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Husserls Semiotik der Wahrnehmung in den Logischen Untersuchungen

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Part of the book series: Phaenomenologica ((PHAE,volume 228))

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Zusammenfassung

Im Kapitel Husserls Semiotik der Wahrnehmung in den Logischen Untersuchungen wird gezeigt, wie semiotische Strukturen in der Phänomenologie der Wahrnehmung am Werk sind. Vor allem in der sechsten Logischen Untersuchung werden signitive und signifikative Intentionen thematisiert. Nicht zuletzt anhand der neu veröffentlichten Umarbeitungen dieses Textes ist es möglich geworden, drei Arten semiotischer Intentionalität zu unterscheiden: signitive, symbolische und signifikative Intentionen. Da jede Wahrnehmung perspektivisch und abgeschattet ist, und damit – notwendigerweise – unvollständig, bildet diese dreifache Verweisungsstruktur den Kern phänomenologischer Gegebenheit. Einerseits (signitiv) verweist die Empfindung (als Repräsentation) auf den Gegenstand, welcher durch diese Empfindung erscheint. Weitere (symbolische) Verweise finden aber zwischen der aktuellen Erscheinung (Abschattung) des Gegenstandes und weiteren möglichen Abschattungen (etwa die Rückseite) statt, welche mit der aktuellen miterscheinen. Als Drittes werden diejenigen Intentionen analysiert, die auf die Bedeutung aus sind und die deswegen „signifikative“ genannt werden. Systematisch ergibt sich daraus, dass signitive und symbolische Intentionen in der Wahrnehmung insofern die Struktur einer dynamischen Anzeige haben, als sie die Setzung eines nicht direkt erscheinenden Seins motivieren.

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Notes

  1. 1.

    Die Frage, welche Rolle die kategoriale Anschauung in der Wahrnehmung spielt, wird hier beiseitegelassen, da die vorliegende Untersuchung sich auf Husserls Theorie der sinnlichen Wahrnehmung, also die unteren Stufen der Dingwahrnehmung, beschränkt. Auch Dwyer Dwyerweist darauf hin, dass die apperzeptiven Überschüsse der Wahrnehmung nicht kategoriale Überschüsse sind: „We recall here that the perceptual notion of apperceptive surplus is distinguished from the categorial notion of surplus discussed in the sixth Logical Investigation, § 40“ (D. J Dwyer, Husserl’s Appropriation of the Psychological Concepts of Apperception and Attention, in: „Husserl Studies“, 2007, 23, S. 83–118, hier S. 103). Für eine systematische Erweiterung des Begriffes eines überschüssigen Phänomens vgl. B. Waldenfels, Hyperphänomene. Modi hyperbolischer Erfahrung, Suhrkamp, Berlin 2012.

  2. 2.

    Auf die Verwendung dieses Begriffs gehen die folgenden Analysen ein.

  3. 3.

    Hua III/1, S. 51.

  4. 4.

    Hua VI, S. 107.

  5. 5.

    Hua XXII, S. 102.

  6. 6.

    Claesges spitzt die Rolle der Abschattungsbeschreibung sogar zu der eigentlichen Aufgabe einer Intentionalitätsanalyse zu, so wie diese das Zentrum des phänomenologischen Projektes bildet: Vgl. U. Claesges, Edmund Husserls Theorie der Raumkonstitution, M. Nijhoff, Den Haag 1964, S. 52.

  7. 7.

    Vgl. beispielsweise Hua III/1, S. 91–92: „In dieser Weise in infinitum unvollkommen zu sein, gehört zum unaufhebbaren Wesen der Korrelation ‚Ding‘ und Dingwahrnehmung“.

  8. 8.

    Die Thematisierung der orientierten oder inszenierten Wahrnehmung bildet ein Kern in Husserls Phänomenologie der Wahrnehmung, an dem Husserl lebenslang festhält. Vgl. beispielsweise Hua IV, S. 98, 259, 336, wo von Handeln als Inszenieren die Rede ist, aber auch Hua XV, S. 270 und 275; Hua Mat. VIII, S. 235. Die Wirklichkeit ist als inszenierte phänomenologisch gegeben insofern, als die Wahrnehmung immer perspektivisch orientiert ist.

  9. 9.

    Das besagt auch die berühmte Passage: „Ich sehe nicht Farbenempfindungen, sondern gefärbte Dinge, ich höre nicht Tonempfindungen, sondern das Lied der Sängerin“: Hua XIX/1, S. 387 (A353, B374). Vgl. dazu auch und Hua XVI, S. 14: „Die Wahrnehmung ist Wahrnehmung von einer Bank, jene von einem Haus usw. […]. Der Gegenstand steht in der Wahrnehmung als leibhafter da, er steht, genauer noch gesprochen, als aktuell gegenwärtiger, als selbstgegebener im aktuellen Jetzt da“. Intentionaler Gegenstand eines Wahrnehmungsaktes ist das Ding, es sind nicht die Empfindungen, die eigentlich nicht intentional sind.

  10. 10.

    Dass trotz dem Ruf nach „Originalität“ oder Selbstgegebenheit Selbstgegebenheitdie Wahrnehmung keine „einfache Sache“, sondern vielmehr ein „komplexer, dynamischer und mehrdimensionaler Prozess“ ist, hat u. a. E. W. Orth gezeigt: E. W. Orth, Zu Husserls Wahrnehmungsbegriff, in: „Husserl Studies“, 11, 1994–95, S. 153–168, hier 154. Der Autor bezieht sich allerdings hauptsächlich auf die späteren Werke Husserls, während auch in den Logischen Untersuchungen die Wahrnehmung konstitutiv mehrschichtig ist, wie hier zu zeigen ist.

  11. 11.

    Zur Rolle der Rede von Selbstgegebenheit in der Phänomenologie, vor allem auf die Frage, ob Selbstgegebenheit als eine Metapher interpretiert werden soll, vgl. V. PalettePalette, Die phänomenologische Selbstgegebenheit: Eine bloße Metapher?, in: D. D’Angelo, N. Mirković Mirković(Hrsg.), „New Realism and Phenomenology“, Sonderausgabe 2014 von „Meta. Research in Phenomenology, Hermeneutics, and Pratical Philosophy“, S. 28–43, hier S. 37.

  12. 12.

    Hua XX/1, S. 90.

  13. 13.

    Hua XXXVIII, S. 35. Meine Hervorhebung. In einer zu dieser Passage zugehörigen Fußnote kritisiert Husserl die Parallele mit dem Zeichenbewusstsein; zu dieser Kritik siehe weiter unten. Zu der Unterscheidung beider präsentierenden Funktionen siehe auch T. VongehrVongehr, R. Giuliani, Einleitung des Herausgebers, in: Hua XXXVIII, S. XXVI, und Hua XIX/2, S. 611 (A553, B70).

  14. 14.

    Hua XIX/2 S. 589 (A529, B57); XI, S. 3; XVI, S. 51; XXII, S. 110.

  15. 15.

    Hua XIX/2, S. 589 (A529, B57).

  16. 16.

    Aguirre in seinen sonst sehr lesenswerten Ausführungen zum Begriff des Erscheinens in der Phänomenologie neigt dazu, Gesamtding und Ding schlechthin zu vermengen (A. Aguirre, Genetische Phänomenologie und Reduktion, insb. S. 117 ff.), was aber Husserls Lehre schwer interpretierbar macht.

  17. 17.

    Vgl. Hua XI, S. 18–19.

  18. 18.

    Zur imaginativen Intentionen, die wie die signitiven zu jedem Wahrnehmungsakt gehören, vgl. weiter unten § 7.

  19. 19.

    Hua XIX/2, S. 609 (A551, B79). Meine Hervorhebung.

  20. 20.

