeschichte zur typisch modernen Wissenschaftsorganisation. Natürlich bietet die Wissenschaftsgeschichte allgemein eine umfassende Literatur, und die Entscheidung, wo man anfangen soll, fällt nicht leicht. Der Philosoph und Mathematiker Alfred North Whitehead bietet eine klare und literarische Einführung in die Abenteuer des wissenschaftlichen Denkens, besonders in seinen Werken Science and the Modern World (1931) und Adventures of Ideas (1933). Weitere leicht zugängliche Bücher sind: H. Butterfield, The Origins of Modern Science (1957);
Owen Gingerich (Hg.), The Nature of Scientific Discovery (1975), ein Symposium aus Anlaß des 500sten Geburtstags von Kopernikus; Loren R. Graham, Between Science and Values (1981);
A. R. Hall, The Scientific Revolution 1500–1800 (1954);
F. A. Hayek, The Counter-Revolution of Science (1979);
Andrei S. Markovits and Karl W. Deutsch (Hsg.), Fear of Science - Trust in Science (1980), ein Symposium mit hübsch polemischen Aufsätzen einiger führender Wissenschaftshistoriker; Robert K. Merton, Science, Technology and Society in Seventeenth-Century England (1970) and The Sociology of Science (1973), äußerst aufschlußreiche Aufsätze über die Grenze zwischen der Gesellschaft und dem wissenschaftlichen Denken; Joseph Needham, The Grand Titration: Science and Society in East and West (1959);
Karl Pearson, The Grammar of Science (1957);
H.T. Pledge, Science Since 1500 (1959);
Derek J. de Solla Price, Science Since Babylon (1961);
Cyril S. Smith, A Search for Structure (1981), einige bahnbrechende Aufsätze über Wissenschaft, Kunst und Geschichte; Lynn Thorndike, A History of Magic and Experimental Science (8 Bde., 1923–58), reich an Dokumenten für das siebzehnte Jahrhundert.
Für das europäische Irrdeal und die akademische Tradition vergleiche Francis Bacons Adcancement of Learning (1605), sein Novum Organum (1620), and his New Atlantis (1626), alle in Great Books of the Western World, Bd. 30, und ansonsten in World’s Classics of the Oxford University Press (1929).
Es gibt eine Reihe wissenschaftlicher und lesbarer Werke iiher das Entstehen dessen, was ich als Parlament der Wissenschaft bezeichne: Frances A. Yates, The French Academies of the Sixteenth Century (1947);
Martha Ornstein, The Role of Scientific Societies in the Seventeenth Century (3. Aufl., 1938 );
Diana Crane, Invisible Colleges: Dion of Knowledge in Scientific Communities (1972);
Harcourt Brown, Scientific Organizations in Seventeenth-Century France (1620–1680). (1934). Für heutige Gegenstücke vergleiche die folgenden Publikationen aus dem Congressional Research Service der Library of Congress und die Hearings and Reports on Migrations and Movements of Scientists: The Evolution of International Technology (1970) and Toward a New Diplomacy in a Scientific: Age (1970).
Für Mersenne fange man an mit A. C. Crombie’s Artikel, «Mersenne», im Dictionary of Scientific Biography, Bd. 9, pp. 316–22. Einen Überblick über alle Materialien Mersennes gibt R. Lenoble, Mersenne ou la naissance du Mécanisme (1943). Entscheidendes über Mersenne sagt natürlich seine Korrespondenz aus, hrsg. von Cornelis de Waard and others (1932). Vgl. auch: R. H. Popkin, History of Scepticism from Erasmus to Descartes (1964);
Frances A. Yates, Giordano Bruno and the Hermetic Tradition (1964);
und das von A.C. Crombie and A. Carugo angekündigte Werk Galileo and Mersenne: Science, Nature and the Senses in the Sixteenth and Early Seventeenth Centuries.
