Kosmische Urgewalten

Zusammenfassung

Damit wir aber eine reiche Fruchternte der unvermuteten Wunder einbringen, die uns bis in unsere Tage verborgen geblieben sind, sollten wir in der Zukunft unser Ohr wieder den weisen Philosophen leihen, deren Gedanken über die Substanz des Himmels ganz verschieden waren von denen des Aristoteles. Er selbst wäre wohl von ihren Ansichten nicht sehr weit abgewichen, wäre auch sein Wissen durch unseren gegenwärtigen Augenschein bestimmt gewesen, denn er erkannte der offenkundigen Erfahrung nicht nur eine wichtige Rolle für die Überlegungen zu, die wir auf physikalische Probleme verwenden, sondern er wies ihr sogar den ersten Platz dabei an. Wenn er also die dauernde Unveränderlichkeit der Himmelswelt behauptete, weil man ja über die ganzen Zeitläufe dort keine Veränderungen wahrgenommen habe, so dürfen wir wohl annehmen, er wäre sicherlich unseres Sinnes geworden, hätten ihm seine Augen alle unsere wunderbaren Entdeckungen offenbart, die uns zu unserer festen Meinung geführt haben. Wenn ich nun den himmlischen Dingen eine Veränderlichkeit zuweise, so glaube ich dennoch, daß ich den Lehren des Aristoteles weniger widerspreche, als es in Wirklichkeit diejenigen tun, die den Himmel nach wie vor als unwandelbar ansehen wollen; denn ich bin mir gewiß, daß für ihn die Unveränderlichkeit des Himmels nicht so sicher war wie die Tatsache, daß allem menschlichen Nachdenken die unmittelbare Erfahrung vorangehen muß. Also werden alle, die nur solchen Lehrsätzen zustimmen, die auf unbezweifelbaren Beobachtungen beruhen, als die besseren Philosophen anzusehen sein als jene, die auf Meinungen beharren, die durch den klaren Augenschein widerlegt und nur durch Vermutungen gestützt werden.

Aus einem Brief des Galileo Galilei an einen seiner Gönner, Florenz, 1612