    Hua XIX/2, S. 539 (A476, B4): Der „repräsentierende (aufgefasste) Inhalt“ (d. i., der wahrgenommene Gegenstand) wird von Husserl dem „intuitiven Inhalt“ (der erlebten Empfindungen) gegenübergestellt.

  21. 21.

    Vgl. Hua XIX/2, S. 613 (A555, B53).

  22. 22.

    Den Charakter der Repräsentation beschreibt Belussi (F. Belussi, Die modaltheoretischen Grundlagen der husserlschen Phänomenologie, S. 38) in zweifacher Hinsicht. Eine Empfindung repräsentiert nach seiner Interpretation die aktuell gegebenen Seiten eines Dinges „direkt-intuitiv“, und zwar als eben von diesem Ding, während die nicht aktuell gegebenen „indirekt-intuitiv“ repräsentiert seien, und daran schließt die vorliegende Analyse an mit dem Unterschied beider Verhältnisse, nämlich Erscheinung-Gegenstand einerseits (in diesem Paragraphen) und Erscheinung-weitere Erscheinungen (im nächsten Paragraphen). Ob es aber sinnvoll ist, vor einer direkten (!) und intuitiven Re-präsentation zu sprechen, scheint fraglich. Belussi weist ferner darauf hin (S. 39), dass sich in dieser Beschreibung eine Vorform der Horizontintentionalität aufspüren lässt, worauf in späteren Kapiteln eingegangen wird. B. Rang weist auch darauf hin, dass „der Gedanke einer Repräsentation des Dinges durch seine Perspektiven und Abschattungen unabweisbar“ scheint (B. Rang, Repräsentation und Selbstgegebenheit, S. 390).

  23. 23.

    Ähnlich interpretiert, ohne aber alle Einzelheiten auszuführen, J. R. Mensch, Postfoundational Phenomenology, S. 168: „When we say that a perception is ‚of‘ an object, its intentionality involves a mediated reference“, und S. 172: Es gibt eine „indicatively-based many-to-one [scil. many perceptions-to-one perceived object] relation that is inherent in intuition taken as constitutive process“.

  24. 24.

    Hua XXXVIII, S. 37.

  25. 25.

    Auch U. Melle sieht in der Struktur Empfindung-Ding ein klares Echo des Zeichen- und Bildbewusstseins (U. Melle, Das Wahrnehmungsproblem und seine Verwandlung in Phänomenologischer Einstellung, S. 44): „Die Auffassung von etwas als etwas anderes darstellend oder auf etwas Abwesendes hinweisend begegnet uns im Bild- oder Zeichenbewusstsein, so dass wir uns scheinbar notwendig darauf verwiesen sehen, das Verhältnis von hyletischen Daten, Auffassung derselben und gegenständlich Aufgefasstem entweder in Analogie zum Bildbewusstsein zu begreifen oder dem Zeichenbewusstsein zu assimilieren. Husserl verwirft zwar die Repräsentations- und Abbildtheorien der Wahrnehmung als phänomenologisch widersinnig – ‚Aber die Empfindung ist nicht Gegenstand, der Repräsentant ist für einen anderen Gegenstand. Wir erleben im Deutungsbewusstsein die Beziehung auf einen einzigen Gegenstand‘ [Hua XXXVIII, S. 349; Melle zitiert hier das Manuskript, da die Edition des Bandes erst später abgeschlossen worden ist; zu dieser Kritik Husserls an einer Zeichentheorie der Wahrnehmung siehe weiter unten] – sieht sich aber immer wieder gezwungen, zur Charakterisierung dieses Verhältnisses auf Formulierungen zurückzugreifen, die den verworfenen Theorien zumindest sehr ähnlich klingen“. Allerdings bezieht Melle hier keine Position dazu, ob es um Bild- oder Zeichenbewusstsein geht, und begnügt sich damit, die Spannung aufzuzeigen, ohne aber diese Sachlage weiter zu thematisieren.

  26. 26.

    Hua XX/1, S. 240.

  27. 27.

    Für den Unterschied zwischen signitiven und signifikativen Intentionen vgl. den klassichen Aufsatz von U. Melle Signitive und signifikative Intentionen.

  28. 28.

    Hua XIX/2, S 560 (A497, B25).

  29. 29.

    Hua XIX/2, S. 555 (A492, B20). Vgl. Hua XIX/2, S. 553 (A490, B18): „Der Akt der Anschauung“ ist nicht „selbst Bedeutungsträger“. Der Akt des Meinens baut auf den Anschauungsakt auf, und nur „in diesem hinweisenden Meinen liegt […] die Bedeutung“ (Hua XIX/2, S. 554, A490, B19).

  30. 30.

    Hua XIX/1, S. 587 (A526, B54).

  31. 31.

    Husserls Lieblingsbeispiel der Wahrnehmung einer Melodie scheint sich vom Primat des Sehens zu distanzieren, welcher sonst in Husserls Ausführungen überall anzutreffen ist. Dazu siehe D. Espinet, Phänomenologie des Hörens, Mohr Siebeck, Tübingen 2009.

  32. 32.

    Hua XIX/2, S. 607 (A548, B76).

  33. 33.

    Hua XIX/1, S. 79 (A74, B74). B. Rang merkt an, dass die Koppelung des Deutungsgedankens mit einer Zeichentheorie der Wahrnehmung in den Logischen Untersuchungen unleugbar ist und von Helmholtz von Helmholtzherrührt (B. Rang, Husserls phänomenologie der materiellen Natur, S. 199).

  34. 34.

    Hua XXXVIII, S. 139.

  35. 35.

    Hua XIX/2, S. 559 (A497, B25).

  36. 36.

    Hua XIX/1, S. 80 (A74–75, B75). Zur Auslegung dieser Passage. siehe auch B. Rang, Repräsentation und Selbstgegebenheit. Die Aporie der Phänomenologie in den Frühschriften Husserls, S. 392.

  37. 37.

    So B. Rang, Husserls Phänomenologie der materielle Natur, S. 200. Siehe allgemeiner S. 199–212 für eine Auseinandersetzung von Husserls Theorie der Repräsentanten und Helmoltz’ Zeichenstheorie der Wahrnehmung. Derselben Meinung, nämlich dass diese Beschreibung zutreffend ist, ist auch A. Gurwitsch: „Husserl […] parle des données sensorielles comme de signes de l’objet perçu et de ses propriétés“; in einer dazugehörigen Fußnote bezieht sich Gurwitsch ausdrücklich auf die von uns zitierte Passage (A. Gurwitsch, Théorie du champ de la conscience, Desclée De Brouwer, Paris 1957, S. 218).

  38. 38.

    Hua XIX/1, S. 80 (B75, A74).

  39. 39.

    Dazu siehe auch Hua XXXVIII, S. 36–37, 115, 208, wo Husserl diesen Kritikpunkt mit ähnlichen Worten wiederholt. B. Rang interpretiert auch die Beilage Hua XIX/1, S. 436–440 (A396–399, B421–425) in dieselbe Richtung. Allerdings bezieht sich Husserl explizit nur auf das Bildbewusstsein, und aus der Anwendung dieser Kritik auf das Zeichenbewusstsein lässt sich nichts Neues herausarbeiten. Das Ergebnis von Rangs Ausführungen stimmt mit meinem überein: Das Zeichen muss zunächst als Zeichen konstituiert werden, als solches bewusst sein oder „verstanden werden“ (B. Rang, Husserls Phänomenologie der materiellen Natur, S. 204), um überhaupt als ein solches fungieren zu können.

  40. 40.

    Dieses Argument führt auch I. Kern in aller Ähnlichkeit aus: „Das strukturelle Schema [nämlich zwischen Empfindungsauffassung und Bedeuten] ist aber […] dasselbe“ (I. Kern, Idee und Methode der Philosophie, De Gruyter, Berlin 1975, S. 138).

  41. 41.

