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Über den (missverstandenen) göttlichen Namen

Sprachliche Momente Negativer Theologie im Mittelalter

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Kultur Nicht Verstehen
  • 289 Accesses

Auszug

Epistemologisch kann das Verstehen als eine sprachlich vermittelte Handlung bezeichnet werden, die entweder im individuellen Inneren oder im Zwischenmenschlichen den hermeneutischen Abgrund zu überbrücken versucht. Dem Verstehen liegt die Dichotomie zwischen dem Eigenen und dem Fremden zu Grunde. Sowohl bei dem selbstreflexiven Sich-Verstehen als auch bei der Verstehensbemühung fremder Phänomene bleibt die Grunddichotomie zwischen erkennendem Subjekt und zu erkennenden Objekten erhalten.01 Aber bei dem Verstehensakt geht es um mehr als das, was erkenntnistheoretisch und sprachlich gefasst werden kann, nämlich um eine verborgene Abstraktion, das in der Vormoderne durch den theologischen Diskurs vermittelt und in der Moderne in den psychologischen Diskurs der Innerlichkeit absorbiert wurde.02

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Literatur

  1. — Für eine einführende Darstellung der verschiedenen Tendenzen und Entwicklungen bezüglich dieser Frage, insbesondere in der Moderne vgl. Karl-Otto Apel, »Verstehen«, in: Historisches Wörterbuch der Philosophic Band 11, Sp. 918–938.

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  2. — Vgl. Grimm, Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1886, Band 12, Sp. 1665 (»verstehen als ausdruck für den vorgang des geistigen erfassens«), Sp. 1673 (»in zusammenhange, in der gesamtheit aller beziehungen ein ding oder einen menschen erfassen, begreifen, durchschauen; den sinn einer sache, die handlungsweise eines menschen erkennen und mit verständnis begleiten.«).

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  3. — Wilhelm Dilthey, Der Aufbau der geschichtlichen Welt in den Geisteswissenschaften, in: ders., Gesammelte Schriften, Band VII, Leipzig / Berlin 1942, S. 191.

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  4. — Zur Problematik der Grenzen des Verstehens vgl. Dilthey (wie Anm. 3), S. 227.

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  5. — Aurelius Augustinus, De magistro — Über den Lehrer, übers. und hg. von Burkhard Mojsisch, Stuttgart 1998, S. 95. Vgl. auch John M. Rist, Augustine: Ancient thought baptized, Cambridge 1994, S. 42: »(T)here is a sense in which no one can teach anyone else anything at all.«

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  6. — Vgl. Yossef Schwartz, »In the Name of the One and of the Many: Augustine and the Shaping of Christian Identity«, in: ders. /Volkhard Krech (Hgg.), Religious Apologetics — Philosophical Argumentation, Tubingen 2004, S. 49–67.

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  7. — Vgl. Peter Brown, Augustine of Hipo: A Biography, Berkeley / Los Angeles 1969, S. 46 ff.; die Lage scheint mir damit genau umgekehrt zu sein, als es von Van der Meer beschrieben wird. Vgl. auch Frederik Garben Louis Van der Meer, Augustinus der Seelsorger: Leben und Wirken eines Kirchenvaters, übers. von Nicolaas Greitemann, Köln 31958, S. 225: »Im Alter von zweiunddreißig Jahren hatte er [Augustinus — Y.S.I dann plötzlich, scheinbar durch Zufall, das Ideal der christlichen Asketen kennengelernt.« Gegen diese naive Lesart der Selbstdarstellung Augustinus’ im achten Buch der Confessiones sehe ich das Zölibat als ein grundsätzliches ethisches Postulat, das er vor seiner Bekehrung nicht erfüllen konnte und das ihn während seines ganzen erwachsenen Lebens begleitet hat. Dazu vgl. Auch Romano Guardini, Die Bekehrung des Aurelius Augustinus (Leipzig 1935), Mainz / Paderborn 1989, S. 47–65, 139—148.

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  8. — Ioannes Caramuel Lobkowitz, »Iudicium«, n.7, in: Iosephus Ciantes, Summa divi Thomae Aquinatis Contra Gentiles quam Hebraice eloquitur, Roma 1657, S. 3: »Deum innocents Martyres, non loquendo, sed moriendo confesi sunt, et eumdem plerique Heterodoxi non loquendo, sed vivendo pernegant.«

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  9. — Diese berühmte These ist vor allem mit den Namen von Leo Strauss verbunden, vgl. Leo Strauss, Philosophie und Gesetz, Berlin 1935; ders., Persecution and the Art of Writing, Chicago / London 1952. So wie es bei Strauss zu einem allumfassenden exegetischen Prinzip in der Auslegung philosophischer Texte entwickelt wurde, ist es in der heutigen Forschung inakzeptabel, trotzdem enthält die originelle These noch aktuelle Elemente.

