Zusammenfassung
In Lumpen gehüllt und grausam entstellt, saß der Bettler vor dem Kirchenportal. In der Hand hielt er eine hölzerne Klapper, mit der er versuchte, die vorbeieilenden Passanten auf sich aufmerksam zu machen. Schließlich erbarmte sich ein Wundarzt. Er näherte sich der jämmerlichen Gestalt, um ihr ein Almosen zuzustecken. Dabei beobachtete er Seltsames. Der Bettler, erkannte der verblüffte Doktor, hatte sein Gesicht «mit einem rohten Leim dermassen zugerichtet, dass es schiene, als ob es voller dicker Blässlin oder Blätterlin, und den Aussätzigen gleich were». Die Folge der Entdeckung war eine Anzeige beim Magistrat der Stadt; der Bettler wurde verhaftet. Eine gründliche körperliche Untersuchung durch mehrere Mediziner bestätigte den Verdacht: Der angeblich Aussätzige war völlig gesund. Er hatte sein Lepraleiden nur vorgetäuscht, «dass ihm die Leute auss Erbärmde sehr viel stewretten». Beim Verhör gestand der Übeltäter, daß er sich auf die Nachahmung zahlreicher weiterer Krankheiten verstehe. Mit keiner ließe sich jedoch so viel Geld verdienen wie mit dem simulierten Aussatz.
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Eberhard-Metzger, C., Ries, R. (1996). Die Kranken mit dem Löwengesicht. In: Verkannt und heimtückisch. Birkhäuser, Basel. https://doi.org/10.1007/978-3-0348-6025-3_4
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-0348-6025-3_4
Publisher Name: Birkhäuser, Basel
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