Zusammenfassung
Unlängst erschien in einem auflagenstarken Magazin ein großaufgemachter Artikel über das Schicksal einer 13jährigen Schülerin. Unter der Überschrift „Ein Kind wird zerstört“ wußte der Journalist zu berichten, daß dieses Mädchen gegen ihren Willen und den ihrer Mutter „grundlos in eine Anstalt verfrachtet“ wurde. Damit nicht genug, sei der Mutter aufgrund eines kinderpsychiatrischen Gutachtens vom Jugendamt das Sorgerecht entzogen worden. Ein großes Foto von Mutter und Tochter in inniger Umarmung sollte das Unerhörte dieser grausamen Maßnahme noch unterstreichen. Ein vom Reporter befragter Psychologie-Professor brandmarkte das Gutachten des Kinder- und Jugendpsychiaters als „absurd, unwissenschaftlich und verantwortungslos“. Seine Stellungnahme gipfelte in der Feststellung, der „behördlich bestimmte Lebensweg“ (des Mädchens) sei „die Zerstörung eines Kinderlebens“. War dieser Artikel schon von einseitiger klischeehafter Polemik geprägt, so schlug einem auf den daraufhin eingehenden Leserbriefen blanker Haß auf „die“ Psychiatrie und „die“ Psychiater entgegen, deren Hauptanliegen demnach darin bestehe, ihre Patienten krank zu machen und zu quälen. Nun könnte man solche Kolportagen in zweifelhaften Massenblättern achselzuckend ignorieren. Die Erfahrung lehrt uns jedoch, daß bei der Behandlung des Themas „Psychiatrie“ und „Psychiater“ in Medien immer wieder dieser aggressive Tenor zu verspüren ist, so daß wir stets von neuem aufgerufen sind, uns damit auseinanderzusetzen.
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Knölker, U. (1997). Von der Verantwortung des Kinder- und Jugendpsychiaters. In: v. Engelhardt, D. (eds) Ethik im Alltag der Medizin. Birkhäuser, Basel. https://doi.org/10.1007/978-3-0348-5711-6_12
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