Zusammenfassung
Die Organtransplantation ist derzeit für Patienten mit chronischem oder akutem Organversagen in der Regel die überlegene oder einzige Behandlungsoption. Obwohl in Deutschland täglich rund zwölf Transplantationen durchgeführt werden, versterben im selben Zeitraum drei Patienten, da nicht rechtzeitig ein geeignetes Organ zur Verfügung steht. Die seit Jahren stagnierenden Organspendezahlen und die erfolgsbedingt erweiterte Indikationsstellung zur Transplantation führen zu kontinuierlich wachsenden Wartelisten mit derzeit über 12.000 Patienten. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland mit 13 Organspenden pro eine Million Einwohner im unteren Drittel. Über 20 Organspenden pro Million Einwohner in einigen Regionen Deutschlands zeigen allerdings, dass die Spenderate bundesweit erhöht werden kann.
Umfrageergebnisse (forsa) legen nahe, dass der Informationsgrad zum Thema Organspende mit der Bereitschaft zur Organspende korreliert. Deshalb wird in einer intensivierten, zielgruppenspezifischen Öffentlichkeitsarbeit ein Weg zur Verbesserung der Organspendesituation gesehen.
Ein weiterer, entscheidender Weg ist die verstärkte Beteiligung der rund 1400 Krankenhäuser mit Intensivstationen an der Organspende, wie es im Transplantationsgesetz im Sinne einer Gemeinschaftsaufgabe vorgesehen ist. So sind Krankenhäuser zur Mitteilung möglicher Organspender an die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO; Koordinierungsstelle Organspende) verpflichtet. 2004 beteiligten sich allerdings nur rund 41% der Kliniken aktiv an der Organspende.
Die größten Hindernisse für eine stärkere Beteiligung der Krankenhäuser an der Organspende sieht die DSO in Defiziten bei der Erkennung möglicher Organspender, bei der adäquaten Beurteilung der Spendereignung und in der notwendigen konsequenten Intensivtherapie vor und nach der Hirntodfeststellung.
Dies wird auch in Untersuchungen der Organspenderegion Mitte (Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland) in 2002 deutlich: In 38% der Todesfälle bei Patienten mit akuter Hirnschädigung wurde aufgrund von Kreislaufstillstand oder Multiorganversagen eine Organspende ausgeschlossen.
Um dieser Situation zu begegnen und mehr Organspenden möglich zu machen, bietet die DSO rund um die Uhr orientierende Konsile sowie umfassende Unterstützung im Organspendeprozess an. Dazu gehören u.a. die Klärung der Spendereignung, die Unterstützung bei der Hirntoddiagnostik, beim Angehörigengespräch, bei Spenderbetreuung und -untersuchungen sowie alle logistisch-organisatorischen Maßnahmen. Bewährt haben sich in diesem Zusammenhang Transplantationsbeauftragte in Krankenhäusern, die als interne und externe Ansprechpartner für die Organspende Prozessablaufpläne implementieren und mit der DSO kooperieren.
Neben der Unterstützung im Spendeprozess fördern DSO-Fortbildungen die Handlungssicherheit der ärztlichen und pflegerischen Mitarbeiter im Akutfall und auch im Umgang mit trauernden Angehörigen und der Frage nach Organspende. Diese Handlungssicherheit ist vor dem Hintergrund der jüngsten Studienergebnisse besonders wichtig, nach denen das Intensivpersonal zwar in hohem Maße Organspenden positiv bewertet (83,8%), sich aber rund 61% der Befragten im Umgang mit der Akutsituation unzureichend vorbereitet sieht. Diese Unsicherheit wird v. a. im Gespräch mit den Angehörigen möglicher Organspender deutlich, dem sich rund 47% der Befragten eher nicht gewachsen fühlt.
Die Organspende als interdisziplinärer Prozess, der zusätzlich von Entscheidungen auf den Ebenen der Krankenhausleitung und der Gesundheitspolitik sowie dem Meinungsklima in Bevölkerung und medizinischen Fachkreisen abhängig ist, kann nur in enger Kooperation und mit der Motivation und Aktion aller Verantwortlichen gefördert werden.
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© 2006 Steinkopff Verlag
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Mauer, D., Gabel, D., Eisenreich, S., Smit, H. (2006). Organspende in Deutschland. In: Mauer, D., Gabel, D. (eds) Intensivmedizin und Management bei Organspende und Transplantation. Steinkopff. https://doi.org/10.1007/3-7985-1611-1_2
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DOI: https://doi.org/10.1007/3-7985-1611-1_2
Publisher Name: Steinkopff
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