    Der Meinung ist auch V. De PalmaDe Palma (V. De Palma, Husserls phänomenologische Semiotik, S. 55–56): „Husserl überträgt diese Beziehung [nämlich zwischen Zeichen und Bezeichnetem] auf die zwischen Empfindung und Gegenstand. […] Denn die signitive Bedeutungsintention, die in der Apperzeption eines sinnlich Gegebenen als sprachlichen Zeichens fundiert ist, gilt für ihn als Muster, nach dem alle Arten von Intentionalität verstanden werden, und zwar auch die von ihr strukturell verschiedene perzeptive Intentionalität. Die Ausdrücke liefern die „allergünstigen Beispiele“ [Hua XIX/1 S. 398, A362, B38], um die Struktur der Wahrnehmung zu veranschaulichen. Denn die verstehende Auffassung, in der sich das Bedeuten eines Zeichens vollzieht, und die objektivierende Auffassung, in der die anschauliche Vorstellung eines Gegenstandes erwächst, sind verwandt. […] Die im Dualismus von Inhalt und Auffassung bzw. von Hyle und Morphé gegründete Wahrnehmungslehre (vgl. Hua III, 83 ff., 191 ff., 225 ff.) stammt aus einer Übertragung der höherstufigen Konstitutionsweise der Sprachgegenstände auf die realen bzw. sinnlichen Gegenstände“. Dieselbe Auffassung, die als durchaus berechtigt anzusehen ist, vertreten auch De BoerDe Boer (T. De Boer, The Development of Husserl’s Thought, Springer, Den Haag 1978, S. 137–138) und noch Münch (D. Münch, Intention und Zeichen, S. 218–220), obwohl keiner von diesen Autoren auf die Sachlage mit der gewünschten Ausführlichkeit eingeht.

  42. 42.

    Hua XX/2, S. 320–321.

  43. 43.

    Hua XIX/2, S. 555 (A492, B20).

  44. 44.

    Inwiefern der Terminus „symbolisch“ berechtigt ist, lässt sich im folgenden Paragraphen (§ 3) zeigen.

  45. 45.

    De Palma schließt m. E. fälschlich aus dieser Übertragung der Zeichenauffassung, dass die Wahrnehmung „zu einer bloßen Konvention wird“ (V. De Palma, Husserls phänomenologische Semiotik, S. 55).

  46. 46.

    Vgl. Hua XIX/2, S. 438 (B424).

  47. 47.

    Auch R. Bernet nimmt die herkömmliche Zeichentheorie für eine Auslegung der sechsten Logischen Untersuchung (R. Bernet, I. Kern, E. Marbach, Edmund Husserl. DarstellungDarstellung seines Denkens, S. 112–113). Er kritisiert Husserl, weil „überaus bedenklich“ erscheint, „die uneigentliche ErscheinungErscheinung der bloß mitgemeinten Dingaspekte als signitive, d. h. zeichenhafte Repräsentation zu bestimmen. Empfindungen sind keine Zeichen im Sinn physischer Objekte und fungieren nicht wie die sprachlichen Zeichen als bloß konventionelle Vertreter des sinnlichen Wahrnehmungsgegenstandes“. Das Missverständnis liegt darin, das Zeichen im Sinne physischer Objekte zu verstehen, was es gewiss nicht ist; weder irgendein Ausdruck im Sinne Husserls, noch eine Anzeige im Sinne Husserls ist nur ein physisch determiniertes Objekt, sondern kann etwas überhaupt sein, bei der Anzeige insbesondere ein Sachverhalt. Wie sich aus den Analysen der Passagen in Hua XII, S. 273–274 im vorherigen Kapitel gezeigt hat, ist ein Zeichenverhältnis auch zwischen Teilen desselben Gegenstandes bzw. zwischen verschiedenen Gegebenheitsweisen desselben Gegenstandes unter verschiedenen Umständen möglich. Darüber hinaus war Husserls Auffassung nirgendwo so geartet, dass Zeichen notwendig ein konventioneller Vertreter sein sollte. Diese Verwechslung kommt daher zustande, dass die Wahrnehmung pauschal als eine Bedeutungsintention aufgefasst wird, was wiederum auf einer Vermengung zwischen Gegenstand und Bedeutung basiert.

  48. 48.

    Hua XIX/2, S. 524 (A467, B503).

  49. 49.

    De PalmaDe Palma führt seine Analyse der Übertragung der Zeichentheorie auf die Wahrnehmungstheorie folgendermaßen weiter, und da ist der Analyse m. E. zuzustimmen: „Wie die Zeichen im Zeichenbewusstsein haben auch die Empfindungen im Wahrnehmungsbewusstsein eine bloß vermittelnde Funktion: Sie dienen als Durchgang, ohne bemerkt zu werden, da wir ausschließlich auf den von ihnen repräsentierten Gegenstand thematisch gerichtet sind. Wie bei den Zeichen liegt alles an der beseelenden Auffassung und nichts an der Besonderheit der Inhalte; die Empfindungen sind nämlich formlos und können irgendwelche Gegenstände repräsentieren […]. Auch in der Wahrnehmung, wie im Zeichen- und Bildbewusstsein, haben wir bloß das eine gegenwärtig und meinen statt seiner doch das andere“ (V. De Palma, Husserls phänomenologische Semiotik, S. 55).

  50. 50.

    Anderer Meinung sind Thomas Vongehr und Regula Giuliani. Nach ihrer Auffassung wäre die Tatsache, dass Husserl der indirekten Präsentation Zeichencharakter zuschreibt, nur „eine Konsequenz der […] Terminologie der sechsten Logischen Untersuchung“, die dann durch die Rede von direkter und indirekter Präsentation schon in der Vorlesung 1904/05 aufgehoben wird (Einleitung der Herausgeber, in: Hua XXXVIII, S. XXXV). Dass Husserl nach der Veröffentlichung der Logischen Untersuchungen immer wieder Bedenken dazu äußert, und dass er die Terminologie wechseln will, ist unleugbar; ebenso unleugbar ist aber, dass trotz Terminologieverschiebung die semiotischen Strukturen in der Wahrnehmung bestehen bleiben. Die These nämlich, das sei nur Konsequenz terminologischer Ungenauigkeit von Seiten Husserls, wird m. E. dadurch aufgehoben, dass Husserl nach 1920 wieder bewusst auf die ältere Terminologie zurückgreift, und sogar noch expliziter, indem er nicht mehr von „Symbol“ und „signitiv“, sondern direkt von „Anzeige“ spricht, da die phänomenologische Struktur dieselbe ist. Dazu Näheres in den folgenden Kapiteln.

  51. 51.

    Hua XIX/1, S.437 (A397, B422–423). Auch nach B. Rangs Meinung ist es nötig, in der phänomenologischen Theorie der Wahrnehmung eine solche Einschränkung vorzunehmen: „Die deskriptive Analyse […] lehrt, dass nicht die Erscheinungen als solche, sondern nur bestimmte, durch die Wesensgesetze der Perspektive geregelte Erscheinungen des Wahrnehmungsbewusstseins als Zeichen für Gegenständliches fungieren“ (B. Rang, Husserls Phänomenologie der materiellen Natur, S. 206). Das schlägt sich nach Rangs Meinung in Husserls Beschreibung der symbolischen Komponenten der Wahrnehmung nieder.

  52. 52.

    Gerade das Gegenteil behauptet De PalmaDe Palma, aber das ist m. E. das Ergebnis einer falschen Interpretation: „So verfällt Husserl der von ihm selbst kritisierten Auffassung der Wahrnehmung als Bild- oder Zeichenbewusstsein. Selbst die Wahrnehmung erweist sich also in der Tat – im Gegensatz zu dem, was Husserl vertritt – nicht als selbstgebendes, sondern als mittelbares Bewusstsein bzw. bloße Repräsentation, da nur die immanenten Empfindungen unmittelbar bzw. eigentlich gegenwärtig sind, die ‚als die Fundamente der Auffassung‘ [Hua XIX/1, S. 399, A364, B385] gelten und so derselben Funktion in der Wahrnehmung dienen wie das Bild und das Zeichen im Bild- und Zeichenbewusstsein“ (V. De Palma, Husserls phänomenologische Semiotik, S. 56).