Die Leidenschaft der Enthusiasten und das Mißtrauen der Gegner lassen sich nachvollziehen an Bischof Thomas Sprat’s History of the Royal Society (1667; Faksimile, Washington University Studies, 1958). Sprat stellt iibertriebene Behauptungen über die Organisation auf, die damals erst sieben Jahre alt war und kaum begonnen hatte, ihre Stärken zu zeigen. Wie Galilei und Harvey kleidete er sich in den Mantel der Klassiker und den «des ältesten aller Autoren, der Natur», doch seine Behauptung, ein Schüler Francis Bacons zu sein und sein Eintreten für das Neue zeigen, (laß er eine neue Richtung einschlägt. Eine bewundernswerte Einführung zu Sprat ist der Artikel von Hans Aarsleff im Dictionary of Scientific Biography, Bd. 12, pp. 580–87. In A. Rupert Halls Artikel (Band 10, S. 200–3) findet sich dort auch die beste Kurzeinführung zu Oldenburg. Die Atmosphäre, die Leidenschaften und Hoffnungen dieser Frühzeit der Wissenschaftsparlamente lassen sich nirgends besser nachvollziehen als in A. Rupert Hall and Marie Boas Hall (Hg.), The Correspondence of Henry Oldenburg (12 Bde., 1965). Diese Herausgeber haben zahlreiche Artikel in wissenschaftsgeschichtlichen Zeitschriften über Oldenburg und seine Stellung in den wissenschaftlichen Kontroversen seiner Zeit p roduzie rt.
Einige der besten Mathematiker gehörten auch zu ihren wirksamsten Popularisierern. Eine groBe genußreiche Einführung bietet Alfred North Whitehead, An Introduction to Mathematics (Home University Library, 1911 ). Weitere für den Laien reizvolle Bände sind: W. W. Rouse Ball, A Short Account of the History of Mathematics (1960);
E.T. Bell, Men of Mathematics (1937), eine meisterhafte Vermenschlichung der Geschichte an den Biographien von Mathematikern; Tobias Dantzig, Numbers, the Language of Science (1939);
Morris Kline, Mathematical Thought from Ancient to Modern Times (1972);
David Eugene Smith, A Source Book in Mathematics (2 Bde., 1929);
Lancelot Hogben, Mathematics for the Million (1937), eine tour de force ökonomischer Interpretation, die zahllose Anregungen gibt; James R. Newman, World of Mathematics (4 Bde., 1956), eine abwechslungsreiche und witzige Anthologie, und (mit Edward Kasner) Mathematics and the Imagination (1940);
und David Eugene Smith und Yoshio Mikami, A History of Japanese Mathematics (1914).
Gut einlesen in Simon Stevin kann man sich in dem bewundernswerten Artikel von M.G.J. Minnaert im Dictionary of Scient f c Biography,Bd. 13, pp. 47–51, mit Bibliografie, und D.J. Dijksterhuis, Simon Stevin: Science in the Netherlands Around 1600 (1970). Stevin’s «Art of Tenth’s» ist abgedruckt in D. E. Smith’s Source Book (s.o.). Über die Entstehung des Dezimalsystems gibt es brauchbare Artikel in Isis von George Sarton in Bd. 21 (1934), pp. 241–303, und in Bd. 23 (1935), pp. 153–244; und von Dirk Struik in Bd. 25 (1936), pp. 46–56.
Die Beziehung zwischen der Entwicklung der Mathematik und wissenschaftlichen Instrumenten und Instrumentenmacherei läßt sich an einer Reihe reizvoller Werke verfolgen: William Cunningham, Alien Immigrants to England (1969), Maurice Daumas, Scientific Instruments of the Seventeenth and Eighteenth Centuries (1972);
E.J. Dijksterhuis, The Mechanization of the World Picture (1969);
Derek Howse, Greenwich Observa-tory: the Buildings and Instruments (1975) und Francis Place and the Early History of the Greenwich Observatory (1975);
Rupert Hall, «The Scholar and the Craftsman in the Scientific Revolution», in Critical Problems in the History of Science (Institute for the History of Science, Proceedings, 1959), pp. 3–23; Henri Michel, Scientific Instruments in Art and History (1966);
W. E. Knowles Middletons unerläßliche Führer, The History of the Barometer (1964) und A History of the Thermometer (1966);
S. Weir Mitchell, The Early History of Instrumental Precision in Medicine (1891).
Die Probleme, Maßstäbe für Maße und Gewichte zu schaffen, weckten ebenso politische, ökonomische wie wissenschaftliche Leidenschaften. Die Verfechter des metrischen Systems als eines gesellschaftlichen Allheilmittels sind auch heute noch aktiv. Für die Geschichte im Abendland vergleiche: George Sarton, A History of Science (2 Bde., 1970) für das Altertum; William Hallock and Herbert T. Wade, Outlines of the Evolution of Weights and Measures and the Metric System (1906);
Henri Moreau, Le Système Métrique: des Anciennes Mesures au Système International d’Unité (1975);
Edward Nicholson, Men and Measures: A History of Weights and Measures Ancient and Modern (1912);
U.S. National Bureau of Standards Special Publications, U.S. Metric Study Interim Report, «A History of the Metric System Controversy in the United States» (1971), und A Metric America: A Decision Whose Time has Come (1971);
Ronald E. Zupko, French Weights and Measures Before the Revolution (1978).
