Zusammenfassung
Eines der größten Probleme der Mathematik besteht darin, jemand anderem zu erklären, worum es in ihr geht. Die technischen Fallen ihres Themas, ihre Symbolik und peinliche Genauigkeit, ihre verwirrende Terminologie, ihre scheinbare Lust an langatmigen Rechnungen: dies alles scheint ihre wirkliche Natur zu verdunkeln. Ein Musiker wäre entsetzt, würde man seine Kunst als ,eine Menge auf einer Reihe von Linien gezeichneter Kaulquappen’ zusammenfassen ; das ist aber alles, was das ungeübte Auge auf einem Notenblatt sehen kann. Die Erhabenheit, die Seelenangst, die Anflüge von Gefühlsausbrüchen und die Dissonanzen der Verzweiflung: sie in den Kaulquappen zu erkennen, ist nicht leicht. Sie sind zwar gegenwärtig, jedoch nur in kodierter Form, nicht substantiell. Ebenso stellt der Symbolismus der Mathematik nur ihre kodierte Form, nicht ihr Wesen dar. Auch sie besitzt Erhabenheit, Seelenangst und Anflüge von Gefühlsausbrüchen. Es besteht jedoch ein Unterschied. Selbst ein zufälliger Hörer kann sich an einem Musikstück erfreuen. Nur die Ausführenden müssen in der Lage sein, die Fratzen der Kaulquappen zu verstehen. Musik übt auf fast jeden eine unmittelbare Anziehungskraft aus.
Ich gehe dreimal, und ein Drittel von mir und ein Fünftel von mir werden zu mir addiert; ich kehre voll erfüllt zurück. Was ist die Größe, die dies sagt?
Der Schreiber Ahmôse — Papyrus Rhind
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Stewart, I. (1990). Die Natur der Mathematik. In: Mathematik. Birkhäuser, Basel. https://doi.org/10.1007/978-3-0348-6117-5_1
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