Vermächtnis

Zusammenfassung

Den Forscher und Arzt Theodor Kocher beseelte ein hauptsächlicher Beweggrund, die Ausweitung der dem therapeutischen Eingreifen gesetzten Grenzen. Im frühzeitigen Ersatz rational begründeter konservativer Maßnahmen durch theoretisch einleuchtendere radikal-chirurgische Eingriffe sah er als junger Mediziner die einzige Möglichkeit, seine Überzeugung von der Ausrottbarkeit der meisten Leiden mit Aussicht auf eindeutigen Erfolg in Taten umzusetzen. Es galt also, dieser chirurgischen Behandlung neue Anwendungsgebiete zu erschließen, sie immer gefahrloser, ja schließlich physiologisch zu gestalten und damit das Vertrauen von Patienten und nichtoperierenden Ärzten, «ces médecins de vieilles allures», wie er sie einmal nannte, zu gewinnen. Aller Anfang war bescheiden. So heißt es im Bericht über die Frühjahrsversammlung der Medizinisch-Chirurgischen Gesellschaft des Kantons Bern aus dem Jahre 1874 über die Zulässigkeit der Ovariotomie: Der Vortragende Professor Kocher

«sucht durch Vorstellung zweier Patientinnen, welche nach überstandenen sehr schwierigen Operationen jetzt der vollständigsten Gesundheit sich erfreuen, das Zutrauen der Ärzte zu der Operation zu erhöhen».