Zusammenfassung
Die vergleichende Morphologie ist gewiß eine Disziplin der Zoologie; sie berührt sich jedoch unmittelbar mit der Philosophie. Für Adolf Portmann sind die Gestalt des Tierkörpers, die Formen und die Lageverhältnisse der Organe Gegenstände der vergleichenden Morphologie. Dabei ist die Funktion eines Organs oder verschiedener Organkomplexe nur ein Aspekt der Bedeutung; in der gestaltlichen Anordnung des Körperaufbaus liegt noch eine ganz andere Fragestellung verborgen: „Dem technischen Denken fiele es leicht, die Organe eines Wirbeltieres im Inneren unserer Leibeshöhle anders anzuordnen, als wir sie in Wirklichkeit vorfinden, ohne daß sie deswegen schlechter funktionieren müßten. Im Gegenteil — manche Einzelheiten, etwa der Wurmfortsatz des Blinddarms, würde der Biotechniker vielleicht ganz anders gestalten, wenn nicht gar ausschalten! Für keines der inneren Organe gibt es eine zwingende funktionelle Notwendigkeit, welche seine Lage in der Leibeshöhle bestimmen würde.“1 Mit anderen Worten, die anatomischen, oder besser die morphologischen Gegebenheiten werden durch zwei Sachverhalte bestimmt: Zum einen durch die Funktion, die im Bereich experimenteller Überprüfbarkeit liegt, zum anderen durch einen inneren Zusammenhang, wonach der je einzelne Organismus strukturell einem Bauplan entspricht, der stammesgeschichtliche Bedeutung hat. Diese stammesgeschichtliche Dimension ist im Grunde der Pulsschlag der vergleichenden Morphologie; Vergleiche werden zwischen verwandten Formen angestellt.
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Anmerkungen
Adolf Portmann: Einführung in die vergleichende Morphologie der Wirbeltiere, 6. Aufl., Basel 1983, S. 13.
Georg Büchner: Über Schädelnerven, Probevorlesung an der Universität Zürich, gehalten anfangs November 1836, Sämtliche Werke, Berlin 1963, S. 229.
Ebd., S. 230.
Vgl. dazu: Blight, A. R.: The muscular control of vertebrate swimming movements. Biol. Rev. 52: 181–218 (1977). Fricke, H. W.: Bericht aus dem Riff, München 1976.
Gray, J.: Studies in animal locomotion. IV. Journal of experimental Biology, 10: 391–400(1933).
Greenwood, P. H. et al.: Phyletic studies on teleost fishes, with a provisional classification of living forms. Bull. Amer. Mus. Nat. Hist. 131: 339–456 (1966).
Hertel, H.: Structure, Form and Movement, New York 1966.
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Senn, D.G. (1985). Ein Beitrag zur Vergleichenden Morphologie. In: Cesana, A., Rubitschon, O. (eds) Philosophische Tradition im Dialog mit der Gegenwart. Birkhäuser, Basel. https://doi.org/10.1007/978-3-0348-5423-8_20
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