Ätiopathologische Forschung und physiologische Chirurgie

Zusammenfassung

Kochers erste, nach seinem Amtsantritt in Fakultät und Inselspital selbständig vorgenommenen Ovariotomien und Kropfoperationen endeten tödlich. Als Grund für diese Mißerfolge gab er die von der Wunde ausgehende Allgemeininfektion (Sepsis) an¹. Sogleich überprüfte er mit um so mehr Aufmerksamkeit seine Wundbehandlung, als er während seiner zwei letzten Assistentenjahre bei seinem Vorgänger 1868/69 — als einer der ersten auf dem europäischen Festland — die im Jahr 1867 von Joseph Lister (1827–1912) veröffentlichte Methode des sogenannten antiseptischen Wundverbands mit Karbolsäure (Phenol) erfolgreich angewandt hatte. Insgesamt war damals die Sterblichkeit in der Chirurgischen Klinik von 15,5% auf 9% gesunken, die Letalität der Operierten von 19% auf 11%, wie aus den von Kochers Hand geschriebenen Jahresberichten der Jahre 1867 und 1868 hervorgeht². Kocher selbst hatte darin namentlich die besseren Erfolge der Operationen

«... zum großen Teil der ausgedehnten Anwendung der antiseptischen Listerschen Verbandmethoden» zugeschrieben und diese Ansicht damit begründet, daß «die Prozentzahl der an Pyämie und Septicämie Verstorbenen... eine viel geringere als früher [sei]³».