  53. 53.

    Schon früher wurde thematisiert, dass Husserl selbst die stellvertretende Funktion des Zeichens als eine „sehr unangemessene Beschreibung“ angesehen hat (Hua XIX/1, S. 73, A68 B68).

  54. 54.

    E. Tugendhat bemerkt die Spannung zwischen dem Gebrauch von Repräsentation und Husserls Abwehr von Zeichentheorien der Wahrnehmung, und löst die Spannung gerade dadurch, dass das Zeichen hier nicht als Stellvertreter, sondern als etwas, das das Vorstellen „von sich weg auf ein anderes lenken“ kann, interpretiert (Der Wahrheitsbegriff bei Husserl und Heidegger, S. 57). Im zweiten Kapitel wurde gezeigt, wie gerade dieser Sinn von Zeichen Husserls eigener ist. Der Interpretation von Tugendhats ist daher völlig zuzustimmen.

  55. 55.

    Hua XX/1, S. 91. Und dennoch: „Das originär gebende Bewusstsein ist, wie wir später noch ausführlich untersuchen werden, notwendig so geartet, dass es LeibhaftigkeitLeibhaftigkeit nur konstituieren kann in zweierlei Komponenten, in Komponenten der eigentlichen Ursprünglichkeit des Gebens und in Komponenten der uneigentlichen Gegebenheit, der Mitgegebenheit als Anhang, durch hinausweisende Intentionen verflochten mit den eigentlich gebenden“ (Hua XX/2, S. 34). Die hinausweisende Intention ist aber, wie im vorigen Kapitel gezeigt, in diesen Umarbeitung gerade der Charakter des Zeichens, sodass die Abwehr umständlich erscheint. Zu Husserls Auffassung der Leerintentionen in den Umarbeitungen siehe U. Melle, La représentation vide dans la réécriture par Husserl de la VIe Recherche Logique, in: J. Benoist, J.-F. Courtine, „Les Recherches Logiques, une oeuvre de percée“, PUF, Paris 2003, S. 153–164.

  56. 56.

    Hua XX/1, S. 91. Vgl. dazu die Überlegungen G. Figals, der zwei verschiedene Äußerlichkeiten unterscheidet: „die Äußerlichkeit, die in jeder Bezugnahme liegt und am sinnfälligsten in der Geste des Zeigens ist, des Hindeutens auf etwas, und die Äußerlichkeit dessen, was da ist, außerhalb des Zeigens und allein darum zeigbar“ (G. Figal, Unscheinbarkeit, S. 3). Gerade aufgrund dieser konstitutiven Differenzierung schlägt Husserls Kritik an die Zeichenauffassung fehl, da hier impliziert wird, dass die Äußerlichkeit des Zeichens notwendig mit der Äußerlichkeit zweier Gegenstände koinzidieren muss.

  57. 57.

    Vgl. B. Rang, Husserls Phänomenologie der materiellen Natur, S 112–113: „Für die ursprüngliche Fassung der Sechsten Logischen Untersuchung […] differenziert [Husserl] noch nicht zwischen dem intuitiven Leerbewusstsein (z. B. dem Bewussthaben der Rückseite eines Dinges bei Ansicht von vorn) und dem Zeichenbewusstsein […], deshalb lässt die Perspektivität der Dingwahrnehmung durch ein ihr immanentes Zeichenbewusstsein vermittelt sein, so dass sich mutatis mutandis alle am Verhältnis von Bedeutungsintention und Bedeutungserfüllung entfalteten Strukturen auf die Sinneswahrnehmung übertragen. Auch nachdem Husserl diese Differenzierung zu einem Hauptthema der Neufassung der Sechsten Logischen Untersuchung aus dem Jahr 1913 gemacht hat, führt er das Identitätsbewusstsein der Dingwahrnehmung auf ein Erfüllungsbewusstsein zurück, nämlich auf das Bewusstsein der sukzessiven Erfüllung von Leerkomponenten (Konguitätsintentionen) im Wahrnehmungsverlauf.“ Das schließt allerdings nicht aus, so meine These, dass Husserl sich auch zur Zeit der Umarbeitungen und später einer semiotischen, meist operativer Begrifflichkeit bedient.

  58. 58.

    Nach J. Benoist ist diese Position problematisch und als solche zu widerlegen. „Husserl, en 1901,“ so Benoist, „ne pensera certainement pas que ce qu’il y a d’intuitif dans l’intuition est de l’ordre du ‚renvoi‘ (Hinweis). Ce serait là la marque de la signitivité.“ (J. Benoist, Intentionalité et langage dans les Recherches Logiques de Husserl, S. 30). Dass das Zeichen aber diese weitaus wichtigere Rolle einnimmt, als die Betonung der schlichten Anschauung vermuten lassen würde, hat Jocelyn Benoist selbst in aller Klarheit bemerkt, obwohl nicht mit direktem Bezug auf die Theorie der Wahrnehmung und der Abschattungen, sondern allgemeiner angesichts der Entwicklung der husserlschen Konzeption, also nicht in systematischer als vielmehr in werkgeschichtlicher Hinsicht. Nach Benoist sei zumindest soviel klar, dass die Anschauung als evidente und unmittelbare Anschauung des Gegebenen nicht eine solche verweisende Struktur haben kann, denn das würde gegen das phänomenologische Primat einer reinen Anschauung des Gegebenen verstoßen. Anderseits wird auch in Intentionalité et langage… die Einsicht als berechtigt angesehen, nach der es „quelche chose comme une structure du visée“ gibt, und diese Struktur hat, schon um Struktur zu sein, notwendigerweise interne Bezüge und gegenseitige Verweisungen zwischen ihren verschiedenen Elementen. Schon die sprachliche Ausdrucksweise („quelche chose comme…“) bei Benoist deutet auf eine gewisse Verlegenheit in der Formulierung dieser Behauptung hin. Wenn es klar ist, dass eine hinweisende Struktur im Wahrnehmen und Anschauen für Husserl problematisch sein könnte wegen des Verstoßes gegen Unmittelbarkeit und „Originalität“ der Anschauung, so stellt das Vorhandensein einer „structure du visée“ eine nicht minderwertige Schwierigkeit dar. In der Anschauung, zumindest zur Zeit der Logischen Untersuchung, liegt eine solche hinweisende Struktur auf alle Fälle in der Anschauung: Die vorliegenden Überlegungen zeigen nämlich, inwiefern schon in diesem Werk diese Struktur nicht zu leugnen ist, und dass die Anschauung, so wie Husserl sie beschreibt, alles anderes als „rein“ und „unmittelbar“ ist. Zu ihr gehören nämlich signitive, signifikative und symbolische Momente. In der Gegebenheit der Anschauung befindet sich schon immer eine anzeigende und hinweisende Struktur, die die Anschauung selbst ermöglicht.

  59. 59.

    Hua XIX/1, S. 587 (A526, B54).

  60. 60.

    Ebd. Fast wörtlich wird das in Hua XXXVIII, S. 48 wiederholt. Vgl auch Hua XII, 117: Die Dinwahrnehmung ist ein „Komplex von Anschauung und Repräsentation“.

  61. 61.

    Hua XIX/2, S. 594 (A534, B62).

  62. 62.

