Zusammenfassung
Das Abkommen konzentriert die gesamte Haftung auf eine Person, nämlich auf den Inhaber der Kernanlage. Dieser ist ausschließlich haftbar für jeden Kernunfall, der sich in oder im Zusammenhang mit einer Kernanlage ereignet. Als Inhaber der Kernanlage gilt jene physische oder juristische Person privaten oder öffentlichen Rechts, die von der, zuständigen Behörde als Inhaber der Kernanlage bezeichnet oder anerkannt wird. Diese Begriffsbestimmung mag ungenau erscheinen, berücksichtigt jedoch die verschiedenen Rechtssysteme und wirtschaftspolitischen Auffassungen der einzelnen Staaten hinsichtlich der Bewilligungspflicht einer Kernanlage. Die Frage der Genehmigung von Anlagen oder des Genehmigungsverfahrens wird vom Abkommen bewußt nicht geregelt 35). Wo eine Bewilligung zum Betrieb von Kernanlagen erforderlich ist, gilt als Inhaber der Kernanlage jene Person, der die Bewilligung erteilt wird. In allen anderen Fällen ist der Inhaber jene Person, von der die zuständige Behörde den Nachweis der finanziellen Deckungsvorsorge verlangt. Wenn sich jedoch ein Kernunfall außerhalb der Grenzen jenes Vertragsstaates ereignet, in dem die Kernanlage betrieben wird, könnte diese Bestimmung zu verschiedenen Auslegungen führen. Das Abkommen sieht deshalb vor, daß das zuständige Gericht hinsichtlich der Feststellung der haftpflichtigen Person an die Auslegung oder administrative Entscheidung jenes Vertragsstaates gebunden ist, in dem sich die Kernanlage befindet.
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Literatur
Art. 14 des Schweizer AtomG. gewährt eine Befreiung bei außerordentlichen Naturvorgängen, kriegerischen Ereignissen oder bei grobem Verschulden des Geschädigten. Das englische AtomG. sieht eine Befreiung nur bei kriegerischen Einwirkungen vor und das Deutsche AtomG. kennt überhaupt keine Befreiungsgründe, da die Freistellungsverpflichtung des Bundes auf alle jene Fälle Anwendung findet, gegen die sich der Unternehmer selbst nicht versichern kann.
Die wirtschaftsrechtliche Stellung der Atomwirtschaft in den einzelnen europäischen Staaten ist sehr verschieden (siehe K. Wolf f und F. S c h m i d, Comparative Study of Atomic Legislation in Europe, OECE, 1960 ). Während man nach und nach vom Staatsmonopol abkommt, gilt noch in den meisten Staaten für den Bau und Betrieb einer Kernanlage das Konzessionssystem. Deutschland und die Schweiz haben einen entscheidenden Schritt unternommen: Der Bau und Betrieb einer Kernanlage untersteht bloß dem polizeilichen Aufsichtsrecht. Die Bewilligung kann nur aus den im Gesetz genannten Gründen, nicht aber aus wirtschaftspolitischen Rücksichten verweigert werden (siehe insbesondere den Motivenbericht zum Schweizer AtomG. vom B. 12. 1958 ).
Der Begriff „Kanalisation“, der im Verlauf der Verhândlungen immer wieder verwendet wurde, kommt vom englischen Wort „channelling”, das bei der Ausarbeitung des PriceAnderson-Gesetzes der USA geprägt wurde, um die juristische Konzentrierung der Haftung auf den Inhaber der Kernanlage zu bezeichnen.
Die Werkshaftung spielt vor allem im anglo-amerikanischen Recht eine bedeutende Rolle, weil der „master“ für seine Leute verantwortlich ist und sich nicht, wie nach deutschem Recht, von seiner Haftung befreien kann.
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Schmid, F. (1961). Die haftpflichtige Person. In: Das Abkommen der Europäischen Kernenergieagentur (OECE) über die Haftpflicht auf dem Gebiet der Kernenergie. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-7091-4490-9_13
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