6. Zusammenfassung
Klinische Neuropsychologie, die sich ursprünglich mit eng umgrenzten strukturellen Schädigungen des Gehirns und ihren Auswirkungen auf Kognition, Motivation, Emotion und Verhalten befasste, wird um die Perspektive von Funktionsstörungen des Gehirns erweitert. In diesem Zusammenhang gewinnen Erkenntnisse zu funktionell-neuroanatomischer Lokalisation und Organisation psychopathologischer Auffälligkeiten sowie psychischer Störungen zunehmend Beachtung. Im Mittelpunkt des Interesses stehen Modellbildungen auf Basis zentralnervöser Prozesse in Form von Netzwerken auf kortikaler und subkortikaler Ebene. Um einen komplexeren Zusammenhang zwischen Zentralnervensystem und Verhalten sowie Erleben herstellen zu können, wird ein Modell der gemeinsamen Endstrecke („final common pathway“) herangezogen. Im Gegensatz zur Annahme einer mehr oder weniger engen Beziehung zwischen Schädigungsort im Gehirn und gestörter Funktion wird davon ausgegangen, dass ähnliche Funktionsstörungen unabhängig von der Lokalisation einer Beeinträchtigung auftreten können, weil die beteiligten Subsysteme (“Module”) eines einzelnen Funktionssystems untereinander und verschiedene Funktionssysteme miteinander eng verbunden für das Zustandekommen höherer Hirnleistungen ausschlaggebend sind. Auf Basis dieses Ansatzes finden Beeinträchtigungen im Bereich der kognitiven Funktionen (Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Lernen Gedächtnis, Planen sowie Problemlösen und Handlungskontrolle) bei psychischen Störungen spezielle Beachtung. Ein dynamisches System auf Basis einer Verbindung von Neuro- und Verhaltenswissenschaften lässt innerhalb der Psychopathologie und der Psychotherapie die Entwicklung einer neuen wissenschaftlichen Identität erkennen.
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Kryspin-Exner, I. (2006). Neuropsychologie psychischer Störungen. In: Lehrner, J., Pusswald, G., Fertl, E., Kryspin-Exner, I., Strubreither, W. (eds) Klinische Neuropsychologie. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/3-211-32303-1_38
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