    Hua XIX/1, S. 36 (A29–30, B29–30). V. De Palma weist darauf hin, dass bemerkenswerterweise „der erste Text, in dem die Assoziation als wesensgenetisch apperzeptionstiftend aufgefasst wird, im Kontext der Umarbeitung der VI. Untersuchung entsteht und sich auf das Zeichenbewusstsein bezieht (Hua XX/2, 184 f.)“ (V. De Palma, Husserls phänomenologische Semiotik, S. 45). Aber die gerade angeführte Passage kommt sowohl in der ersten als auch in der zweiten Auflage vor. Recht besehen handelt es sich also gerade bei dieser Textstelle um den ersten Text, wo Assoziation als apperzeptionstiftend aufgefasst wird, obwohl hier der Ausdruck „Assoziation“ nicht explizit fällt.

  63. 63.

    Vgl. Hua XIX/2, S. 678 (A621, B149).

  64. 64.

    Zahavi nennt drei verschiedene Möglichkeiten, wie diese Komponenten gegeben sein könnten, nämlich durch ein Vergangenheits-Zukunftsverhältnis (ich sah oder werde die Rückseite sehen), durch Phantasie (als ob ich die Rückseite sähe), oder dank der Intersubjektivität (ein anderes Subjekt könnte dieses Ding von der Rückseite sehen). Vgl. dazu D. Zahavi, Husserl und die transzendentale Intersubjektivität. Eine Antwort auf die sprachpragmatische Kritik. Die ersten zwei Varianten (auf die auch im Folgenden eingegangen wird) hat Rodemeyer (Intersubjective Temporality. It’s about time, S. 51) mit der Feststellung zurückgewiesen, dass die Rückseite für Husserl in der aktuellen Wahrnehmung (weder in der VergangenheitVergangenheit noch in der Zukunft) erfahren (nicht phantasiert) wird. Auf die dritte Interpretation wird das siebte Kapitel („Zeichen und Leiblichkeit als Grundlagen der Fremderfahrung“) eingehen. H. Blumberberg teilt die Meinung, die Rückseite sei intersubjektiv gegeben (H. Blumenberg, Zu den Sachen und zurück, S. 295 ff.).

  65. 65.

    Hua XIX/2, S. 620 (A526, B90).

  66. 66.

    Hua XIX/2, S. 627 (A569, B97).

  67. 67.

    Husserl benutzt in der Beschreibung dieser Struktur der Wahrnehmung die Termini „signitive“ und „leere Intentionen“ gleichbedeutend: Die leere Intention, die von der anvisierten Seite eines Dinges auf die nicht-anvisierte Seite verweist, ist eine leere und daher signitive Intention. Diese Verweisung geschieht in der Wahrnehmung selbst, nicht durch einen besonderen Akt des Bewusstseins; das Identifizierungsbewsstsein tritt nur in einem zweiten Moment auf.

  68. 68.

    Hua XIX/2, S. 609 (A550, B78).

  69. 69.

    Hua XIX/2, S. 590 (A530, B58).

  70. 70.

    Hua XIX/2, S. 572 (A511, B39).

  71. 71.

    Hua XIX/2, S. 573. (A512, B40).

  72. 72.

    Hua XIX/2, S. 574 (A513, B42). Vgl. schon im Jahr 1894 Hua XXII, S. 115 für das Beispiel einer Arabeske.

  73. 73.

    Hua XIX/2, S. 573. (A512, B40).

  74. 74.

    Hua XIX/2, S. 539 (A475, B4).

  75. 75.

    Hua XIX/2, S. 540 (A476, B4).

  76. 76.

    Für eine eingehende Untersuchung des Begriffs der Leere auch in den Umarbeitungen vgl. die Aufsätze und Texte in J. Benoist, J.-F. Courtine (Hrsg.), La représentation vide, suivi de Les Recherches Logiques, une œuvre de percée, PUF, Paris 2003. Vgl. dazu auch S. Crowell, Normativity and Phenomenology in Husserl and Heidegger, S. 39: „This emptiness is not, however, a sheer blank; rather, the content of the perceptual act prescribes certain possible fulfillings for the back side of the cup (e. g., that it will be the back ‚of the cup‘) and rules out others (e. g., that it will be a human face)“.

  77. 77.

    Hua XIX/2, S. 574 (A513, B42).

  78. 78.

    Das Wort „Indizieren“ gebraucht Husserl in den Logischen Untersuchungen zwar nicht, später aber sehr oft.

  79. 79.

    Anders gewendet, um nach etwas streben zu können, muss mir dieses Etwas schon irgendwie bekannt sein, wie Platon im Menon (in: „Werke in acht Bänden“, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 6. Aufl., 2011) ausführt.

  80. 80.

    Hua XIX/2, S. 769 (A711).

  81. 81.

    Hua XIX/2, S. 769 (B239). Vgl dazu V. Costa, Il cerchio e l’ellisse. Husserl e il darsi delle cose, Rubettino, Soveria Mannelli 2007, S. 64.

  82. 82.

    Hua XIX/2, S. 573–574 (A513, B42). Meine Hervorhebungen. Dazu sei angemerkt, dass Husserl in den Umarbeitungen dieses ersten Kapitels der sechsten Logischen Untersuchung (1913–14) alle Wörter, die mit Imagination und Bildlichkeit zu tun haben, löscht bzw. ersetzt. Das ist als Bestätigung dafür zu interpretieren, dass Husserl in späteren Jahren das Ineinanderspielen von Bilbewusstsein und Wahrnehmung deutlich zurückgenommen hat (Hua XX/1, S. 48). Zu diesem Thema siehe weiter unten.

  83. 83.

    Vgl. Hua XXXVIII, S. 29. Dieses Verhältnis ist aber kein mereologisches Verhältnis wie ein „unselbständiges Moment“ des ganzen Dinges (zur Mereologie vgl. die dritte Logische Untersuchung, insbesondere § 17 für diese Terminologie). Dass das nicht der Fall ist, betont Husserl andernorts: Dass das Ganze Teile und Seiten hat, ist Sache späterer Prädikationen und späterer Einzelauffassungen, die nicht in der ursprünglichen, schlichten Wahrnehmung beschlossen sind, aber auf ihrem Grund evident möglich sind (Hua XXXVIII, S. 199).

  84. 84.

    Hua XIX/2, S. 539 (A475, B3).

  85. 85.

    Hua XIX/2, S. 599 (A539, B67).

  86. 86.

    Hua XIX/2, S. 676 (A619–620, B147–148).

  87. 87.

    Hua XIX/2, S. 677 (A621, B149).

  88. 88.

    Hua XIX/2, S. 676–677 (A620, B148).

  89. 89.

    Vgl. dazu als Einführung in den Begriff Apperzeption und für die Übernahme psychologischer Begriffe im Text Husserls D. J. Dwyer, Husserl’s Appropriation of the psychological concepts of Apperception and Attention. Vgl. auch B. Rang, Kausalität und Motivation. Untersuchungen zum Verhältnis von Perspektivität und Objektivität in der Phänomenologie Edmund Husserls, Springer, Den Haag 1973, S. 38: „Die Abschattungsfunktion des sinnlich Gegebenen und Erlebten gründet in der Apperzeption“. Die Definition der Apperzeption befindet sich im Paragraphen 14 der fünften Logischen Untersuchung. Während objektivierende Akte auf den Gegenstand als solchen abzielen, setzt die Apperzeption die Verweise in Gang, die zwischen verschiedenen Ansichten (im Falle des Sehens; allgemeiner: verschiedenen Abschattungen) bestehen. Für die Verschiebung der Terminologie siehe Hua XIII, S. 33. In den Logischen Untersuchungen ist Apperzeption synonym mit dem später verwendeten Terminus „AppräsentationAppräsentation“, die zeigt, dass das Nicht-Gegebene in die Gegebenheit ap-präsentiert (zur Anwesenheit gebracht) wird. Unter Assoziation ist auch nach E. Holenstein die Tatsache zu verstehen, dass „jede Perzeption impliziert Vor- und Rückanzeigen, in denen die früheren und späteren Stadien des Wahrgenommenen erscheinen“ (E. Holenstein, Phänomenologie der Assoziation, S. 151). Holenstein spricht hier zufällig von „Anzeige“ und diskutiert diesen Gebrauch nicht; darin steckt aber mehr, als er gesehen hat, wie im Folgenden gezeigt wird.

