Zusammenfassung
Dem Mittelalter war der zentralisierte, nach innen und außen souveräne und über alle Mitglieder gleichmäßig herrschende Staat unbekannt. Dennoch bewegte sich das damalige gesellschaftliche Leben in weit festeren Formen als heute, in Formen, in die der einzelne durch Geburt und Beruf gebunden wurde. Es gab keine freie, nur auf sich selbst gestellte Persönlichkeit, nicht den „Menschen an sich“, sondern jeder war und fühlte sich als Glied einer ihm mehr oder weniger schützenden, aber auch beschränkenden Gemeinschaft, die ihm sein äußerliches und innerliches Gepräge verlieh. Der Sensenmann des Holbeinschen „Totentanzes“ tritt nicht den Menschen schlechthin an, sondern den Bauern, Bürger oder Edelmann, den Abt, Bischof oder Papst usw. Selbst das wirtschaftliche Leben war durch die Zugehörigkeit zu einem Geburtsstande bestimmt und in Gilden und Zünften verfaßt, die das freie wirtschaftliche Ausleben des Individuums verhinderten. Die verschiedenen Stände lebten unter verschiedenem Recht und Gericht und waren alle, wenn auch in höchst verschiedenem Maße, durch das anerkannte Gesetz der Kirche, des Staates und Standes, der Gilde und Zünfte in der Freiheit ihres Tun und Denkens beschränkt sowie durch Abgaben und Dienste an Höhere in sehr ungleicher Weise belastet. Diese mittelalterliche Welt der vielgestaltigen Autoritäten wandelt sich seit der Renaissance immer mehr und auf immer weiteren Gebieten in unsere modern Welt der individuelle Autonomie.
This is a preview of subscription content, log in via an institution.
Buying options
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Learn about institutional subscriptionsPreview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literatur
Zu Abschnitt I
Jellineck: Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte.
Ders.: Allgemeine Staatslehre. S. 409 ff.
Dilthey: Weltanschauung und Analyse des Menschen, bes. S. 296 ff.
Ranke: Englische Geschichte im 17. Ih.
Burckhardt: Kultur der Renaissence, bes. I, S. 141 ff.
Ders.: Weltgeschichtliche Betrachtungen S. 106 ff.
Troeltsch: Die Soziallehren der christlichen Kirchen und Gruppen I.
Brandenburg: Reichsgründung I. S. 118 ff.
Kant: Zum ewigen Frieden.
Fichte: Bestimmung des Menschen.
Scott: Presbyterianer. Protokolle des Verfassungsausschusses der Nationalversammlung 1919. 32. Sitzung ff.
Zu Abschnitt III
Humboldt: Idenn zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen (Reclam).
G. Mayer: Die Trennung der proletarischen von der bürgerlichen Demokratie in Deutschland.
Rousseau: Gesellschaftsvertrag (Reclam).
Meinecke: Weltbürgertum und Nationalstaat.
Ritter: Geschichtliche Grundlagen des monarchistischen Staatsgedankens in Preußen-Deutschland. Preuß. Jahrb. Bd. 184, S. 234 ff.
Lorenz v. Stein: Geschichte der sozialen Bewegung (Neudruck 1921).
Lassalle: Arbeiterprogramm (Reclam).
Lenin: Staat und Revolution.
Mombert: Soziale ubd wirtschaftspolitische Anschauungen (Wissenschaft und Bildung).
Tönnies: Die Entwicklung der sozialen Frage (Göschen).
Ders.: „Bürgerliche und politische Freiheit“ im Handbuch der Politik I S. 172 ff. (Vgl. den Abschnitt „Parteien“, „Volk und Staat“, „Geschichte der Staatstheorien“.)
Additional information
Besonderer Hinweis
Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
Rights and permissions
Copyright information
© 1927 Springer Fachmedien Wiesbaden
About this chapter
Cite this chapter
Heller, H. (1927). Grundrechte und Grundpflichten. In: Staats-kunde. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-17715-9_1
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-17715-9_1
Publisher Name: Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-663-16706-8
Online ISBN: 978-3-663-17715-9
eBook Packages: Springer Book Archive