Zusammenfassung
Die Bemühungen um eine strenge Grundlegung der Analysis im 19. Jahrhundert werden gelegentlich mit dem Aufschwung des polytechnischen Schulwesens im Anschluß an die französische École Polytechnique und mit der damit verbundenen Forderung nach besserer Lehrbarkeit der höheren Mathematik — u.a. für die Ingenieure — in Verbindung gebracht.1 Das ist sicher berechtigt, hat doch z.B. Cauchy 1821 im Cours d’analyse de l’Ecole Polytechnique auf den größeren Nutzen für die Zöglinge hingewiesen, den er bei seinen methodischen Bemühungen bei der Abfassung des Werkes im Auge hatte. Allerdings hat in der Diskussion über die effektivste mathematische Ausbildung der Ingenieure bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zwischen dem Limeskonzept und infinitesimalmathematischen Konzepten, bei denen mit unendlich kleinen und unendlich großen Zahlen als absoluten Objekten gerechnet wird (dem Kontinuitätsprogramm in der Terminologie von Spalt2), durchaus eine Konkurrenzsituation bestanden, die man nicht einfach als den allmählichen Sieg der Weierstraßschen Strenge über das veraltete unstrenge Rechnen mit Infinitesimalien interpretieren sollte. Der heutige, in der Tradition der ε-δ-Sprache erzogene Mathematiker (und Mathematikhistoriker) neigt naturgemäß dazu, die Entwicklung im 19. Jahrhundert als einen stetigen Fortschritt hin zur streng begründeten ε-δ-Analysis aufzufassen, in der infinitesimalmathematische Konzepte als Relikte des 17. und 18.
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Literatur
Wußing 1982, 1979
Spalt 1981, S. 72ff.
siehe z.B. Laugwitz/Spalt 1988, Spalt 1985 und Spalt 1981
Gerstner 1831, S. 42
Prechtl 1812
siehe dazu den Lehrplan der Karlsruher Schule von 1825 in: Stäckel 1915, S. 25; sowie das Vorwort zu Weisbach 1835, wo es heißt: “Da man sich in den neuesten Zeiten meistens der Infinitesimalrechnung bedient, und da man diese fast bei allen technischen Bildungsanstalten in Deutschland vorträgt, wie es auch bei unserer Bergacademie schon seit geraumer Zeit geschehen ist, so ist es wohl zu rechtfertigen, wenn ich bei meinen Lesern den Besitz dieser Kenntnisse voraussetze.” (S. VII)
Spalt 1981, S. 292–294
Binder 1984
siehe Paul 1980, S. 136–141
Weisbach 1849, 21860
Wir stützen uns dabei auf: König/Flaxa 1982 sowie Wagenbreth 1983.
Weisbach 1849, S. 4f
ebenda, S. 5
≈ bedeutet Gleicheit bis auf infinitesimale Differenz oder Gleichheit der Standardanteile. Siehe Laugwitz 1986.
Weisbach 1849, S. 5
ebenda, S. 14f
ebenda, S. 15
ebenda, S. 18
Archiv der Bergakademie Freiberg, Oberbergamt 9611/II. Zitiert nach Konig/Flaxa 1982, S. 49.
Stäckel 1915, S. 162 21Autenheimer 1875
ausführlich in: Purkert/Hensel 1986, 1988
Die analytische Maschinentheorie ist enthalten in: Redtenbacher 1852, Teil 2.
Reuleaux 1875, Bd. 1
Redtenbacher 1853
Grashof 1865
vgl. Manegold 1970
Eine Übersicht für die Berufung von Mathematikern in den 70-er und 80-er Jahren gibt Susann Hensel im Anhang von Hensel 1989.
Eine ausführliche Analyse findet man bei Hensel 1989
eingehend untersucht bei Manegold 1970
zu einigen Ursachen s. Schreiber 1983
Klein 1880
Stäckel 1915, S. 27f
Zeitschrift des VDI 1895, S. 1095f
“Über den mathematischen Unterricht an den technischen Hochschulen.” Zeitschrift für Architektur und Ingenieurwesen 1897, Sp. 242–244
ebenda, Sp. 242
Erklärung von 57 Vertretern der technischen Disziplinen “unter Bezugnahme auf die Erklärung der 33 Lehrer der mathematischen Hülfswissenschaften an den deutschen technischen Hochschulen.” Zeitschrift für Architektur und Ingenieurwesen 1897, Sp. 609–611.
ebenda, Sp. 609
Harnack 1881
Nachlaß Adolf Mayer. Bibliothek der Sektion Mathematik der Karl-Marx-Universität Leipzig. Der Briefwechsel Klein — Mayer erscheint demnächst in der Serie Teubner-Archiv zur Mathematik, herausgegeben von Renate Tobies und David Rowe.
Stodola 1897
ebenda, S. 267f
ausführlich bei Purkert/Hensel 1986, 1988 und Hensel 1989
Klein 1896
ebenda, S. 148f
Papperitz 1899
ebenda, S. 41
s. Hensel 1989, S. 82–100
s. etwa Laugwitz 1974; Otte 1974, S. 287–368; Blechman/Myskis/Panovko 1984
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Purkert, W. (1990). Infinitesimalrechnung für Ingenieure — Kontroversen im 19. Jahrhundert —. In: Spalt, D.D. (eds) Rechnen mit dem Unendlichen. Birkhäuser, Basel. https://doi.org/10.1007/978-3-0348-5242-5_12
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Publisher Name: Birkhäuser, Basel
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