  90. 90.

    Hua XIX\2, S. 589 (A528, B56).

  91. 91.

    Kurze Ausführungen zum Begriff des Symbolischen sind im Paragraphen 20 der ersten Logischen Untersuchung enthalten, wo es aber, im Einklang mit dem Sprachgebrauch der Philosophie der Arithmetik, nur um das Logische und Mathematische geht und daher ein eher beschränkter Zeichenbegriff in Spiel ist.

  92. 92.

    Hua XIX/2, S.567 (A506, B34).

  93. 93.

    Hua XXXVIII, S. 37 ff.: Die Präsentation „ergänzt sich symbolisch“; hier wird auch gleichbedeutend „signitiv“ benutzt.

  94. 94.

    Vgl. Hua XXIV, S. 276.

  95. 95.

    S. dazu ausführlicher das nächste Kapitel.

  96. 96.

    Dabei scheint mir das Wort „symbolisch“ auch tatsächlich passender als „signitiv“, da das Präfix „syn“ im Griechischen eben die Zugehörigkeit verschiedener Elemente bedeutet.

  97. 97.

    Zum Thema der Bedeutung in der Wahrnehmung siehe auch die nächsten Paragraphen.

  98. 98.

    Hua XX/2, S. 410.

  99. 99.

    Hua XIX/2, S. 567 (A506, B34).

  100. 100.

    Hua XX/1, S. 244.

  101. 101.

    Hua XXXVIII, S. 41. Auf der folgenden Seite werden die zum Wahrnehmungskern gehörigen Ergänzungen „symbolischer Gehalt“ genannt.

  102. 102.

    Hua XX/1, S. 90. Hervorhebung im Original. Dazu vgl. F. FraisopiFraisopi, Expériece et horizon chez Husserl: Contextualité et synthèse à partir du concept de „représentation vide“, in „Studia Phaenomenologica“, 2009, S. 455–476.

  103. 103.

    Hua XX/1, S. 91.

  104. 104.

    Vgl. Hua XXXVIII, S. 150–151: Das Ungesehene ist weder beurteilt, noch phantasiert. Vgl. dazu S. Crowell, Normativity and Phenomenology in Husserl and Heidegger, S. 132, wo der Autor sich auf A. NoësA. Noës Begriff von „perceptual sense“ (A. Noë, Experience of the world in time, in: „Analysis“ 66/1, 2006, S. 26–32) bezieht. Im jetzigen Kontext ist zentral, dass Crowell (vor allem S. 133) die Zeichenstruktur, die in Hua XXXVIII für die Wahrnehmung diskutiert wird, positiv systematisch einführt.

  105. 105.

    Auf diese Terminologie kommt das nächste Kapitel zu Ding und Raum zurück.

  106. 106.

    Hua XX/1, S. 90–91.

  107. 107.

    Hua XX/1, S. 94.

  108. 108.

    Ebd.

  109. 109.

    Vgl. Hua XX/1, S. 91.

  110. 110.

    Hua XX/2, S. 175.

  111. 111.

    Hua XIX/2, 623.

  112. 112.

    Rang führt – m. E. korrekterweise – diese Verlegenheit Husserls darauf zurück, dass Husserl in den Logischen Untersuchungen versucht, die hyletischen Inhalte „als indifferente Stofflichkeit außerhalb ihrer apperzeptiven Funktion zu denken“ (B. Rang, Kausalität und Motivation, S. 46); Es fehlt mit anderen Worten jene phänomenale Passivität, die erst nach den Ideen I thematisch wird (vgl. dazu S. 145–146, wo gezeigt wird, dass die Frage in Hua XI beantwortbar ist). Auf diesen Mangel hat zuerst Sartre Sartre in L’imaginaire: Psychologie phénoménologique de l’imagination, Gallimard, Paris 1936, hingewiesen.

  113. 113.

    Die These geht auf L. Tengelyi, Ausdruck und Erfahrung, S. 195, zurück, der das aber dadurch rechtfertigt, dass die Wahrnehmung immer schon kategorial ist. Obwohl das sicher richtig ist, besteht kein Zwang, auf die kategoriale Anschauung, also außerhalb der sinnlichen Wahrnehmung, zurückzukommen, sondern es genügen die Aussagen Husserls zur sinnlichen Erfahrung selbst, nach denen die Wahrnehmung immer auch symbolisch stattfindet. Das Zeichen ist nämlich nicht notwendig kategorial, da bspw. Anzeigen nichtkategoriale Zeichen sind (Vgl Hua XX/2, S. 16 ff.).

  114. 114.

    Hua XXIII, S. 34.

  115. 115.

    Hua XXIII, S. 35.

  116. 116.

    Hua XXXVIII, S. 39. Damit wiederholt Husserl seine von uns schon angeführte und diskutierte Kritik, reduziert diese aber auf Sprachzeichen allein.

  117. 117.

    Zu demselben Ergebnis kommt auch T. De Boer: „Husserl contends that every perceptual intention is interwoven with its own signitive intentions pointing to what is there to be perceived. Such significations may run with meanings and concepts, but they have a non-conceptual and non-expressive character. They are significations peculiar to the interpreted appearances themselves, whereby the latter indicate potential appearances that may be actualised in further perceptual acts“ (T. De Boer, The Development of Husserls Thought, S. 140).

  118. 118.

    Zur Frage nach der Idealität der Bedeutung auch im Hinblick auf die Wahrnehmung vgl. den kurzen, aber dichten Aufsatz von J. N. MohantyMohanty, Husserl’s Thesis of the Ideality of Meaning, in: Id. (Hrsg.), „Readings on Edmund Husserl’s Logical Investigations“, Nijhoff, den Haag 1977, S. 76–82.

  119. 119.

    Hua XIX/2, S. 610 (A552, B80).

  120. 120.

    Vgl. Hua XIX/2, S. 611 (A552, B80). Husserl analysiert hier zwei Grenzfälle dieser Gleichung, auf die hier aber nicht weiter eingegangen werden kann.

  121. 121.

    Hua XIX/2, S. 592, (A532, B60). Textbelegt ist somit der Versuch, schon in der sechsten Logischen Untersuchung zwischen einer strictu sensu signifikativen und einer strictu sensu signitiven Intention zu differenzieren. Obwohl es stimmt, wie U. Melle gezeigt hat, dass diese Unterscheidung erst in den Umarbeitungen klar zutage tritt, ist in der erwähnten Passage schon der Keim dieser Unterscheidung zu finden (Vgl. U. Melle, Signitive und signifikative Intentionen).

  122. 122.

    Hua XIX/2, S. 592, (A532, B60). Das drückt Husserl in den Umarbeitungen so aus, dass auch beim wortlosen Erkennen das Wort „dunkel“ dabei ist (Hua XX/1, S. 86).

  123. 123.

    Hua XIX/2, S. 594 (A534, B62). Vgl. auch S. 609 (A550–551, B78–79).

  124. 124.

    Zur Synthese der Identität vgl. Hua XIX/2, S. 588. Zum Begriff der Synthesis in den Logischen Untersuchungen vgl. allgemein J. LampertLampert, Synthesis and Backward Reference in Husserl’s Logical Investigations, Springer, Den Haag 1995; zur bestimmt aufschlussreichen, letztlich aber problematischen Kontinuität zwischen „kontinuierlicher Synthesis“ und „passiver Synthesis“ vgl. J.-K. LeeLee, Welt und Erfahrung: Zur transzendental-phänomenologischen Thematisierung der Welt bei Edmund Husserl als Kritik des objektivistischen Weltbegriffs, Peter Lang, Frankfurt a. M. 1991, S. 161 ff.

  125. 125.

