Zusammenfassung
Bohrs geistige Väter sind ebenso komplementär wie die raumzeitliche und kausale Beschreibungsweise der Physik. Es sind dies die Yin-Yang-Philosophie in China und die Philosophie der christlichen Existenz bei Sören Kierkegaard. Beide versuchen, die grundlegenden Paradoxien des Seins zu umschreiben, die Yin-Yang-Philosophie für das Universum, Kierkegaard für den Menschen. Während Yin und Yang jedoch Polaritäten innerhalb des Grossen Einen darstellen, zielt Kierkegaard auf die Zerrissenheit des Menschen, die in dieser Welt nicht in Harmonie auflösbar ist. Wie stark Bohr von Yin und Yang inspiriert war, zeigt sein von ihm selbst entworfenes Wappen. Es enthält das Symbol von Yin und Yang mit der Überschrift «Contraria sunt complementa» (die Gegensätzlichkeiten sind komplementär).1
Des Himmels Sinn (Tao) erschauen, Des Himmels Wandel ergreifen Ist das Höchste.
Der Himmel hat fünf Gewalttäter; Wer sie erblickt, wird blühen.
Die fünf Gewalttäter sind im Ich; Wer sie wirken lässt im Himmel, Bekommt das Weltall in die Hand, Und die Natur wird aus dem Ich geboren.
Des Himmels innerstes Wesen ist der Mensch; Des Menschen Herz ist das Triebwerk.
Des Himmels Sinn (Tao) wird festgestellt Durch die Bestimmung des Menschen...
Bringt der Mensch das Triebwerk des Tötens in Gang, Wird Himmel und Erde verkehrt und umgestürzt...
Das Wehe, in Gang gebracht, wird sicher überwältigen...
Die Zeit, in Aufruhr gekommen, wird sicher zerstören.
Wer das erkennt, wer das in Ordnung bringt, Der heisst: Der Berufene.
Anfang des Yin Fu Ching.
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Anmerkungen
Bohr war 1937 in China und von der altchinesischen Philosophie tief beeindruckt. Es ist symbolisch, daß er bewusst daran anknüpfte, um die Tiefe der modernen Physik auszuloten, während sein grosser Gegenspieler Einstein sich dem europäischen Rationalismus verbunden fühlte, aber unbewusst gleichfalls dem alten China verpflichtet ist. Nur ist es bei ihm das Grosse Eine, bei Bohr dessen innere Spannung und Polarität. Siehe Capra, Fritjnf: Der kosmische Reigen, Bern 1977.
I Ging, a.a.O, S. 15/16.
Das Zeichen für Yang enthält die Sonne, je-nes für Yin den Mond. Weitere Bedeutungen von «Yang» sind: Sonne, Oberwelt (im Ge-gensatz zur Unterwelt), Leben, Süden, warm, offen, aussen, links. «Yin» bedeutet noch: Mond, Unterwelt, Tod, Norden, kalt, innen, unten, geheim. In Zusammensetzung mit an-deren Zeichen erhält «Yin» noch Bedeutun-gen wie: Schatten, dunkle Wolken, Vergeltung, Strafe im Jenseits, Totengeist, Jenseits, Richter der Unterwelt, Meuchelmörder, heimtückisch, Sucht, aber auch die positiven Bedeutungen von geheimen Verdiensten und verborgener Tugend. Rüdenberg, Werner: Chinesisch-deutsches Wörterbuch, 3. Aufl., Hamburg 1963.
I Ging, a.a.O.
Ebenda
Ebenda
Fung Yu-lan, a.a.O, vol. I., S. 159 ff., sowie S. 382 ff.
In Wahrheit schrieb Einstein 3 Briefe an Roosevelt. Noch im März 1945 verfasste er an ihn ein Memorandum mit dem Vorschlag, die Bombe nicht auf Japan abzuwerfen, sondern eine «überwältigende Überlegenheit» gegenüber den Russen aufzubauen. Einsteins Biograph Clark spricht von einer «einzigartigen Dramatik». Clark, Ronald W.: Albert Einstein. Leben und Werk. 5. Aufl. München 1983, 5.396 ff. (Original: Einstein. The Life and Times. 1973. Ohne Angabe des Verlags). Heffding, Harald: Sören Kierkegaard als Philosoph. Stuttgart 1896. Siehe auch Jammer, a.a.O, S. 173–176.
Jammer, a.a.O, 5.349. Bohr wurde auch durch James beeinflusst, nach dem die Übergänge eines Gedankenstroms niemals introspektiv beobachtet werden können. Mit James’ «The Principles of Psychology» 1890 wurde Bohr gleichfalls durch Hoffding be-kannt.
Kierkegaard, Sören: Die Tagebücher.
Düsseldorf 1980, S. 222.
Ebenda, S. 226.
Ebenda
Heisenberg: Physik und Philosophie, a.a.O, S. 29.
Kierkegaard, a.a.O, 5.341.
Ebenda, S. 341/342.
Ebenda, S. 227.
Ebenda, S. 223.
Ebenda, S. 163/164.
Kierkegaard, Sören: Furcht und Zittern. In «Werksausgabe 1. Düsseldorf, Köln 1971», S. 66.
Derselbe: Die Tagebücher, S. 300.
Ebenda, S. 303.23 Ebenda, S. 301.
Ebenda, S. 268.
Heisenberg: Physikalische Prinzipien der Quantentheorie, S. 43. Der Anschaulichkeit halber wurden die mathematischen Feinheiten weggelassen. Dem Quadrat des Kosinus entspricht im unitären Raum die Matrixgleichung IS(E,q)I 2. Die an Einfachheit und Präzision unübertreffbare Darlegung der «Vernunft» der QM findet sich in Heisenbergs zitiertem Werk, a.a.O, S. 42–49. Der mathematische Apparat der QM lässt eine andere Deutung als die wahrscheinlichkeitsartige nicht zu oder die QM ist falsch.
Jona 3. Mit Auslassungen
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Markus, S.M. (1986). Die Erweiterung der Vernunft. In: Der Gott der Physiker. Birkhäuser, Basel. https://doi.org/10.1007/978-3-0348-5193-0_22
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-0348-5193-0_22
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