Zusammenfassung
Für die Beschreibung der viralen Tätigkeiten wird häufig eine militärische Terminologie verwandt. Ich habe im Zusammenhang mit einer Virusinfektion vom «Eindringen» (engl.: invasion) gesprochen, unsere gegen die Viren gerichteten Mechanismen als «Verteidigung» oder «Abwehr» und die Übernahme der Kommandogewalt über die molekulare Maschinerie der Wirtszelle als «Hijacking» bezeichnet. Wenn wir diesen «Kampf» von unserer Seite des Schlachtfeldes aus betrachten, machen diese Kriegs-Analogien einen Sinn, denn die Viren überfallen eindeutig unsere Zellen und hinterlassen dabei manchmal wirklich sehr schwerwiegende Schäden. Realistisch gesehen, müssen wir häufig aus Überlebensgründen gegen die Viren zu Felde ziehen. Aber vom Standpunkt der Viren aus stellt sich dieses Geschehen ganz anders dar. Es liegt nämlich nicht im «ureigensten» Interesse der Viren, genau die Organismen zu zerstören, die ihre Fortpflanzung erst ermöglichen. Parasiten (und damit auch die Viren) gelten dann als perfekt, wenn sie ihren Wirt in keiner Weise schädigen. Unglücklicherweise entsprechen viele der heute bekannten Viren nur sehr unzureichend diesem Anspruch, da sie zwar einzelnen Individuen noch großen Schaden zufügen können, ohne aber das Überleben der Menschheit oder der Viren insgesamt zu bedrohen. Die Tatsache, daß so ein Schaden meist ein eher zufälliges Ergebnis unvollkommener viraler Evolution ist, sollte uns kaum beruhigen; aber es könnte uns wohl trösten, wenn wir erkennen, daß die weitverbreitete Ansicht von den Viren als schonungslose, einzig auf die Zerstörung lebender Zellen versessene biologische Terroristen absolut ungerechtfertigt ist.
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Scott, A. (1990). Schaden — das Virus nimmt überhand. In: Zellpiraten. Birkhäuser, Basel. https://doi.org/10.1007/978-3-0348-6121-2_9
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