Klassifikation und Allgemeine Biologie

Zusammenfassung

Ehrwürdige und manchmal widersprüchliche Traditionen formen unsere Ansichten über die Natur, und schon lange vor Beginn der Geschichtsschreibung waren die Menschen fasziniert von der gleitenden Fortbewegung, den giftigen Bissen und verschiedenen anderen legendären Attributen schlangenartiger Tiere. Einige alte indianische Felsbilder zeigen phantastische gehörnte Geschöpfe, bei denen nur der langgestreckte Körper an Schlangen erinnert, während andere Felszeichnungen Klapperschlangen ganz lebensecht porträtieren. Realistische Wasserpythons (Liasis fuscus) und Todesottern (Acanthophis antarcticus) tauchen in den «Traumzeit»-Gemälden australischer Aborigines auf, während die ländliche Bevölkerung im Südosten der Vereinigten Staaten bestimmte Eidechsen mit langem, zerbrechlichem Schwanz auch heute noch als «glass snakes» (Glasschlangen) bezeichnet — im Blickpunkt stehen die fehlenden Extremitäten und nicht etwa die äußere Ohröffnung oder die Augenlider, die bei echten Schlangen niemals vorkommen. Selbst Biologen charakterisieren Schlangen hauptsächlich durch ihre Fortbewegung und Ernährung, obgleich Aristoteles bereits vor mehr als zwei Jahrtausenden auf dem richtigen Weg war, als er über die gegabelte Schlangenzunge schrieb, sie ermögliche «eine zweifache Freude am Geschmack; ihr Geschmacksempfinden ist, als sei es ein doppeltes». Vielleicht wird dieses Schlüsselmerkmal deshalb weitgehend übersehen, weil der Geruchs- und Geschmackssinn beim Menschen gering entwickelt ist — und weil die meisten Menschen überdies nur unklare Vorstellungen davon haben, was eine Schlange eigentlich ist.