    Setzt die hier vorliegende Interpretation den Akzent eher auf den Gegenstand, so hat S. Crowell den Akzent eher auf die Bedeutung gesetzt. Siehe S. Crowell, Husserl, Heidegger, and the Space of Meaning, Northwestern University Press, Evanston 2001.

  126. 126.

    R. Bernet, I. Kern, E. Marbach, Husserl. Darstellung seines Denkens, S. 111. Vgl. auch R. Bernet, La vie du sujet. Recherches sur l’interprétation de Husserl dans la phénoménologie, PUF, Paris 1994, S. 126, wo Husserls Auffassung in den Logischen Untersuchungen stark kritisiert wird, diese Kritik aber meines Erachtens auf einer vereinfachenden Lektüre basiert, die Husserls Wahrnehmungstheorie auf eine Zeichentheorie der Wahrnehmung im herkömmlichen Sinne zurückführt.

  127. 127.

    Hua XIX/2, S. 567 (A506, B34).

  128. 128.

    Hua XIX/2, S. 555 (A492, B20).

  129. 129.

    Zur Unterscheidung zwischen Gegenstand und Bedeutung vgl. Paragraph 12 der ersten Logischen Untersuchung. Darüber hinaus unterscheidet Husserl in der fünften Logischen Untersuchung den Auffassungssinn, auch „Sinn der gegenständlichen Auffassung“ (Hua XIX/1, S. 430, A390, B416) genannt, der zum intentionalen Wesen jedes Aktes gehört, und das „bedeutungsmäßige Wesen“ (Hua XIX/1, S. 431, A392, B417), das nur den mit Ausdrücken verbundenen bedeutungsverleihenden Akten zukommt. Tugendhat macht m. E. korrekterweise darauf aufmerksam, dass „in der sechsten Logischen Untersuchung die Unterscheidung von Sinn und Gegenstand unversehens ganz zurückgetreten“ (E. Tugendhat, Der Wahrheitsbegriff bei Husserl und Heidegger, S. 95) ist, aber die hier angeführten Analysen zielen darauf ab, diese Unterscheidung auch bei der Phänomenologie der Wahrnehmung beizubehalten.

  130. 130.

    Vgl. Hua XXVI, S. 77–78: „Zunächst mag ja der Gegenstand in einer schlichten Vorstellung vorgestellt sein, in einem stetigen Einheitsbewußtsein, vor aller Kategorie. Diese schlichte Vorstellung mag eine leere oder eine intuitive sein. Soweit liegt noch nichts von Denken im prägnanten Sinn vor. Dazu kommt es erst, wenn die Vorstellung kategoriale Formen annimmt“.

  131. 131.

    Vgl. dazu Hua XX/1, S. 311: Als Antwort auf W. Wundt merkt Husserl in den Entwürfen für eine neue Einleitung der Logischen Untersuchungen an, dass Phänomenologie und Lehre von Wortbedeutungen klarerweise nicht dasselbe sind. Die Lehre der Bedeutungen, seien sie ausdrückliche oder nicht, ist nur ein Teil der Phänomenologie. Davon zu sondern sind die „phänomenologischen Analysen der Wahrnehmung, der Phantasie, der Abbildvorstellung […], die gelegentlich in Verbindung mit verbalen Phänomenen auftreten (und insbesondere, wo diese zu evident gebenden logischen Erkenntnissen werden sollen), denen aber diese Verbindung außerwesentlich ist“.

  132. 132.

    Das teilt auch E. Marbach in R. Bernet, I. Kern, E. Marbach, Edmund Husserl. Darstellung seines Denkens, S. 131.

  133. 133.

    Hua XX/1, S. 77.

  134. 134.

    Diese Position hat M. SummaSumma neuerdings vertreten: M. Summa, Spatio-temporal Intertwining. Husserl’s Transcendental Aesthetic, Springer, Dordrecht 2014, S. 201: Das Verhältnis von signitiven und intuitiven Intentionen in der Wahrnehmung ist „clearly inspired by the phenomenological analysis of the consciousness of signs developed in the First Investigation“.

  135. 135.

    Hua XIX/2, S. 625 (A567, B95).

  136. 136.

    Insofern gilt es, Tugendhat unmittelbar zuzustimmen: „das Wort ‚Bedeutung‘ passt nur zu den Ausdrücken, nicht zu den Akten“, während „Sinn“ verallgemeinert werden kann. „Ein Akt braucht sich nicht in einem Ausdruck und damit einer Bedeutung zu artikulieren“ (E. Tugendhat, Der Wahrheitsbegriff bei Husserl und Heidegger, S. 36).

  137. 137.

    E. Tugendhat, Der Wahrheitsbegriff bei Husserl und Heidegger, S. 52.

  138. 138.

    E. Tugendhat, Der Wahrheitsbegriff bei Husserl und Heidegger, S. 70.

  139. 139.

    Unter „imaginative“ Intentionen werden im Allgemeinen Arten der Vorstellung, sowohl von Bildern als auch von Phantasiegegenständen, verstanden: Hua XIX/2, S. 587–588 (A527–528, B55–56).

  140. 140.

    Einige Forscher haben pauschal postuliert, die anderen Seiten des Gegenstandes seien phantasiert, vermutlich aufgrund von Hua XIX/1, S. 434 (A394, B420), auf die gleich eingegangen wird, wo diese Interpretation nahegelegt wird. Husserls kurze Ausführungen zur phantasierten Rückseite eines wahrgenommenen Gegenstandes sind aber insofern nicht sein letztes Wort, als solche Phantasievorstellungen „den wesentlichen Inhalt“ (ebd.) des Aktes nicht berühren, während die signitiven Komponenten jedem Wahrnehmungsakt wesensmäßig zugehören.

  141. 141.

    Zum selben Ergebnis würde auch eine Analyse des Verhältnisses zwischen Phantasie und Wahrnehmung in den Manuskripten zum Bildbewusstsein (Hua XXIII) kommen, wo beide Vorstellungsarten gleichursprünglich sind und eine Fundierung der Phantasie auf Wahrnehmungsakte expressis verbis abgelehnt wird (dazu siehe S. Micali, Überschusse der Erfahrung, S. 226).

  142. 142.

    Hua XIX/2, S. 591 (A531, B59). Meine Hervorhebung.

  143. 143.

    „[D]ie signitiven Intentionen [sind] in sich leer und der Fülle bedürftig“, Hua XIX/2, S.607 (A548, B76).

  144. 144.

    Hua XIX/2, S. 591.

  145. 145.

    Vgl. etwa Hua XIX/1, S. 483 (A435, B465).

  146. 146.

    Hua XIX/1, S. 525 (A468, B504).

  147. 147.

    Hua XIX/1, S. 646 (A588, B116).

  148. 148.

    Vgl. für diese Interpretation neulich D. PopaPOpa, Apparence et réalité. Phénoménologie et psychologie de l’imagination, Hildesheim, Olms, 2012.

  149. 149.

    Zum Begriff der Vergegenwärtigung bei Husserl zwischen Bild- und Anschauungsbewusstsein vgl. A. BorsatoBorsato, Innere Wahrnehmung und innere Vergegenwärtigung, Könighausen & Neumann, Würzburg 2009.

  150. 150.

    Hua XX/1, S. 88.

  151. 151.

    Der Terminus „HorizontHorizont “ kommt in den Logischen Untersuchungen nicht vor; seine Einführung in den Umarbeitungen ist das Ergebnis der Ausführungen in den Ideen I, wie im einschlägigen Kapitel zu zeigen sein wird.

  152. 152.

    Hua XX/1, S. 90.

  153. 153.

    Hua XIX/2, S. 594 (A534, B52).

  154. 154.

    Hua XIX/2, S. 623 (A565, B93).

  155. 155.

    Ebd.

  156. 156.

    Hua XIX/2, S. 647 (A589, B11).

  157. 157.

    Hua XX/1, S. 90.

