Zusammenfassung
Wie jeder andere Wissenschaftler, so besaß auch Einstein seinen Teil an vorgefaßten Meinungen und Vorurteilen, und es war das für ihn so untypische Versäumnis, eine dieser stillschweigenden Annahmen zu hinterfragen, das «zum größten Schnitzer meines Lebens» führen sollte, wie er es später einmal ausdrückte. Als er 1917 zum ersten Mal die Gleichungen der Allgemeinen Relativitätstheorie anwandte, um ein theoretisches Modell des Kosmos zu entwerfen, fand er es trotz all seiner Bemühungen unmöglich, ein statisches, unveränderliches Universum zu konstruieren: Stets ergab sich eine Expansion. Daß das Universum anders als unveränderlich sein könne, erschien ihm absurd, und um diese unglückliche Aussage zu umgehen, verstümmelte Einstein seine eigene Theorie, indem er einen willkürlichen mathematischen Term einführte, um den Kosmos statisch zu halten. Zwölf Jahre später, im Jahre 1929, fand der amerikanische Pionier der Astronomie Edwin Hubble, daß die Galaxien sich mit einer Geschwindigkeit proportional ihrer Entfernung von uns fortbewegten: Je weiter entfernt sie waren, desto schneller bewegten sie sich. Das Universum dehnte sich also doch aus — wie Einsteins Gleichungen es vorausgesagt hatten. Die Schlußfolgerung, die Einstein ignoriert hatte, stellte sich als diejenige heraus, an die er sich hätte halten sollen; dieses eine Mal hatte ihn sein intellektueller Mut verlassen.
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Literatur
Einen zeitgenössischen Bericht über die Kindertage der Kosmologie einschließlich der Identifikation ferner Galaxien und der Entdeckung ihrer Rotverschiebung gibt Edwin P. Hubbles The Realm ofthe Nebulae (1935; Neuauflage New Häven: Yale University Press, 1985). Ebenfalls von historischem Interesse ist eine Beschreibung der Astronomie aus den 20er Jahren von James Jeans The Universe Around Us (London: Macmillan, 1929). Eine Auswahl kulturhistorischer und wissenschaftlicher Essays finden sich bei Milton K. Munitz Theories ofthe Universe (Glencoe, III.: The Free Press, 1957). Erinnerungen einiger Begründer der modernen Kosmologie sind in Modern Cosmology in Retrospect herausgegeben von Bruno Bertotti, Roberto Balbinot, Silvia Bergia und Andrea Messina (Cambridge: Cambridge University Press, 1990) gesammelt; der Band enthält auch Aufsätze zeitgenössischer Historiker.
Eine gute, moderne Übersicht über den gegenwärtigen Stand der Kosmologie bietet Joseph Silks Der Urknall (Basel: Birkhäuser, 1990). Ancient Light von Alan Lightman (Cambridge: Harvard University Press, 1991) und Kinder der Milchstraße (Basel: Birkhäuser, 1989) von Timothy Ferris erzählen beide die Geschichte der modernen Kosmologie.
Hubble: The Realm of the Nebulae, S. 122.
Ralph A. Alpher und Robert Herman: «Big Bang Cosmology and Cosmic Backbody Radiation» in Modern Cosmology in Retrospect, S. 129–157. Ein Bericht über den Ursprung der modernen Vorstellung des Urknalls von zweien seiner drei Erfinder.
Robert W. Wilson, in «Discovery of the Cosmic Microwave Background» in Modern Cosmology in Retrospect, S. 291–307; in diesem Artikel gibt einer der Entdecker einen historischen Überblick.
Siehe dazu den Bericht von Michael Riordan und David N. Schramm in Die Schatten der Schöpfung ( Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag, 1993 ).
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Lindley, D. (1994). Das expandierende Universum. In: Das Ende der Physik. Birkhäuser, Basel. https://doi.org/10.1007/978-3-0348-6193-9_6
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-0348-6193-9_6
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