Zusammenfassung
Die Lautbildungskunde (Phonetik) zerfällt in zwei sehr verschiedene Teile, die einander gar nicht übersichtlich genug gegenübergestellt werden können. Die Laute sind nämlich einerseits physikalische Erscheinungen; wir untersuchen ihre akustischen Wirkungen und die physischen Voraussetzungen, unter denen sie entstehen, wir lernen den Mechanismus kennen, der zu ihrer Hervorbringung notwendig ist, wir erforschen, mit einem Wort, nach allen Richtungen die Möglichkeiten, durch die die verschiedenen Laute überhaupt hervorgebracht werden können. Andererseits aber beschäftigen wir uns in der Lautbildungskunde nicht nur mit den physikalischen Erscheinungen, nicht nur mit den physischen Möglichkeiten der Hervorbringung von einzelnen Lauten, sondern mit ihrer tatsächlichen Hervorbringung, und der größere Teil der phonetischen Beobachtungen richtet sich auf die Anpassungsvorgänge, da ein Laut zumeist nicht für sich allein sondern innerhalb einer Lautreihe gebildet wird. Im Gegensatz zum rein physikalischen Stoff des ersten Abschnitts haben wir es hier nicht mit einem rein physischen (Natur) vorgang zu tun; die Hervorbringung eines Lautes setzt die Lautbildungs-absicht in einem beseelten Organismus voraus. Sie ist das Ergebnis menschlichen Mitteilungsbedürfnisses und gehört unter die Bewegungsvorgänge, vgl. § 33. Dementsprechend fällt der I. Abschnitt in das Gebiet der Physik, soweit er Naturvorgänge behandelt, die ganz außerhalb des menschlichen Willensbereiches liegen, und in das Gebiet der Physiologie, soweit er Vorgänge bespricht, die im beseelten Organismus vor sich gehen und durch Teile eines solchen Organismus hervorgebracht werden. Der II. Abschnitt hingegen fällt in das Gebiet der Psychologie, da der Organismus diese Vorgänge absichtlich bewirkt (ausgenommen § 55–57).
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Richter, E. (1922). Einleitung. In: Lautbildungskunde. Teubners Philologische Studienbücher. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-15895-0_1
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-15895-0_1
Publisher Name: Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-663-15327-6
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