Um ein qualifizierter Biograph des geheimnisvollen und äußerst widersprüchlichen Newton zu sein, muß der Historiker selber fast newtonsche Begabung haben. Richard S. Westfall’s Never at Rest: A Biography of Isaac Newton (1980) gelingt es wunderbar, unter Verwendung der Fakten von Newtons Leben dessen Theorien zu veranschaulichen, und umgekehrt. Den lesenswertesten Überblick über Newtons Denken geben die Werke von I. Bernard Cohen, der über eine bemerkenswerte Begabung verfügt, die Wissenschaft für den Laien zu interpretieren. Der Leser könnte anfangen mit seinem Werk Franklin and Newton: An Inquiry into Speculative Newtonian Experimental Science and Franklins Work in Electricity as an Example Thereof (1956). Cohen hat auch den hervorragenden Artikel über Newton im Dictionary of Scientific Biography,Band 10, S.42–101 geschrieben (der im Anhang einen aufschlußreichen Überblick über die sowjetische Literatur über Newton von A. P. Youschkewitsch bietet). Man vergleiche auch Cohens umfangreichere Introduction to Newton’s Principia (1971). Es gibt zahlreiche Ausgaben und Faksimiledrucke von Newtons Principia. Eine praktische Quelle für den amerikanischen Leser ist Great Books of the Western World,Bd. 34, indem auch Newtons Opticks nachgedruckt sind.
Über Newton gibt es eine umfangreiche Bibliographie, die in Co-hens obigen Artikel gut dargestellt ist. Alexander Koyré hat einige elegante Aufsätze geschrieben, die uns von Newton in die große Welt der Philosophie entführen: From the Closed World to the Infinite Universe (1957);
Newtonian Studies (1965); Metaphysics and Measurement (1968). Für eine erfrischende Betrachtung einiger vernachlässigter Aspekte Newtons vergleiche Frank E. Manuel, Isaac Newton, Historian (1963), eine gründliche Exploration von Newtons Anwendungen der Astronomie und der biblischen Prophezeihung auf die Geschichte mit der Implikation für seine Wissenschaft, und A Portrait of Isaac
Newton (1968), das hauptsächlich auf Newtons Frühzeit und psychologische Probleme abhebt und ein noch unsympathischeres Porträt als das bereits bekannte zeichnet. Unter Henry Guerlacs zahlreichen Werken auf diesem Gebiet verdanke ich am meisten seinem glänzenden Artikel «Where the Statue Stood: Divergent Loyalties to Newton in the Eighteenth Century», in Earl R. Wasserman (Hg.), Aspects of the Eighteenth Century (1965). Für weitere Aspekte Newtons vgl.: A. Rupert Hall, Philosophers at War: The Quarrel between Newton and Leibniz (1980), der die Kontroverse in den umfassenderen Kontext des europäischen wissenschaftlichen Denken jener Zeit stellt; Sir John Craig, Newton at the Mint (1946);
Marjorie Hope Nicolson, Newton Demands the Muse: Newton’s «Opticks» and the Eighteenth-Century Poets (1946), das niemand auslassen sollte, der sich für die Ursprünge der englischen Romantik interessiert; J. D. North, Isaac Newton (1967);
Richard S. Westfall, Science and Religion in Seventeenth-Century England (1958).
Zur wachsenden Bedeutung der Priorität der Wissenschaft vergleiche: die soziologischen Schriften von Robert K. Merton, besonders «Priorities in Scientific Discovery», in The Sociology of Science (1973);
Lyman R. Patterson, Copyright in Historical Perspective (1968);
James D. Watson, The Double Helix: A Personal Account of the Discovery of the Structure of DNA (1968).
Rights and permissions
Copyright information
© 1985 Springer Basel AG
About this chapter
Cite this chapter
Boorstin, D.J. (1985). Die Wissenschaft wird öffentlich. In: Die Entdecker. Birkhäuser, Basel. https://doi.org/10.1007/978-3-0348-6650-7_12
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-0348-6650-7_12
Publisher Name: Birkhäuser, Basel
Print ISBN: 978-3-0348-6651-4
Online ISBN: 978-3-0348-6650-7
eBook Packages: Springer Book Archive