Zusammenfassung
In dieser Stellungnahme wird das ethische Problem zunächst sachlich beschrieben. Dabei wird im allgemeinen Teil die Frage nach der den Tierschutz begründenden Ethik und dann erst im speziellen Teil die Anwendung dieser Ethik auf die Frage nach der Zulässigkeit der Intensivhaltung von Nutztieren behandelt.
Die Tierschutzethik wird im Sinne einer Umkehrung des inhumanen Satzes vom biologisch begründeten Recht des Stärkeren auf Ausbeutung in die Norm der ethisch begründeten Pflicht des Stärkeren zu Schonung und Hilfeleistung dargestellt. Dem ethischen Denken des Menschen wird damit eine radikale Wende seines traditionellen Bewertens zugemutet, gegen die er sich mit allen Mitteln der Beharrung oder Verdrängung zur Wehr setzt. Daraus wird verständlich, dass wir so schwer von der angenehmen Vorstellung loskommen, das aussermensch-liche Leben stehe uns für alle beliebigen Zwecke zur Verfügung. Dass dieses Festhalten an der Binnenethik des Wohls der eigenen Spezies philosophisch und theologisch unvertretbar ist, wird anschliessend ausgeführt. Am Ende des allgemeinen Teils wird dann eine je nach Sensibilitäts- und Solidaritätsgrad unterschiedlich gemässigte bis radikale Ethik sichtbar bis hin zu einer Ethik der Mitgeschöpflichkeit, die dem Menschen ein beschränktes Nutzungsrecht be-lässt, und schliesslich zu einer Ethik der Brüderlichkeit, die dem Tier ein prinzipiell gleichrangiges Recht auf Leben und Wohlbefinden gewährt. Um der komplexen Wirklichkeit des menschlichen Handelns Rechnung zu tragen, wird dann die Frage der konkurrierenden Werte gestellt, auch wenn dies die oftmals billige Ausflucht offen lässt, Eingriffe in das Wohlbefinden und Leben der Tiere dann zuzulassen, wenn - wie das Tierschutzgesetz sagt - ein vernünftiger Grund vorliege.
Im speziellen Teil der Stellungnahme werden eingangs die Sachverhalte der Intensivhaltung mit der nötigen Sorgfalt referiert und anschliessend unter ethischen Gesichtspunkten betrachtet. Dabei wird zwischen dem in unserer Gesellschaft üblichen Moralstandard sowie den Intentionen des Tierschutzgesetzes einerseits und den Forderungen der mitgeschöpfliehen und brüderlichen Humanitätsethik andererseits unterschieden.
Dementsprechend fallen auch die konkreten Folgerungen aus. Die üblich gewordene Ausbeutung der Nutztiere bis zur Erreichung des Gewinnmaximums ist kein ethischer, sonder nur ein "ökonomischer" Tierschutz, wie er in keinem Falle vertretbar ist. Nach den Anforderungen der mitgeschöpfliehen Ethik müssten die vom Institut für Sozialethik der Universität Zürich aufgestellten Forderungen verwirklicht werden. Wenn man von den Forderungen einer auf das Tier ausgedehnten Brüderlichkeit ausgeht, sind grundsätzlich nur die Formen der Kooperation zulässig, innerhalb deren das Tier nicht Ausbeutungsobjekt, sondern Partner ist. In der Stellungnahme wird offengelassen, zu welcher der drei möglichen ethischen Positionen der einzelne Mensch sich entscheidet; aber es wird nicht verschwiegen, dass die Humanität in Richtung auf eine fortschreitende Solidarität und Brüderlichkeit aller schmerz- und leidensfähigen Wesen tendiert.
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Teutsch, G.M. (1988). Die Frage Der ZulÄSsigkeit Der Intensivhaltung Von Nutztieren. In: Intensivhaltung von Nutztieren Aus Ethischer, Rechtlicher und Ethologischer Sicht. Tierhaltung / Animal Management, vol 8.. Birkhäuser, Basel. https://doi.org/10.1007/978-3-0348-5303-3_1
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Publisher Name: Birkhäuser, Basel
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