Zusammenfassung
Nach einer entsprechend lokalisierten Hirnschädigung können Patienten selektiv nicht mehr in der Lage sein, die Orientierung von Objekten zu bestimmen, obwohl sie diese Objekte nach wie vor richtig identifizieren können. Eine auf dem Kopf stehende Romy Schneider wird z.B. richtig identifiziert, aber der Kranke erkennt nicht, dass das Photo der Schauspielerin eine umgekehrte, auf dem Kopf stehende Orientierung aufweist. Die klassische Interpretation dieses Phänomens durch Best (1917) geht davon aus, dass es zu einem Ausfall eines neuronalen Systems gekommen ist, das auf die Analyse der Orientierung von Objekten spezialisiert ist. Neuere Untersuchungen zeigten jedoch, dass es sich bei der Erkrankung nicht um eine generelle Agnosie für Objektorientierungen handelt. Vielmehr sind die Patienten unfähig, die Orientierung vornehmlich solcher Objekte zu bestimmen, die eine nicht aufrechte Orientierung aufweisen. Das Erkennen der aufrechten Orientierung bereitet ihnen dagegen deutlich weniger Schwierigkeiten. Eine alternative Erklärung des Phänomens verzichtet daher auf die Annahme eines gestörten »Zentrums für die Analyse der Orientierung von Objekten«. Sie geht davon aus, dass Objekte durch Neurone repräsentiert werden, die auf bestimmte Ansichten, Orientierungen und Größen von Objekten geprägt wurden und dass in unserem Gehirn mehr Neurone für aufrecht orientierte als für nicht aufrecht orientierte Objekte existieren. Entsprechend sollte das Wahrnehmungsvermögen für die aufrechte Orientierung von Objekten bei einer Hirnschädigung robuster sein, als die Wahrnehmung nicht aufrechter Objektorientierungen.
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Karnath, HO. (2006). Agnosie von Objektorientierungen. In: Karnath, HO., Thier, P. (eds) Neuropsychologie. Springer-Lehrbuch. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/3-540-28449-4_13
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