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  14. Ebd., S. 208: »Weile aber die Notwendigkeit, zu den Menschen zu reden, es mit sich brachte, dass Gott ihnen mit ihren Vollkommenheiten dargestelt werde, damit nach dem Ausspruch unserer Lehrer: >Die H. Schrift spricht die Sprache der Menschen<, irgend eine Vorstellung in ihnen bestehen bleibe, sind wir schließlich bei diesen Ausdrücken geblieben.«

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  15. Ebd., 1: 61; Weiss, S. 221 f.

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  16. Ebd., S. 226: »In der Pirke des R. Eliezer findet sich der Ausspruch: >Ehe die Welt erschaffen wurde, existierte nur Gott und sein Name<. Achte nun darauf, wie dieser Ausgleich es offenbar macht, dass alle diese abgeleiteten Namen erst nach Entstehung der Welt aufgekommen sind.«

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  17. Ebd., S. 225: »deshalb hat Gott verheißen, dass die Menschen eine Erkenntnis erlangen werden, die ihnen diese Zweifel benehmen wird, und so sagt die H. Schrift: >An diesem Tage wird der Herr einzig sein und sein Name einzig< (Z’kharj. 14:9), nämlich so wie er selbst nur Einer ist, wird er auch mit Einem Namen bezeichnet werden, der nur das Wesen bezeichnet und nicht abgeleitet ist.« 18 — Vgl. Moshe Idel, Maïmonide et la mystique juive, Paris 1991.

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  18. — Giovanni Pico della Mirandola, Conclusiones nongentae, in: Stephen A. Farmer, Syncretism in the West: Pico’s goo Theses, Tempe, Arizona 1998, S. 546: »ita Rabi Moyses aegyptius, in libro qui a latinis dicitur dux neutrorum, dum per superficialem verborum cortichem videtur cum Philosophis ambulare, per latentes profundi sensus intelligentias, mysteria complectitur Cabalae«. Zum Picos jüdische Quellen in seiner Maimonides Interpretation, vor allem bei Abraam Abulafia, vgl. Chaim Wirszubski, Pico dell Mirandola’s Encounter with Jewish Mysticism, Jerusalem 1989, S. 84–99.

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  19. — Vgl. Yossef Schwartz, »To Thee is silence praise«: Meister Eckhart’s reading in Maimonides’ Guide of the Perplexed, Tel Aviv 2002 (Hebräisch).

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  20. — Meister Eckhart, Prologus in opus propositionum 6, in: LW I,169, 3–8: »Rursus eodem modo se habet de uno, scilicet quod solus deus proprie aut unum aut unus est. Deut. 6: >deus unus est<. [...] Praeterea li unum est negatio negationis. Propter quod soli primo et pleno esse, quale est deus, competit, de quo nihil negari potest, eo quod omne esse simul praehabeat et includat.«; Expositio libri Exodi 74; LW II, 77, 11: »Unum [...] est negatio negationis, quae est purissima affirmatio vel plenitudo termini affirmati«; ebd., LW II, 482, 4: »Li unum est quod indistinctum.« Die lateinische Werke Eckharts zitiere ich nach der Kohlhamer Ausgabe: Die lateinischen Werke, Bände 1–5, hg. von Joseph Koch, Konrad Weiss, Ernst Benz u.a. (Hgg.), Stuttgart 1936 ff.

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  21. Expositio libri Exodi 164; LW II, 144, 9–12: »Et fortassis videri alicui quod esse esset ipsum nomen quattuor litterarum. Ad litteram enim li esse habet quattuor litteras, multas proprietates et perfectiones latentes. Ipsum etiam non videtur >sumptum ab opere nee dictum a participatione<. Sed haec hactenus.«

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  30. Fuhrer der Unschlüssigen I: 50; Weiss, S. 153.

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  31. Ebd., Einleitung; Weiss, S. 6.

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  32. — Dieses Thema diskutiert Maimonides im ersten Buch ausführlich, vgl. Ebd., 1:34; Weiss, S. 98–108.

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  33. — Eckhart, Daz Buoch der goetlichen Troestung, Largier II, S. 312.

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© 2005 Institut für Theorie der Gestaltung und Kunst (ith)

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Schwartz, Y. (2005). Über den (missverstandenen) göttlichen Namen. In: Albrecht, J., Huber, J., Imesch, K., Jost, K., Stoellger, P. (eds) Kultur Nicht Verstehen. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/3-211-27392-1_11

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