  158. 158.

    Vgl. Hua XXXVIII, S. 151: „Die Vorstellung der abgewendeten Seiten des Dinges im Phantasiebild ist deskriptiv jedenfalls nur ausnahmsweise zu konstatieren“.

  159. 159.

    Hua XIX/2, S. 613 (A554, B82).

  160. 160.

    Ebd.

  161. 161.

    Dass die gegenständliche Auffassung durch Imagination ermöglicht wird, ist bekanntlich die These, die E. Fink verteidigt: Vgl. E. Fink, Vergegenwärtigung und Bild. Beiträge zur Phänomenologie der Unwirklichkeit, in Id., „Studien zur Phänomenologie 1930–1939“, Den Haag, M. Nijhoff 1966, S. 1–78.

  162. 162.

    Vgl. die Ausführungen im fünften Kapitel zu Husserls These des Dinges als „Zeichen für sich selbst“.

  163. 163.

    Vgl. Hua XIX/2, S. 613 (A83, B555).

  164. 164.

    Zu diesem Begriff siehe das vorherige Kapitel.

  165. 165.

    Obwohl es scheinen mag, als könnte „Intention“ in einer solchen Auffassung mit „Erwartung“ gleichgesetzt werden, besteht Husserl darauf, dass Intention insofern nicht Erwartung ist, als ihr eine Gerichtetheit auf Zukünftiges nicht „wesentlich“ zukommt (Hua XIX/2, S. 573, A512 B40). Siehe dazu B. Rang, Motivation und Kausalität, S. 174, der hervorhebt, dass sich diese Sachlage dann mit der genetischen Phänomenologie ändert. Dabei ist aber anzumerken, dass Husserls Beschränkung sich auf das Wesen der Intention bezieht: Nicht alle Intentionen sind Erwartungen, aber einige schon, da sie immer auf Erfüllung (also auf Zukünftiges) aus sind.

  166. 166.

    Hua XIX/1, S. 207 (A202, B204).

  167. 167.

    Hua XIX/1, S. 208 (A202, B204).

  168. 168.

    Ebd. Für eine Weiterführung dieses Gedankens mit ähnlichen Worten vgl. Hua X, S. 145; hier ist aber nicht von Anzeichen die Rede, sondern davon, dass das indirekt Gesehene „mit einem gewissen Mangel behaftet“ erscheint; das indirekt Gesehene „zieht die Befriedigung der Intention nach sich“, direkt gesehen zu werden. Husserl schwankt in diesen früheren Texten zwischen zwei Auffassungen: Einerseits ist es das direkt Gesehene, das das indirekt Gesehene anzeigt; andererseits ist es das indirekt Gesehene, das diese Anzeichen trägt. Etwa in Hua XIX/2, S. 573 (A512, B40) sind die „in die Wahrnehmung fallende Bestimmtheiten“, die hinweisen; systematisch fällt auch schwer zu verstehen, wie etwas „Ungesehenes“ anzeigen könnte. Die erste Auffassung scheint aus systematischen Gründen plausibler, und in späteren Texten von Husserl ist diese auch die klar bevorzugte Beschreibung der Sachlage.

  169. 169.

    Zum Begriff der Textur siehe die Ausführungen G. Figals, die schon in der Einleitung aufgegriffen worden sind.

  170. 170.

    Inwiefern die These einer semiotischen Vermitteltheit der Gegebenheit ein Problem für die Phänomenologie Husserls darstellen kann, und wie die Gegenüberstellung vom Anspruch auf adäquate Gegebenheit und der Unmöglichkeit einer solche Adäquation zu verstehen ist, hat D. PradellePradelle ausführlich diskutiert: vgl. D. Pradelle, L’archéologie du monde: Constitution de l’espace, idéalisme et intuitionnisme chez Husserl, Springer, Den Haag 2000, S. 177 ff. Auf diesen Punkt einzugehen würde aber weit über die Grenzen der vorliegenden Arbeit hinausgehen.

  171. 171.

    Vgl. J. Derrida, Marges de la philosophie, Les Éditions de Minuit, Paris 1972, S. 187: „La phénoménologie n’a critiqué la métaphysique en son fait que pour la restaurer“. Der Meinung, dass das eine Vereinfachung ist, ist auch V. Costa; siehe V. Costa, Introduzione, in: Id., Il cerchio e l’ellisse. Sehr klar in Bezug auf diese Problematik ist K. Held, der einerseits das Problem deutlich formuliert, letztlich aber mit der Unmöglichkeit der Verweisungslosigkeit einverstanden ist: „Ursprüngliche intentionale Erfahrung […] das heißt nunmehr: GegenwärtigenGegenwärtigen […]. Gegenwärtigungen aber sind daran erkennbar, dass sie keinen solchen Verweis mehr enthalten. Vergegenwärtigung und Vergegenwärtigtes sind also irgendwie intentional abgeleitet, bedingt oder begründet, Gegenwärtigung und Gegenwärtiges vorausgesetzt, bedingend oder zugrundeliegend“ (K. Held, Lebendige Gegenwart. Die Frage nach der Seinsweise des transzendentalen Ich bei Husserl, entwickelt am Leitfaden der Zeitproblematik, Spinger, Den Haag 1966, S. 10). Dass Vergegenwärtigung Gegenwärtigung voraussetzt, ist deutlich einsehbar; dass aber Gegenwärtigung als solche ohne Verweis auf weitere mögliche Gegenwärtigungen sein kann, scheint angesichts des hier Angeführten fraglich; das Ergebnis von Helds Untersuchung zeigt selbst in aller Deutlichkeit, dass eine solche Setzung absolut reiner Präsenz innerhalb der husserlschen Phänomenologie unhaltbar ist.

  172. 172.

    Hua XII, S. 349–350.

  173. 173.

    Hua XIX/2, S. 723 (A666, B194).

  174. 174.

    Der Meinung sind auch E. Holenstein, Phänomenologie der Assoziation, S. 151 und V. Costa, Il cerchio e l’ellisse, S. 120.

  175. 175.

    Hua XX/2, S. 133. Hervorhebungen im Original. Im Text hat sich Husserls Sprachgebrauch leicht verschoben gegenüber der ersten Logischen Untersuchung, wie schon im zweiten Kapitel gezeigt wurde; in diesem Text steht das Wort „Zeichen“ als Synonym für bedeutungstragende Ausdrücke, sodass die Anzeige nicht als Gattung des so verstandenen Zeichens angesehen wird.

  176. 176.

    Hua XX/2, S. 190.

  177. 177.

    Hua XX/2, S. 219.

  178. 178.

    Hua XX/2, S. 287. Meine Hervorhebung. Dasselbe ist noch einmal später im Text hervorgehoben: „Die gegebenen Inhalte sind hier Anhalt für das Verständnis, aber sie sind nicht Zeichen im eigentlichen Sinn des Wortes. Sie deuten hin, bedeuten aber nicht. Im Fall des Zeichens haben wir einen Inhalt, der nicht für sich selbst Interesse erregt, sondern nur als Anhalt für die Hindeutung. Er mag Interesse erregen, das lebhafte Interesse, aber es ist immer ein Interesse, das nicht ihm selbst gilt, sondern dem, auf was er hinweist.“ (Hua XX/2, S. 289; meine Hervorhebungen). Husserl äußert sich damit kritisch gegen sprachliche Zeichen, nicht gegen Zeichen überhaupt als dynamische Hinweise.

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D’Angelo, D. (2019). Husserls Semiotik der Wahrnehmung in den Logischen Untersuchungen. In: Zeichenhorizonte . Phaenomenologica, vol 228. Springer, Cham. https://doi.org/10.1007/978-3-030-17468-2_3

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-030-17468-2_3

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  • Publisher Name: Springer, Cham

  • Print ISBN: 978-3-030-17467-5

  • Online ISBN: 978-3-030-17468-2

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